DER SICHERHEITSDIENST

39 DSD 2 | 2023 Ehemaliger Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Träger des Deutschen Förderpreises Kriminalprävention (Stiftung Kriminalprävention, Münster) und seit 2003 als Fachjournalist für Sicherheitsfragen tätig. Klaus Henning Glitza WIRTSCHAFTSSCHUTZ Bestechung und Bestechlichkeit: Die kriminelle Art des Gebens und Nehmens Von Klaus Henning Glitza Schon die Wortherkunft macht die Brisanz des Themas deutlich. Korruption leitet sich aus dem Lateinischen corrumpere (Substantiv: corruptio) ab und bedeutet nicht nur bestechlich, sondern auch (moralisch) verdorben und vernichtend. Kaum etwas macht plastischer, dass Korruption ungleich mehr ist als ein „bisschen Schmiermittel“, das die Räder der Wirtschaft geschmeidiger laufen lässt. Längst vorbei die Zeiten, in denen korruptive Handlungen als Kavaliersdelikt betrachtet wurden. Bestechung und Bestechlichkeit werden in der öffentlichenWahrnehmung als besonders gravierende Ausprägungen der Wirtschaftskriminalität gesehen. Als kaum nachvollziehbar erscheint es heute, dass bis 1999 „nützliche Aufwendungen“, also„Schmiergelder“, steuerlich abzugsfähig waren. Oder „Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ bis 1997 dem Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) als Ordnungswidrigkeit zugeordnet war. Im Strafrecht gibt es den Begriff Korruption nicht. Als Straftatbestände sind Bestechung und Bestechlichkeit (§§ 332, 334 StGB) beziehungsweise die für den öffentlichen Dienst geltende Vorteilsnahme im Amt und Vorteilsgewährung (§§ 331, 333 StGB). Explizit für den privatwirtschaftlichen Bereich gilt der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB). Im kriminalistischen Sinn hat Korruption eine Besonderheit, die sie von anderen Deliktformen unterscheidet. Es gibt keine klassische Täter-­ Opfer-Beziehung. Vielmehr sind alle Beteiligten – Gebende wie Nehmende – Täter. Das Opfer ist quasi niemals eine natürliche Person. Und ganz entscheidend: Alle Beteiligten sind alles andere als an Aufklärung interessiert. Wach- und Sicherheitsunternehmen können – wie alle anderen Firmen auch – in zweifacher Hinsicht betroffen sein. Zum einen ist der Versuch schwarzer Schafe zu nennen, sich durch Bestechung Vorteile, sprich lukrative Aufträge zu verschaffen. Zum anderen könnten Einkäufe, beispielsweise von Fahrzeugen, Dienstkleidung, Arbeitsmaterial oder Schulungen, durch korruptive Handlungen verteuert oder in der Qualität gemindert werden. Aus der Industrie sattsam bekannt sind vordergründig billigere Metallteile, deren Kehrseite Rostanfälligkeit und Funktionsmängel waren. Ein jüngeres Beispiel in der Nähe von Essen im Ruhrgebiet lässt Einblicke in das Thema zu. Ein 50-jähriger Mitarbeiter des Ordnungsamtes soll einer Firma gegen persönliche Vorteile den Auftrag für die Bewachung einer Flüchtlingsunterkunft (Volumen rund 430.000 Euro) zugeschanzt haben. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Untreue zum Nachteil der Stadt. Aufgefallen sind die Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von städtischen Aufträgen offenbar den Verwaltungsorganen selbst. Eine falsche Annahme ist es, dass Korruption im Grunde niemanden schadet. „Wenn wir nicht zahlen, zahlt ein anderer“, ist nicht selten zu hören. Doch der vermeintliche Vorteil kann sich in sein genaues Gegenteil verwandeln. Selbst Unternehmen mit mehrstelligen Milliardenumsätzen haben nicht verhindern können, dass ihre Fehltritte publik wurden. Im Fall des Unternehmens aus dem Ruhrgebiet zeigen sich bereits erste Sanktionen. Als die Firma bei einer Ausschreibung der Stadt das günstigste Angebot einreichte, wurde dies trotzdem nicht berücksichtigt. Den Zuschlag erhielt der zweitgünstigste Bieter, obwohl er gut 9.000 Euro mehr verlangte. Auch gesamtwirtschaftlich führt Korruption zu erheblichen Schäden. Studien, die von Dr. Christoph Schmidt von der Fachhochschule Deggendorf zitiert werden, weisen aus, dass ein durchschnittliches Unternehmen durch Korruptionsfolgen fünf Prozent seines jährlichen Verschärfter Strafrahmen: War bis 1997 die „Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ lediglich eine Ordnungswidrigkeit, drohen jetzt Freiheitsstrafen von drei, in schweren Fällen sogar fünf Jahren. Bild: Rike / pixelio.de

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