DSDDER SICHERHEITSDIENST 2 | 2023 Fachmagazin für die Sicherheitswirtschaft 75. Jahrgang Postvertriebsstück – DPAG – Entgelt bezahlt | DSA GmbH · Postfach 1201 · 61282 Bad Homburg Bild: # 1128858942 / istockphoto.com Bild: # 1364959185 / istockphoto.com SCHUTZ VON VERANSTALTUNGEN
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1 DSD 2 | 2023 EDITORIAL Präsident des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) Gregor Lehnert Unsere Branche ist systemrelevant für die Sicherheit in Deutschland Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrter Leser, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, die Sabotageangriffe auf die Nordseepipeline Nordstream 1 und 2 sowie auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn ist der Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) wie noch nie zuvor in den Fokus nationaler sicherheitspolitischer Diskussion und medialer Berichterstattung gerückt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat ein KRITIS-Dachgesetz angekündigt. Vor diesem Hintergrund haben wir uns auch auf unserer letzten Jahresmitgliederversammlung in Berlin ausführlich mit diesem Themenkomplex befasst und mit der Politik diskutiert, welche Mindeststandards für KRITIS gelten sollen undwie unsere Branche, die bisher selbst nicht umfassend von Politik und Sicherheitsbehörden als KRITIS- Sektor angesehen wird, in einer Regulierung ausreichend Berücksichtigung finden muss. Der BDSW begrüßt, dass sich der Gesetzgeber mit einem KRITIS-Dachgesetz in einem ganzheitlichen Schutzansatz von KRITIS nicht mehr allein auf die IT-Sicherheit, sondern auf den physischen Schutz von KRITIS fokussieren wird. Das Sicherheitsgewerbe mit seinen über 270.000 Beschäftigten erbringt immer mehr Tätigkeiten, die der Absicherung bzw. Aufrechterhaltung von sämtlichen Kritischen Infrastrukturen in Deutschland dienen. Das Sicherheitsgewerbe ist damit integraler Bestandteil beim Schutz von KRITIS und systemrelevant für die Resilienz von KRITIS. Eine Nichtberücksichtigung der Sicherheitswirtschaft im Gesamtregulierungsansatz der Bundesregierung zum Schutz von KRITIS würde mithin Sicherheitslücken bestehen lassen. Wir sind systemrelevant für die Sicherheit in Deutschland! Hieraus leitet der BDSW folgende Kernforderungen an ein KRITIS-Dachgesetz ab: • Das KRITIS-Dachgesetz muss die Systemrelevanz des Sicherheitsgewerbes für den Schutz von KRITIS festschreiben. In den Anwendungsbereich eines KRITIS-Dachgesetzes müssen sowohl die Betreiber selbst als auch die kritischen Dienstleistungen, wozu auch Sicherheitsdienstleistungen zählen, aufgenommen und definiert werden. • KRITIS-Betreiber dürfen als externe Dienstleister zum Schutz von KRITIS nur Unternehmen und Beschäftigte des Sicherheitsgewerbes einsetzen. • Sofern KRITIS-Betreiber zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben eigenes Personal einsetzen (sog. Inhouse-Security), hat dieses hinsichtlich Zuverlässigkeit, Qualifizierung, Schulung, Weiterbildung sowie Führungs- und Einsatzerfahrung mindestens dieselben Anforderungen zu erfüllen wie Beschäftigte des Sicherheitsgewerbes. Die Wichtigkeit und Bedeutung unserer Branche und deren Dienstleistungen sind auch statistisch belegbar. In der privaten Sicherheitswirtschaft (Wirtschaftsklasse 80) zeichnet sich 2022 demnach ein Umsatzwachstum von 7,6 Prozent auf ca. 11,1 Mrd. Euro ab. Unabhängig davon ist und bleibt der Arbeitskräftemangel eine große Herausforderung. Insofern betrachten wir die aktuelle Diskussion um die Einführung einer Vier-Tage-Woche mit Sorge. Wir müssen unsere Kunden in Wirtschaft und Staat rund um die Uhr, an jedem Tag der Woche und in Sondersituationen schützen, um die Sicherheit in Deutschland zu garantieren. Mit einer Vier-Tage-Woche bei anhaltendem Arbeitskräftemangel kann dies nicht gelingen. Ebenfalls mit Sorge betrachten wir die Vorstöße aus dem politischen Raum, Einfluss auf die unabhängige Mindestlohnkommission zu nehmen. Tarifautonomie ist ein Eckpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft. Es verbieten sich insofern erneute gesetzliche Eingriffe bei der Findung eines zukünftigen Mindestlohns. Ihr Gregor Lehnert
2 DSD 2 | 2023 Editorial 1 • Gregor Lehnert: Unsere Branche ist systemrelevant für die Sicherheit in Deutschland 1 Veranstaltungsschutz 3 • Sebastian Dupke: König Fußball erneut zu Gast bei Freunden 3 • Timo Seibert: Der Weg zu einer sicheren UEFA EURO 2024 5 • Dr. Patricia M. Schütte, Malte Schönefeld und Prof. Dr.-Ing. Frank Fiedrich: Nach der Großveranstaltung ist vor dem Mega-Event – Überlegungen zu Herausforderungen der EURO24 8 • Starke Stimme für eine starke Branche 11 • Dirk Dernbach: Wunschdenken – eine kleine Glosse 13 Who is Who des Veranstaltungsschutzes 15 Wirtschaft und Politik 24 • Reinhard Rupprecht: Wo bleibt das Sicherheitsgewerbegesetz? 24 Geld undWert 26 • Esther Kern: Wie resilient ist die Bargeldversorgung im Krisenfall? 26 • Hendrick Lehmann: Ist Auslagern eine Lösung? 28 Kritische Infrastruktur (KRITIS) 31 • Reinhard Rupprecht: Attacke aufs Eingemachte 31 • Prof. Dr. AchimWortmann und Prof. Dr. André Röhl: Krisenmanagement als Herausforderung 35 Wirtschaftsschutz 38 • Holger Köster: Korruption – ein besonderes Thema 38 • Klaus Henning Glitza: Bestechung und Bestechlichkeit: Die kriminelle Art des Gebens und Nehmens 39 • RA Dr. Berthold Stoppelkamp: Analysen und Hilfestellungen zumWirtschaftsschutz 41 Einsatz von Drohnen in der Sicherheitswirtschaft 42 • Im Gespräch mit Cornelius Toussaint: „Weder Amazon noch die Feuerwehr setzen Drohnen im Regelbetrieb ein“ 42 • Im Gespräch mit Gerd Kupferer: Wie KRITIS-Betreiber Drohnen effektiv abwehren 45 • Hendrick Lehmann: Chancen und Risiken von Drohnen 48 Inhalt BDSW Jahresmitgliederversammlung 54 • Peter Niggl: Gregor Lehnert: Systemrelevanz der Sicherheitswirtschaft für den Schutz von KRITIS festschreiben 54 • 6. BDSW-Mitarbeiterpreis verliehen 58 Bericht aus Berlin 60 • RA Dr. Berthold Stoppelkamp: Durch Regulierung Deutschland sicherer machen 60 Europa 64 • Alexander Frank: EU-Sozialpartner veröffentlichen Webseite mit Lösungen zum Arbeits- und Fachkräftemangel in der Sicherheitswirtschaft 64 Recht 66 • RAin Cornelia Okpara: Arbeitsrecht in Kürze 66 Vergaberecht 68 • RA Alexander Nette: Anforderungen an Qualifikation und Erfahrung des Personals sind vertraglich zu fixieren 68 INTERN 70 • BDSW- und BDGW-Hauptgeschäftsführer Florian Graf zum Chef der Senatskanzlei in Berlin ernannt 70 • Frank Oliver Schimmel feierte 60. Geburtstag 70 • Dieter Hatzmann verstorben 71 • Hans Küppers verstorben 71 Büchermarkt 72 Namen und Nachrichten 73 Sicherheit von A bis Z 75 Impressum 79 Das Letzte 80 • RAin Cornelia Okpara: Der gesetzliche Mindestlohn und sein Einfluss auf die Tarifpolitik 80 Anmerkung der Redaktion: Zur leichteren Lesbarkeit wurde auf zusätzliche Bezeichnungen in weiblicher Form verzichtet und nur die männliche Form verwendet. Angesprochen sind natürlich alle Geschlechter. 42 5
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 3 DSD 2 | 2023 König Fußball erneut zu Gast bei Freunden Deutschland wird Europa 2024 ein neues Sommermärchen präsentieren. Von Sebastian Dupke Die EURO2024wird nach derWM2006 das nächste Fußballgroßereignis in Deutschland sein, das die bekanntermaßen fußballbegeisterten Menschen in unserem Land erneut in einen Fußballrausch versetzen möchte. Das Sommermärchen ‘24 mit zehn Austragungsstätten im ganzen Land steht unmittelbar bevor und wirft seine Schatten auch für unsere Branche bereits voraus. In München, Hamburg, Dortmund, Gelsenkirchen, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, Leipzig und natürlich Berlin wird gespielt und in der Hauptstadt, im Olympiastadion Berlin, wird am 14. Juli 2024 der frisch gekürte Europameister den Pokal in den Berliner Nachthimmel recken. In diesem Moment ist der Großteil unserer Arbeit getan, begonnen hat sie bereits jetzt. Im Juli 2000 erhielt Deutschland den Zuschlag für die Fußball-WM 2006. Die B.E.S.T. Veranstaltungsdienste GmbH übernahm zwei Jahre später, im September 2002, die Betreuung des Bundesligisten Hertha BSC im Olympiastadion Berlin im Bereich Veranstaltungssicherheit. Im Sommer 2004 wurde Deutschlands erstes undbislang einziges Fünf-Sterne-StadionnachUmbau fertiggestellt und im September mit einem Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Brasilien für internationale Spiele getestet. Nachdemder DFBmitteilte, dass beabsichtigt werde, die Dienstleister der jeweils in den Spielstätten spielendenVereine mit der Betreuung der Spiele zu beauftragen, begannen die Vorbereitungen auf die WM auch für die Firma B.E.S.T. Veranstaltungsdienste GmbH. Schnell stellte sich heraus, dass die Personalanzahl im Veranstaltungsordnungsdienst (im Ligabetrieb bei circa 600 bis 800 Mitarbeitenden pro Spiel) bei einemWM-Spiel vierstellig, aber auch deutlich darüber liegen würde. Die großen Sicherheitsanforderungen, verbunden mit groß dimensionierten VIP-Bereichen, Presse- und Mediacentern sowie TV-Compounds und die Existenz eines äußeren Sicherheitsringes, der nahezu den gesamten Olympiapark und das Stadiongelände umfasste, sorgten für die genannte Größenordnung. Für einen Dienstleister, der gerade die ersten Schritte im Bundesligafußball gemacht hatte, eine der größten Herausforderungen der Unternehmensgeschichte. Aber was zuerst als unmöglich erschien, gelang dennoch. Alle Gruppen- und Finalspiele wurden grandios gemeistert – dann kam das Finale. Der 9. Juli 2006 sollte zu einem weiteren Prüfstein werden, denn ein WM-Finalspiel war noch einmal eine extragroße Herausforderung. Eingesetzt waren 2.400 Mitarbeitende im Veranstaltungsordnungsdienst, ein großer Teil davon aus Berlin und dem Umland, aber auch aus nahezu allen anderen WMStandorten war Personal vor Ort im Einsatz. Auch wenn die deutsche Nationalmannschaft durch die Halbfinalniederlage in Dortmund fehlte, wurde das Finale im Olympiastadion in Berlin vor den Augen derWelt zu einemFest bei Freunden, und dazu trug der Veranstaltungsordnungsdienst der Firma B.E.S.T. maßgeblich bei. Es folgten weitere Sportgroßveranstaltungen im Olympiastadion Berlin, wie die LeichtathletikWM 2009, das Champions-League-Finale 2015 sowie das jährlich stattfindende DFB-Pokal- Finale. Alle Veranstaltungen haben dafür gesorgt, dass in den Abläufen bei Großveranstaltungen im Olympiastadion Berlin eine hohe Steigerung der Qualität erreicht werden konnte und eine kontinuierlicheWeiterentwicklung und Professionalisierung in der Erbringung unserer Dienstleistung weiterhin fortlaufend stattfindet. Im September 2018, also erneut sechs Jahre im Voraus, hat Deutschland den Zuschlag für die EURO 2024 erhalten. Vergleicht man die Vorbereitungen für das kommende große Event mit unseren Vorbereitungen für die WM 2006, so ist der Unterschied immens. Auch dieses Mal ist die hohe Anzahl an benötigten Mitarbeitenden die größte Herausforderung. Hätte 2022 ein Großereignis dieser Dimension in Deutschland stattgefunden, wäre das in Bezug auf das Sicherheitspersonal an jedem der Spielorte unmöglich gewesen. Denn nach 1,5 Jahren des pandemiebedingten Stillstandes in der Veranstaltungsbranche gab es so gut wie keine Mitarbeiter mehr. Es fehlten die Minijobbenden, StudierenMitglied der Geschäftsführung der B.E.S.T. Veranstaltungsdienste Berlin GmbH www.bestvd.com Sebastian Dupke
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 4 DSD 2 | 2023 den und Rentenbeziehenden, die den Großteil des Personals im Veranstaltungsordnungsdienst aufgrund der kurzen und flexiblen Einsatzzeiten darstellen. Diese sind in andere Branchen abgewandert, in denen sie auch während der Pandemie Geld verdienen konnten. Diese Lage hat sich bereits im vergangenen Jahr gebessert, die Personalverfügbarkeit ist jedoch noch weit entfernt von den Zahlen vor der Pandemie. Die Schwierigkeiten werden kleiner, jedoch sind gleichzeitig die Anforderungen an die Mitarbeitenden imVeranstaltungsordnungsdienst gestiegen. In dem vom BMI geförderten Programm ProVOD und einer entwickelten DIN Spec zum selben Thema wird ganz klar formuliert, dass diese Dienstleistung nur durch speziell geschulte Mitarbeitende unter Führung sachkundiger Einsatzleitenden eines Sicherheitsunternehmens durchgeführt werden soll. Der DFB führte gemeinsam mit der DFL das Programm „Qualifizierung der Sicherheits- und Ordnungsdienste im Fußball“ ein. Alle Mitarbeitenden des Veranstaltungsordnungsdienstes, die in einemFußballstadion der 1., 2. oder 3. Liga eingesetzt werden, müssen zumindest das E-Learning im QuaSOD-Programm absolviert haben. An der SRH in Heidelberg werden dazu entsprechende Lehrkräfte ausgebildet. Vermittelt werden Grundlagen der Tätigkeit eines privaten Veranstaltungsordnungsdienstes in Fußballstadien, wie rechtliche Grundlagen, Verhalten in Sondersituationen, Personen- und Behältnisnachschau, Deeskalationstechniken etc. In einem extra dafür geschaffenen Online- Portal werden alle für Ordnung sorgenden Personen im Fußball geführt, ihre Qualifikationen erfasst und ihre Zuverlässigkeit dokumentiert. Um die Betreuung der bevorstehenden Fußballgroßveranstaltungen weiter zu professionalisieren, haben wir neue Softwaretools eingeführt. Wurden 2006 die Mitarbeitendenlisten noch händisch auf Papier geführt, unterstützt uns seit einem Jahr die Software Hypeguard. Es handelt sich hierbei um ein App-basiertes Buchungssystem. In diesem sind alle Mitarbeitenden hinterlegt, inklusive ihrer Qualifikationen, ihrer Zuverlässigkeit, der QuaSOD ePIN und, sofern benötigt, die dazugehörige Bewacher-ID. Für die einzelnen Positionen sind Qualifikationen festgelegt, und nur Mitarbeitende mit der entsprechenden Qualifikation können sich auf eine solche Position buchen. Das Ein- und Auschecken am Veranstaltungsort erfolgt mithilfe des Mitarbeiterausweises oder des QR-Codes in der App. Eine weitere Neuigkeit ist das Programm Safesight. Bei diesem App-basierten Programm werden Briefingunterlagen, Veranstaltungsinformationen und Checklisten für einzelne Positionen mobil zur Verfügung gestellt. Großer Vorteil hierbei: Auch kurzfristige Änderungen können zeitgenau an Mitarbeitende übermittelt werden. Außerdem ist jeder Mitarbeitende in der Lage, Informationen in ein gemeinsames Logbuch (Lagebericht) einzutragen. Durch die Einsatzleitung können im laufenden Betrieb Aufgaben zugeteilt und deren Erledigung überwacht werden. Bereits heute, nahezu ein Jahr vor Beginn der Euro 2024, können wir sagen: Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, wir sind gut gerüstet, aber es liegt noch ein sehr arbeitsreiches und intensives Jahr vor uns. Wir freuen uns auf fünf Spiele und auf den Höhepunkt der EURO, das Finale am 14. Juli 2024, im Olympiastadion Berlin. Bild: # 202370406 / stock.adobe.com
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 5 DSD 2 | 2023 Der Weg zu einer sicheren UEFA EURO 2024 Von Timo Seibert Nun ist es noch weniger als ein Jahr, bis am 14. Juni 2024 die 17. UEFA EURO in Deutschland eröffnet wird. Beim ersten Spiel in München werden dann über 66.000 Menschen aus ganz Europa in der – für die Turnierphase umbenannten – Munich Football Arena zu Gast sein. Die Vorbereitungen laufen auf allen Ebenen auf Hochtouren. Vorbereitungen durch Working Visits 1 an den Standorten Von September 2022 bis Februar 2023 liefen die „Working Visits 1“ in den zehn Austragungsstädten, den sogenannten Host Cities. Zwischen 60 und 80 UEFA- und EURO-2024-GmbH-Mitarbeitende aus diversen Fachabteilungen wie Safety & Security, Access Management, Communication, Medical Services, Mobility, Venue Management, Ticketing etc. haben Termine und Workshops in den Stadien und der jeweiligen Host City wahrgenommen. Gestartet wurde in Gelsenkirchen; es folgten Berlin, Hamburg, Dortmund, Köln, Leipzig, Düsseldorf, München, Frankfurt und Stuttgart. Die intensiven Wochen vor Ort sind notwendig, umdie lokalen Strukturen sowie die infrastrukturellen Besonderheiten der Standorte zu erfassen und mit den Netzwerkpartnern vor Ort die konkrete konzeptionelle Sicherheitsorganisation zu besprechen. So wurden unter anderem die verschiedenen Einlassoptionen diskutiert und zwischen dem Stadionbetreiber, der EURO 2024 GmbH sowie der Polizei, der Feuerwehr, dem Sanitätsdienst und anderen Netzwerkpartnern das Veranstaltungsformat festgelegt. Der „EURO-Fußabdruck“ ist an jedem Standort deutlich größer als im Ligaspielbetrieb. Dies liegt unter anderem daran, dass verschiedene Sicherheitsringe rund um die Stadien installiert werden. Es gibt einen sogenannten Traffic Perimeter, einen äußeren Sicherheitsring (Outer Security Perimeter) und einen inneren Sicherheitsring (Inner Security Perimeter). An jedem Übergang dieser drei genannten Ringe finden unterschiedliche Sicherheitsmaßnahmen, wie z. B. die Ticketaktivierung, der Bodycheck und die Ticketentwertung an den Drehkreuzen, statt. Aufgrund dieser veränderten Prozesse legen wir als Veranstalter großen Wert darauf, an den Standorten die notwendige Fokussierung zu schaffen. Ein Turnier wie eine Europameisterschaft ist nicht mit einem Ligaspiel oder einem Spiel in einem internationalen Vereinswettbewerb vergleichbar. Dies wird daran deutlich, dass der Bedarf an privaten Sicherheitskräften deutlich höher ist, um beispielsweise den äußeren Sicherheitsring abzusichern. Neben Sicherheitsaspekten ist auch der Servicegedanke für solch ein Turnier von enormer Bedeutung. Das internationale und meist ortsunkundige Publikum zu lenken und zu leiten hat daher hohe Priorität. Dies gewährleisten einige der 16.000 Volunteers, die für das Turnier sowohl in den Städten als auch im Bereich der Stadien ehrenamtlich im Einsatz sein werden. Kommunikation mit den Behörden Ende März 2023 fand ein weiterer Austausch mit den avisierten Polizeiführerinnen und -führern der zehn Standorte unter der durch den Unterausschuss „Führung, Einsatz, Kriminalitätsbekämpfung“ (UA FEK) der Innenministerkonferenz (IMK) eingerichteten „PG EM 2024“ in Frankfurt am Main statt. Vertreterinnen und Vertreter des Managements der EURO 2024 GmbH sowie der UEFA Safety & Security-Abteilung aus Nyon lieferten Input zu den verschiedenen Themen und Aktivitäten und tauschten sich intensiv mit den verantwortlichen Polizeiführinnen und -führern aus. Ebenso hat dieses Netzwerktreffen auch aufgezeigt, in welchen Bereichen noch offene Punkte existieren, die es gemeinsam zu schließen gilt. Private Sicherheits- und Ordnungsdienste Die Gespräche über private Sicherheits- und Ordnungsdienste wurden mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) weiter intensiviert. So wurde unter anderem beim sogenannten „BundLänder-Gewerbeausschuss“ in Berlin die unterschiedliche Situation an den zehn Standorten in Absolvent des Zertifikatsstudiengangs „Security Management“ an der European Business School (EBS) in Zusammenarbeit mit Bundeskriminalamt (BKA). Er verantwortet die Abteilung „Safety & Security, Medical and Anti- Doping“ der EURO 2024 GmbH. Der 47-Jährige hat langjährige Erfahrung bei der Hessischen Polizei gesammelt und konnte darüber hinaus bereits viele Jahre in Konzernsicherheiten großer Unternehmen in der freien Wirtschaft umfassende Kenntnisse in verschiedenen Funktionen im Sicherheitsbereich erlangen. Von 2013 bis 2019 war Seibert beim DFB e. V. angestellt und verantwortete als Abteilungsleiter Sicherheit alle Sicherheitsbelange rund um die in Deutschland stattfindenden Länderspiele und Pokalendspiele. Zudem war er im Rahmen der FIFA WM 2014 in Brasilien, der UEFA EURO 2016 in Frankreich sowie dem Confed Cup 2017 und der FIFA WM 2018 in Russland im Einsatz. Timo Seibert
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 6 DSD 2 | 2023 Bezug auf die Auslegung des § 34a GewO dargestellt und für eine einheitliche Lösung mit dem Umgang eines „Bewacher vs. Ordner“ geworben. Die EURO 2024 GmbH nutzt dabei das vom DFB implementierte Qualifizierungskonzept „QuaSOD (Qualifizierung Sicherheits- und Ordnungsdienst)“, welches in den DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen seit 2016 fest verankert ist und wo inzwischen über 72.000 Ordnerinnen und Ordner registriert sind. Dies bildet die Basis für qualitativ gute, fußballspezifisch qualifizierte Sicherheitskräfte im Jahre 2024. Diese spielen eine bedeutende Rolle beimTurnier, weil sie für eine sichere Veranstaltung sorgen und einen hohen Servicestandard gewährleisten. In diesem Kontext ist zu betonen, dass keine gesetzlichen Regelungen für die Sicherheitsbranche außer Kraft gesetzt, sondern gesetzliche Regelungen und Verbandsrecht miteinander sinnvoll verknüpft werden. Mit Blick auf Nachhaltigkeit in den Sicherheitsthemen ist uns sehr viel daran gelegen, eine sinnvolle Regelung für Veranstaltungen und damit auch den Fußball zu finden – auch über die EURO 2024 hinaus. Koordinierungsgruppenübungen Ein weiterer Baustein der Vorbereitung ist auch das Thema Koordinierungsgruppenübungen. Hier ist es aus unserer Sicht wichtig, die folgenden Themen zu unterscheiden. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat seine Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) beauftragt, ein Konzept für Übungen in Vorbereitung der Europameisterschaft zu entwickeln und den Host Cities zur Verfügung zu stellen. Somit ist gewährleistet, dass die Städte sich entsprechend eines modular entwickelten Konzeptes vorbereiten und sich bei Bedarf weiterbilden können. Dies läuft derzeit sehr gut zwischen der BABZ und den Host Cities. Daneben planen wir als Veranstalter Koordinierungsgruppenübungen in den Stadien durchzuführen, wobei hier natürlich neben dem Schwerpunkt der Stadien die Host Cities ebenfalls berücksichtigt werden. Szenarien, wie z. B. der Ausfall des ÖPNV in der Stadt hätten erhebliche Auswirkungen auf die Ankunft der Fans am Stadion. Diese Übungen sollen im Jahre 2024 durchgeführt werden. Hier findet ein enger Austausch mit demDFB statt, da diese Art der Übungen seit Jahren im Vorfeld von Länderspielen an den Standorten sehr erfolgreich durchgeführt wird. Weitere Planung und Final Draw Von August bis November 2023 finden die Working Visits 2 statt. Analog zu den ersten Besuchen an den Spielorten steht auch bei dieser Runde die Diskussion der in Plänen und Konzepten dargestellten Elemente der SicherheitsplaBild: # 1128858942 / istockphoto.com
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 7 DSD 2 | 2023 nung in den Stadien mit den Betreibern und Behörden sowie die Klärung offener Fragen im Fokus. Zudemwerden ebenfalls die entsprechenden Dienstleister (wie z. B. Zaunbauer, Sicherheits- und Ordnungsdienst etc.) teilnehmen, um Fragen zur vereinbarten Dienstleistung stellen zu können, damit diese qualitativ hochwertig dargestellt werden kann. Kurz danach findet am 2. Dezember 2023 ein weiterer Meilenstein mit dem sogenannten Final Draw in der Elbphilharmonie in Hamburg statt. Danach ist für 21 der 24 Nationalverbände klar, gegen wen und wo sie die Gruppenspiele bestreiten werden. Diese Auslosung hat auch bedeutende Auswirkungen auf die Risikobewertung und den damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen. Hier werden intensive Abstimmungsprozesse mit den Sicherheitsbehörden stattfinden, ein Sicherheitskonzept erarbeitet und die operativen Maßnahmen aufeinander abgestimmt. Die verbleibenden drei Plätze im Turnier werden in Play-off-Begegnungen im März 2024 vergeben. Somit bleibt es bis kurz vor dem Turnier spannend und die Risikobewertung von uns und allen Sicherheitspartnern bleibt ein kontinuierlicher Prozess. Die Bewertung der abstrakten, aber insbesondere auch einer möglichen, konkreten Bedrohungslage für das gesamte Turnier, muss ebenfalls betrachtet und entsprechende Maßnahmen vorbereitet werden. Sichere Unterbringung der Mannschaften Ein weiteres bedeutendes Element im Sicherheitskonzept für die UEFA EURO 2024 ist die sichere Unterbringung der Mannschaften. Jedes Team wählt aus einem bestehenden Katalog ein sogenanntes Team Base Camp (Mannschaftshotel) mit einem dazugehörigen Trainingsplatz aus. Zu den 24 Team Base Camps gibt es 20 sogenannte Team-Transfer-Hotels in den zehn Host Cities, die nur für die Spiele zur Unterbringung der Mannschaften zur Verfügung stehen bzw. bezogen werden. Auch für diese Team-Transfer-Hotels in einer Stadt gibt es noch ein sogenanntes Team-Transfer-Training-Center, welches beiden Mannschaften dann als Trainingsplatz neben einem Abschlusstraining im Stadion zur Verfügung steht. Neben diesen sogenannten Team Facilities ist das International Broadcast Centre (IBC) in Leipzig das Herzstück, um die Bilder und Emotionen in die weite Welt zu senden. All diese Absicherungsmaßnahmen sind in der Verantwortung der Abteilung Safety & Security and Medical der EURO 2024 GmbH, wobei natürlich auch hier die Schnittstelle und damit Abstimmungen in die behördlichen Strukturen vorhanden und sehr wichtig sind. Medizinische Versorgung für das Turnier Der medizinische Bereich für das Großturnier gehört ebenfalls zur Abteilung Safety & Security and Medical. Daher sind wir sehr froh darüber, mit dem ehemaligen Arzt der Deutschen Nationalmannschaft, Prof. Dr. Tim Meyer, einen absoluten Experten als Tournament Chief Medical Officer (TCMO) für das Turnier an Bord zu haben. Er wird alle medizinischen Angelegenheiten für das Turnier mit seinem Team in Deutschland und eng abgestimmt mit der medizinischen Organisation der UEFA planen und umsetzen. Das Team in der Abteilung Sicherheit ist bestens aufgestellt, wird weiter aufgebaut und das interne wie externe Zusammenspiel mit den Partnern funktioniert. Es liegen zweifelsohne noch einige Herausforderungen vor uns, aber wir freuen uns, dass das Turnier schnellen Schrittes immer näherkommt. Und bis es dann endlich losgeht, werden wir weiter unsere Hausaufgaben mit Akribie und Leidenschaft angehen. Anzeige Bild: # 963007876 / istockphoto.com
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 8 DSD 2 | 2023 Nach der Großveranstaltung ist vor demMega-Event – Überlegungen zu Herausforderungen der EURO24 Von Dr. Patricia M. Schütte, Malte Schönefeld und Prof. Dr.-Ing. Frank Fiedrich Wie wichtig gerade in schwierigen Zeiten unterhaltende und gemeinschaftsstiftende Großveranstaltungen sind, wurde durch deren Fehlen in Pandemiezeiten wirkmächtig vor Augen geführt. Seit knapp einem Jahr ist die Bremse der Veranstaltungsbranche gelöst und Events werden wieder voll umgesetzt. Dabei mehren sich nicht nur Stimmen, die das als Wiederaufschwung der Branche feiern. Auch jene, die darauf hinweisen, dass nun die Konsequenzen der zweijährigen Zwangspause durch COVID-19 erst im vollen Betrieb richtig spürbar werden, sind laut zu vernehmen. Letztere zeigen, wie beispielsweise private Dienstleister, d. h. hier Veranstaltungsordnungsdienste, insbesondere in Bezug auf ihre Personalressourcen deutlich an ihre Grenzen kommen. Nach wie vor sind rechtliche und Qualifizierungsfragen ungeklärt bzw. in (stetiger) Diskussion (Eisenmenger 2023; Löhr 2020). Es fehlt sozusagen derzeit an vielen Ecken in der Veranstaltungssicherheit. Manches, weil es über die Pandemie in den Hintergrund geraten ist, anderes, weil man es vermeintlich nicht mehr benötigte.„Jetzt“ wirft bereits ein neues globales Ereignis seine Schatten voraus, die EURO24, welches alle Beteiligten, aber auch insbesondere jene der Veranstaltungssicherheit vor neue und alte Herausforderungen stellt. Sport-Mega-Events als Herausforderungen für die Sicherheitsproduktion? Sport-Mega-Events (SME) sind Ereignisse von großer Tragweite, die normale Großveranstaltungen in vielerlei Hinsichten übertreffen. Von allem darf es hier sicherlich ein bisschen mehr sein: mehr Besucherinnen und Besucher, mehr Aufmerksamkeit, größere Reichweite, umfangreichere Ressourcenbedarfe aller Beteiligten, höhere Kosten, möglicherweise auch größere Gewinne (z. B. in ökonomischer, sozialer, kultureller HinSozialwissenschaftlerin und seit 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit der Bergischen Universität Wuppertal. Seit 2021 ist sie Leiterin der Forschungsgruppe Management und Organisation in der Gefahrenabwehr am Fachgebiet und in dem Kontext verantwortlich für Forschungsprojekte, die sich mit Themen der Zusammenarbeit verschiedener Gewerke im Kontext von Veranstaltungen sowie Veranstaltungssicherheit auseinandersetzen. Neben der Forschung und Lehre beteiligt sie sich an Gremien und Vereinen, die den Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die Praxis fördern und begleiten. Dr. Patricia M. Schütte Bild: # 1128858904 / istockphoto.com
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 9 DSD 2 | 2023 sicht). Darüber hinaus wird aber auch alles komplexer und potenziert sich, sodass für SME insgesamt von einer deutlich erhöhten Exposition auszugehen ist. Die EURO24 ist eben nicht nur ein etwas größeres Fußballturnier. Für Akteure der Veranstaltungssicherheit in Deutschland aber nicht das erste Mal. Zur Zeit der WM 2006 war aus sicherheitlicher Perspektive vor allem der globale Terrorismus das vorherrschende Thema in der Veranstaltungssicherheit. Verschwunden sind terroristische Bedrohungen aus dem Fokus nicht – vielmehr herrscht nun aber einemultiple Krisen- und Bedrohungslage. So stand die EURO20 unter dem Eindruck der Pandemie und wurde erst im Folgejahr 2021 unter besonderen Bedingungen durchgeführt. Mit Ausrichterstädten in ganz Europa gab es je nach Spielort unterschiedliche COVID-19-Regelungen wie Beschränkungen der Stadionkapazitäten, Abstands- und Maskengebote, Notwendigkeit des Impfnachweises und weitere. Die EURO24 hingegen findet zwar in der Post-COVID-Phase statt, muss deren Konsequenzen (wie Personalmangel) aber noch abarbeiten und gleichzeitig mit neuen Krisen, vor allem resultierend aus dem Kriegsgeschehen in der Ukraine, umgehen. Dabei liegen die eigentlichen Herausforderungen gar nicht unbedingt „nur“ in der Durchführungsphase. Bereits die Planungs- und Vorbereitungsphasen für SME starten einige Jahre vor der eigentlichen Umsetzung, um entsprechend notwendige und zugleich aufwendige Infrastrukturprojekte und technische Innovationen in Gang zu bringen, Örtlichkeiten und Konzepte der Host Cities oder Host Communities vorzubereiten sowie vor allem die beteiligten Akteure auf das Event und aufeinander einzustimmen sowie eine gemeinsame Basis zu entwickeln. SME wirken zudem in Form sogenannter „Vermächtnisse“ auch lange nach, die nicht nur in baulich-technischer Hinsicht, sondern auch ökonomisch, sozial und politisch bis weit nach Ende der SME spürbar sein können. Eben weil sie so komplex sind, bedürfen sie einer ebenso anspruchsvollen wie umfangreichen Sicherheitsplanung und -produktion, wodurch viele Sicherheitspartner involviert sind. Dazu gehören wie bei Großveranstaltungen bspw. Veranstalter, Betreiber, private Sicherheitsakteure sowie Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), Vertreter der öffentlichen Verwaltung und Kritische Infrastrukturen (KRITIS) wie Verkehrsbetriebe und Energieversorger usw., die im Rahmen ihrer Rechte, Pflichten, Kompetenzen und Zuständigkeiten unterschiedliche Sicherheitsbereiche verantworten sowie mittels unterschiedlicher Ansätze des Krisenmanagements bearbeiten (Schönefeld et al. 2022; Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit der Bergischen Universität Wuppertal. In dieser Tätigkeit forscht er regelmäßig zu privater Sicherheit, u. a. zu Veranstaltungsordnungsdiensten sowie zu privater Sicherheit im Kontext von Flüchtlingsunterkünften. Im Forschungsprojekt NORMALISE untersuchte er, wie Großveranstaltungen auch unter pandemischen Bedingungen gesundheitlich sicher durchgeführt werden können und welche Wechselwirkungen zwischen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen bestehen. Malte Schönefeld, M. A. Bild: # 1486731420 / istockphoto.com
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 10 DSD 2 | 2023 Seit 2009 Professor für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit an der Bergischen Universität Wuppertal. Nach seiner Promotion am Karlsruher Institut für Technologie arbeitete er als Assistenzprofessor am Institute for Crisis, Disaster and Risk Management der George Washington University in den USA. Seine Forschungsinteressen umfassen unter anderem die Sicherheit von Großveranstaltungen, interorganisationale Zusammenarbeit, Risiko- und Krisenkommunikation sowie urbane Resilienz. Prof. Dr.-Ing. Frank Fiedrich Schütte et al. 2022). Das macht Abstimmungen zwischen den Akteuren umso erforderlicher, d. h. auch ausgeprägte Formen der Zusammenarbeit, um eine möglichst umfassende Sicherheit über die verschiedenen Veranstaltungsphasen hinweg abzudecken. Dabei entwickeln sich in der Regel langjährig bestehende, komplexe Steuerungs- und Netzwerkstrukturen. Eine enorme Herausforderung besteht dabei darin, die beteiligten Akteure frühzeitig auf einen gemeinsamen Stand zu bringen und langfristig zu halten. In Gesprächen mit Vertretern von Ausrichterstädten der WM 2006 zeigt sich mancherorts, dass die jeweiligen kommunalen Netzwerke des Krisenmanagements immer noch von den Erfahrungen, Kontakten, Strukturen und Prozessen „zehren“, die für das damalige Event eingeführt bzw. auf- oder ausgebaut wurden. Eine ähnliche Chance für Lernen und Veränderung steht mit der EURO24 erneut vor der Tür. Fazit – SME als geplantes Übungsfeld für das Krisenmanagement Aus wissenschaftlicher Perspektive werden SME (wie Großveranstaltungen) seit Langem als eine Art „Brenngläser“ aufgefasst, in denen sich Ansätze der zivilen Sicherheitsproduktion, insbesondere auch des Krisenmanagements, beobachten lassen. Mehr noch: Sie sind genau genommen geplante Anwendungsfälle des Krisenmanagements von BOS im Zusammenspiel mit relevanten privaten Akteuren. SME bringen also nicht nur Probleme und Herausforderungen mit sich. Die Akteure, die in der Veranstaltungssicherheit bei SME mitwirken, haben hier auch die Möglichkeit, Veranstaltungen wie die EURO24 aufgrund ihres langen Planungshorizonts als einen Übungsraum für neue Konzepte der Zusammenarbeit, Strategien und Taktiken des Krisenmanagements, die eigene kritische Überprüfung etc. zu nutzen. Sie bieten daher viele Chancen, sich nachhaltig und für künftige Events aufzustellen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass SME weit im Vorfeld der Durchführung bewusst geplant und vorbereitet werden, um daraus im Nachhinein auch Lerneffekte zu ziehen. Wichtig ist dabei, dass alle Beteiligten die globalen und lokalen Herausforderungen gleichermaßen im Auge behalten, entsprechende Maßnahmen vorplanen bzw. ergreifen, damit zugleich somit auch ein unbeschwerter Veranstaltungsgenuss möglich wird. Literatur: [1] Eisenmenger, S. (2023): Neuordnung von Veranstaltungssicherheits- und Veranstaltungsordnungsdiensten angesichts der bevorstehenden UEFA EURO 2024 und der Debatte um ein neues Sicherheitsgewerbegesetz. In: Zeitschrift für das Gesamte Sicherheitsrecht (GSZ) 1/2023. Seite 8–13. [2] Löhr, V. (2020). Der Veranstaltungsordnungsdienst. In: DSD – Der Sicherheitsdienst 1/2020. Seite 22–23. [3] Schönefeld, M., Schütte, P. M., Schulte, Y. & Fiedrich, F. (2022). COVID-19 Governance in the Event Sector: A German Case Study. In: European Journal for Security Research, Seite 1–21. https://doi.org/10.1007/s41125-022-00088-6 [4] Schütte, P. M., Schönefeld, M., Schulte, Y. & Fiedrich, F. (2022). What counts, safety and security or hygiene? Suggestions on the reopening of major events under pandemic conditions in Germany. In: International Journal of Event and Festival Management, ahead-of-print https://doi.org/10.1108/IJEFM-04- 2022-0032 Bild: # 537228172 / istockphoto.com
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 11 DSD 2 | 2023 Starke Stimme für eine starke Branche BDSW war Schirmherr der 2. Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft 2022 Die Bundeskonferenz der Veranstaltungswirtschaft vernetzt die Akteure der Branche – vom Soloselbstständigen über Technikdienstleister, Eventagenturen und Caterer bis hin zu großen Verbänden und Initiativen. Die Bundeskonferenz ist eine organisationsübergreifende breite Plattform, in der die Branche in einem Teilhabeprozess ihre gemeinsamen Interessen bündelt und gemeinsame politische Forderungen formuliert. www.bundeskonferenz.org Die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft generiert rund 81 Mrd. Euro Umsatz im Jahr (vor Corona) und 130 Mrd. Euro Umsatz inklusive der Peripherieumsatze. Somit ist die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft der sechstgroßteWirtschaftszweig Deutschlands, der auch wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg benachbarter Branchen wie dem Gastgewerbe oder der Reisebranche beiträgt. Die Veranstaltungswirtschaft sicherte zudem auch Deutschlands Rolle als einer der Top-3-Messestandorte weltweit. Über 1,1 Millionen Erwerbstätige arbeiten direkt in der Branche. Insgesamt sind rund zwei Millionen Arbeitsplätze direkt und indirekt von der Veranstaltungswirtschaft abhängig. Die Coronapandemie hat allen gezeigt, dass die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft eine Ansammlung sehr vieler und sehr verschiedener Akteure ist, die bis zum Beginn der Pandemie kaum die Notwendigkeit sahen, sich mit politischen Themen zu beschäftigen oder öffentlichkeitswirksame Aktionen durchzuführen, um die Probleme, die sich aus dieser Vielschichtigkeit ergeben, aufzuzeigen – und die Größe und Wichtigkeit der Branche zu demonstrieren. Die Auflagen einzuhalten, war das oberste Gebot für jeden Denn vergessen wurde die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft in der Pandemie allzu oft: Ständige Veranstaltungsverbote und -absagen, verwirrende, ständig wechselnde Auflagen zum Infektionsschutz, z. T. mangelnde finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder – all das hat der Branche geschadet. Eines jedoch war allen Branchenbeteiligten klar: Die Auflagen einzuhalten, war das oberste Gebot für jeden, um sich selbst und andere zu schützen. Und trotzdem wurde die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft medienwirksam immer wieder als Kern von „Super-Spreader-Events“ stigmatisiert – auch wenn es sich um sehr wenige „schwarze Schafe“ handelte, die sich nicht an die Schutzvorgaben hielten. Aus dieser Lage heraus entstand zunächst das Aktionsbündnis „Alarmstufe Rot“, deren weitreichende Aktionen wie die„Night of Light“ in 2020 und 2021 oder die zwei großen Demonstrationen in Berlin in 2020 für eine große Aufmerksamkeit für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft sorgten. Es zeigte sich hier, dass die Akteure der Branche durchaus solidarisch miteinander sind, und dass die Politik der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft sehr wohl zuhört, wenn sie vereint laut genug ist. Solidarische Protestaktionen allein nicht genug Vielen Beteiligten war aber klar, dass solidarische Protestaktionen allein nicht ausreichen würden, um die Forderungen nachhaltig innerhalb der Politik zu platzieren, um die Situation aller zu verbessern. Es musste eine Organisationsform gefunden werden, innerhalb derer beständig zum Wohle aller mit der Politik kommuniziert würde. Im Oktober 2021 fand als Antwort darauf in Berlin die erste „Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft“ statt, mit dem Ziel, allen Akteuren der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft eine Plattform zu bieten, um sicherzustellen, dass die Veranstaltungswirtschaft nie wieder die„vergessene Branche“ sein wird. Und so versteht sich die Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft heute als vernetzendes Element allerAkteurederBranche–vomSoloselbststandigen uber Technikdienstleister, Eventagenturen und Caterer bis hin zu Verbanden und Initiativen. Sie ist eine organisationsubergreifende breite Plattform, die allen offensteht und die gemeinsamen Interessen der Branche bundelt und politische Forderungen formuliert. Ende November 2022 haben die Teilnehmenden der Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft nun erneut die aktuellen politischen Forderungen fur den sechstgroßten Wirtschaftszweig formuliert und ihren Rat der Vertreterinnen undVertreter gewählt, die im stetigen Dialog mit der Politik sind. Schirmherr dieser zweiten Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft war der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft, dessen Mitglieder maßgeblich zur Sicherheit von Veranstaltungen jeglicher Größe beitragen.
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 12 DSD 2 | 2023 Zum Abschluss eines prominent besetzten Politikertalks wurde ein Katalog mit 50 Forderungen an den Staatssekretär des BMWK, Michael Kellner, übergeben, der seit Ende 2022 als „offizieller“ Ansprechpartner für die Veranstaltungswirtschaft seitens der Bundesregierung fungiert. Denn nach der Krise ist in der Krise. Die vergangenen drei Jahre haben aufgrund von Kurzarbeit und Auftragswegfall zu einer starken Abwanderung von Fachkräften aus der Veranstaltungswirtschaft geführt. Gleichzeitig ist die Auftragslage der Branche noch lange nicht auf ein „Vor-Corona-Niveau“ zurückgekehrt. So verwundert es nicht, dass sich viele zentrale Forderungen der Bundeskonferenz um die Sicherung der Liquidität von Unternehmen, die Fortführung eines (erleichterten) Zugangs zum Kurzarbeitergeld, aber auch eine Unterstützung bei einer Existenzwiederaufnahme drehen. Forderung nach Imagekampagne für die Veranstaltungswirtschaft In diesem Zusammenhang stellt die Bundeskonferenz auch die Forderung nach einer Imagekampagne durch den Bund, die die Attraktivität der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft aufzeigen bzw. wiederherstellen soll – imGegensatz zu oft durch die Politik propagierten „SuperSpreader-Events“ und weiteren, die Kunden verunsichernden Aussagen, mit denen die Branche immer noch zu kämpfen hat. Neue Krisen wie der Ukraine-Krieg, Ressourcenmangel, Inflation und stark steigende Energiepreise tun ihr Übriges, um die Wichtigkeit einer fortdauernden Arbeit der Bundeskonferenz zu unterstreichen. Diese wird im Herbst bei der Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft fortgeführt werden. Alle Mitglieder der Veranstaltungswirtschaft sind dazu aufgerufen, sich bei der Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft einzubringen. Weitere Informationen und das aktuelle Forderungsmemorandum finden Sie auf www.bundeskonferenz.org. (vl.) Christian Eichenberger, Martina Fritz, Mike P. Heisel, Marcel Fery, Kerstin Meisner, Alexander Ostermaier, Rike van Kleef und David Eickelberg (vl.) Michael Kellner, Maximilian Mörseburg, Anikó GlogowskiMerten, Georg Ehrmann, Christian Eichenberger, Michael Biel Bild: Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft Bild: Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 13 DSD 2 | 2023 Wunschdenken – eine kleine Glosse Von Dirk Dernbach Vor über 40 Jahren startete mein beruflicher Werdegang in Sachen Sicherheit. Ich kann mich nur noch vage an meine Unteroffiziersausbildung erinnern, aber eine Begebenheit wird mir immer in Erinnerung bleiben. Wir waren bei einer Nachtübung in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei jede Gruppe die Standorte der anderen auskundschaften sollte. Ich war als Gruppenführer eingeteilt und streifte nun mit meinen Kameraden durch die Wälder. Vorher wurde noch ein zweiteiliges Codewort ausgemacht, damit die eigene Gruppe unsere Zugehörigkeit erkennen konnte. Irgendwann entdeckte uns ein Posten der gegnerischen Gruppe und rief uns ein„Halt, Parole Frühling“ zu, was ich mit „Blume“ beantwortete. Überraschenderweise wurde dies mit einem lauten Alarmschrei unseres Gegenübers erwidert. Versuch macht klug! Wir zogen uns schnell zurück und setzten unseren Aufklärungsauftrag fort. Kurze Zeit später entdeckte man uns erneut und signalisierte es dadurch, dass jemand „Halt“ rief, worauf ich spontan mit „Parole Frühling“ antwortete, was der Wachposten mit „Erwachen“ erwiderte. Ich rief ihm noch „Weitermachen“ zu und wir machten uns aus dem Staub. Kurze Zeit später erwischte man uns dennoch, da wir den Lachflash nicht unter Kontrolle hatten. Warum ich Ihnen das erzähle? Weil wir damals auch dachten, wir hätten alle eine hervorragende Ausbildung genossen und weil keiner von uns solch einen Fauxpas einer einzelnen Person erwartet hat. Dies lehrte mich aber damals schon, dass man immer das Unerwartete erwarten sollte, wenn es dementsprechend auch nicht zu definieren ist. Bis heute hat sich daran nichts geändert. In unregelmäßigen Abständen trifft mich das Unerwartete und leider kann ich oftmals darüber nicht mal lachen. Das kann zum Beispiel sein, dass eine Stadt eine Meisterschaftsfeier für seinen Sportverein plant, wobei ja noch nicht mal feststeht, ob der Verein überhaupt Meister wird. Das liegt jedoch in der Natur der Dinge, muss man doch zumindest das Ende der Saison abwarten und hoffen, dass bereits vor Ablauf der Saison feststeht, wer Meister wird oder ob zumindest theoretisch am letzten Spieltag die Chance auf den Meistertitel vorhanden ist. Hertha BSC hält sich bewusst aus solchen Planspielen heraus, munkelt man doch bereits, dass BSC die Abkürzung für Big Selfmade Chaos bedeutet. Apropos Chaos: Im ungünstigsten Fall (dem Verein wird’s egal sein) wird besagter Sportverein am letzten Spieltag Meister, was bedeutet, dass keine 16 Stunden später eine Meisterschaftsfeier nebst -corso stattfinden wird, welche mit über 600 Sicherheitskräften abzusichern ist. Ich möchte nicht wieder vom Personalmangel der Sicherheitsbranche sprechen, das haben wir bereits öfter thematisiert. Spannend wird es jedoch, wenn das zuständige Ordnungsamt verlangt, dass alle eingesetzten Kräfte mindestens eine Unterrichtung gemäß § 34a GewO aufweisen müssen. Die Hauptaufgaben sind, Gitter vorzuziehen, um die Corsoroute abzusperren, oder zu vermeiden, dass Personen auf die Mobiltoiletten klettern, was laut Ordnungsamt der Gefahrenabwehr für Leib und Leben entspricht, womit es sich um eine Bewachertätigkeit handele. Ich kenne Festivals, bei denen die Gefahr für Leib und Leben höher einzuschätzen ist, sollte man diese Toiletten betreten, als diese zu erklettern. Jetzt hat sich spätestens seit Corona etabliert, dass man, sollte eine Veranstaltung nicht stattfinden, ab dem Tag X zumindest eine Art Abschlagszahlung verlangen kann. Ist Ihnen mal aufgefallen, wie viele Wettanbieter es mittlerweile gibt? Und dass man bei vielen nur wetten darf, sofern man seinen Wohnsitz in Schleswig-Holstein hat? Wobei es in der höchsten Spielklasse im deutschen Fußball noch nie einen Meister aus Schleswig-Holstein gab. Aber letztlich ist es auch eine Art von Gambling, sollte man ein Angebot über 600 Kräfte abgeben, wenn man laut Firmenwebsite doch nur eine Personalstärke von 40 Personen hat. Da können am letzten Spieltag vor dem Fernseher schon mal ein paar Fingernägel draufgehen. Zwar ein wenig fiktiv, aber durch das Vergabearbeitet seit 2008 für Securitas. Dort leitete er in der Funktion als Geschäftsführer verschiedene Bereiche des Firmenportfolios, darunter mehrere Jahre auch das Segment Sport & Event. www.securitas.de Dirk Dernbach
VERANSTALTUNGSSCHUTZ 14 DSD 2 | 2023 kriterium „Preis“ nicht ausgeschlossen. Blicken wir ein wenig in die Zukunft und fragen uns: Sind wir für Großveranstaltungen, insbesondere für die FußballEM 2024, gut aufgestellt? Dieses Thema dürfte so gut wie alle angehen, welche im Eventbereich tätig sind, sprechen wir doch nicht nur über die Absicherung der Spiele, sondern auch über „Public Viewing“, Trainingsstätten, Fanmeilen, Hotelabsicherungen usw. Dass unsere Branche permanent auf der Suche nach Personal ist, dürfte sich auch in den kommenden Monaten nicht gravierend ändern. Aber selbst wenn wir ausreichend Kräfte rekrutieren, die ggf. eine Affinität für Fußball haben, die EM im eigenen Land als Highlight sehen und sich in ihrem Hauptberuf Urlaub nehmen, da nach wie vor die in der Eventsecurity überwiegend eingesetzten Personen einen Vertrag als geringfügig Beschäftigte haben und dies als Nebentätigkeit ausüben, stellt sich immer noch die Frage nach der Qualifizierung. Aber halt, wir haben doch die Erfahrungen aus 2006, wo jeder der eingesetzten Kräfte eine„Ausbildung“ erfahren hat. Ja, in irgendeiner Form wird sich die Euro GmbH, welche für die Durchführung der EM verantwortlich zeichnet, etwas Ähnliches einfallen lassen, analog der QuaSOD- (Qualifizierung Sicherheits- und Ordnungsdienst-)Ausbildung des DFB/DFL. Diese Ausbildung ist aber nach wie vor „on top“, für alle bei Spielen der Bundesligen arbeitenden Kräfte verpflichtend und keine gesetzliche Vorgabe. Jetzt ist es kein Geheimnis, dass im Eventbereich bei den eingesetzten Kräften zwischen Veranstaltungssicherheitsdienst (VSD) und Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) unterschieden wird. Permanenter Streitpunkt mit den Ordnungsämtern, die es sich zum Teil einfach machen und „bestimmen“, dass alle für ein Sicherheitsunternehmen tätigen Personen mindestens die 34a-Unterrichtung haben müssen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es jedes Ordnungsamt anders sieht und das, was in Stadt A in Abstimmung mit dem Ordnungsamt umgesetzt wird, in Stadt B eine Ordnungswidrigkeitenstrafe nach sich ziehen kann. Nichts Neues, aber nach wie vor ein Ärgernis. So ein bisschen wie in alten Western, wo die Legislative, Exekutive und Judikative in einer Hand lag, meistens die mit dem schnellsten Colt. Ich möchte aber auch mal eine Lanze für die Ordnungsämter brechen, die als Argument immer anbringen, dass, sofern die Leute nicht im Bewacherregister eingetragen sind, keine Zuverlässigkeitsüberprüfung erfolgen kann. Das stimmt zwar, aber bei einer Veranstaltung tummeln sich Dutzende von Menschen, welche überall Zutritt haben und die auch keine Zuverlässigkeitsüberprüfung haben. Man nennt diese Caterer, Reiniger, Zulieferer … und nicht zuletzt Hosts und Hostessen, welche oftmals dieselbe Tätigkeit ausüben wie Sicherheitskräfte, aber weder zuverlässigkeitsüberprüft sind noch eine Unterrichtung vorweisen können und deren Arbeitgeber in der Regel überhaupt keine Zulassung als Bewachungsunternehmen haben. Ich kann mich an Veranstaltungen erinnern, zu denen wir der Polizei eine DVD mit den Daten unserer Mitarbeiter, VSD und VOD, haben zukommen lassen, und diese eine Überprüfung durchgeführt hat. Gut, jetzt hat diese natürlich viel mit sich auf Straßen festklebenden Menschen zu tun und kaum noch Zeit, aber man wird doch eine Lösung, also nicht für den Kleber, sondern für das Problem finden können. Und da ich kurz vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben stehe, erlauben Sie mir, einen Wunsch zu äußern: Bitte lassen Sie uns bundesweite, einheitliche Kriterien finden, welche es den Sicherheitsdiensten ermöglichen, zweifelsfrei Kräfte als VOD und VSD einzusetzen, ohne jedes Mal befürchten zu müssen, dass eine Kontrolle stattfindet, bei deren Tätigkeiten anders bewertet werden als bei der letzten Veranstaltung, die 10 Kilometer entfernt stattfand. Ich freue mich auf weitere Veranstaltungen und die EM und bin sicher, dass, wenn wir alle an einem Strang ziehen, dies ein wunderbares Erlebnis wird. Bild: Securitas
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