DER SICHERHEITSDIENST

28 DSD 2 | 2023 GELD UND WERT Ist Auslagerung eine Lösung? Von Hendrick Lehmann 2022 sind so viele Bankautomaten das Ziel von Sprengungen gewesen wie nie zuvor. Sicherheitsmaßnahmen schrecken die Täter nicht ab. Im vergangenen Jahr hat die Sprengung von Bankautomaten in Deutschland mit 496 Fällen einen neuen Höchststand erreicht. Gegenüber dem Vorjahr mit 392 Fällen bedeutet dies einen Anstieg um 27 Prozent. Darunter fallen sowohl versuchte als auch vollendete Sprengungen. Die gut organisierten Angreifer gehen dabei nach altbewährtem Muster vor. Die Taten ereignen sich in der Regel zur Nachtzeit, wenn mit wenig bis gar keinem Publikumsverkehr in der Nähe des Ziels zu rechnen ist. Dennoch ist bei den angewandten Mitteln ein hoher Kollateralschaden zu verzeichnen, der auch das Leben von Menschen gefährden kann, etwa, wenn der Automat in der Filiale Teil eines Wohngebäudes ist. Umherfliegende Trümmerteile und die mitunter starke Beschädigung von Gebäudestrukturen können aber auch den Tätern selbst gefährlich werden. Zu beobachten ist, dass in den letzten Jahren der Anteil an Explosivstoffen stark zugenommen hat und dass das Einleiten von Gas als Sprengmittel rückläufig ist. Solche selbst gebastelten „Blitz-KnallKörper“ haben eine deutliche höhere Sprengwirkung als Gasgemische, mit teils unkalkulierbaren Folgen. Auch andere Festsprengstoffe eigener Rezeptur können zum Einsatz kommen. In Nordrhein-Westfalen, wo durch die Nähe zu den Niederlanden, der guten Verkehrsinfrastruktur und zugänglichen Zielen in Form von 11.000 Geldausgabeautomaten besonders viele Sprengungen stattfinden, wird etwa regelmäßig die Tatortgruppe Sprengstoff des Landeskriminalamtes NRW angefordert, um Risiken für Einsatzkräfte und unbeteiligte Dritte einschätzen zu können. Allen Vorfällen mit Explosivmitteln ist gemein, dass die finanziellen Kollateralschäden den Wert der Beute eigentlich immer weit übersteigen. Effektiver Schutz ist möglich – aber nicht umsonst In anderen Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden gibt es bereits seit Längerem die Pflicht, die Geldkassetten in den Automaten mit Farbpatronen zu sichern, was die Beute wertlos machen soll. Auch das Verkleben der Geldscheine zu einem unauftrennbaren „Packen“ hat sich bewährt. In Deutschland ist es bislang den Banken überlassen, ob und wie sie ihre Automaten sichern, was ein Grund dafür ist, dass ausländische Banden gerne in Deutschland, vor allem im Grenzgebiet, zuschlagen. Letztendlich läuft es auf eine Risikobeurteilung und den Kosten-Nutzen-Faktor von Maßnahmen hinaus. Sicherungsmöglichkeiten gibt esmittlerweile zahlreiche, sie zeigen aber nicht immer den gewünschten Effekt. Farbpatronen scheinen die Täter nicht unbedingt abzuschrecken, zumindest, wenn sie nicht, wie im benachbarten Ausland, generell vorgeschrieben sind. Ein Grund mag der Schwarzmarkt für so markierte Scheine sein, sodass ein Raub von gefärbten Noten sich immer noch für die Täter auszahlen kann. Auch die Maßnahmen zur Verhinderung von Sprengungen durch Gasgemische sind zweischneidig – einerseits zeigen sie gegen Gasgemische durchaus Wirkung, andererseits hat dies auch eben zur verstärkten Nutzung festexplosiver Stoffe geführt. Die Banken stellen sich daher für jede Filiale und Automaten die Frage, inwieweit die zusätzliche Absicherung anhand des vorhandenen Risikos sinnvoll erscheint – oder ob eine Stilllegung des Automaten nicht die einfachere und günstigere Variante ist. Bleiben die Automaten erhalten, so muss geprüft werden, inwieweit durch das rücksichtslose Vorgehen der Täter ein erhöhtes Risiko für Menschen und Objekte wie die Gebäude, in denen die Automaten stehen, besteht. Einige Banken haben daher begonnen, Automaten freier Mitarbeiter der Zeitschrift PROTECTOR Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte in der Ausgabe 3/2023 der Zeitschrift PROTECTOR. www.sicherheit.info Wir bedanken uns für die Abdruckgenehmigung. Hendrick Lehmann „496 Sprengungen vonGeldausgabeautomaten wurden im vergangenen Jahr registriert. Im Vergleich zu 2021 mit 392 Fällen entspricht dies einer Zunahme von 27 Prozent.“

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