DER SICHERHEITSDIENST

KRITISCHE INFRASTRUKTUR (KRITIS) 36 DSD 2 | 2023 Unternehmen Krisenmanagement eben nicht in der skizzierten weiten Auslegung verstehen, sondern kaum Übungen durchführen und auch keine aktive Krisenfrüherkennung betreiben. Daraus folgt, dass auch die Qualität der Entscheidungsfindung indenKrisenstäbenhinterfragtwerdenmuss. Immerhin handelt es sich bei der Krisenstabsarbeit um eine per Definition hochgradig für Fehler anfällige Form der Entscheidungsfindung. Komplexität der Aufgabe, äußerer Druck, eine unklare Informationslage – die Reihe der typischen Merkmale einer Krise ließe sich noch lange fortführen und zeigt die mit dem Krisenmanagement verbundenen Herausforderungen auf, die auch in psychologisch bedingte Fehlentscheidungen münden können. In der Literatur werden bis zu 24 fehlerhafte Entscheidungsmuster beschrieben, für die Krisenstäbe aufgrund der besonderen Entscheidungssituation besonders anfällig sind und die zu fehlerhaften Bewertungen und zum Teil problemverstärkendem Verhalten führen. Neben ausreichender Beübung der Stäbe fehlt es insgesamt jedoch auch an einheitlich angewandten Standards zur Krisenstabsarbeit. In der Diskussion zwischen Wissenschaft und Praxis ergibt sich dabei die Frage, ob die vorhandenen Standards im Einzelnen nicht gut genug für die Praxis sind oder ob umgekehrt in der Praxis bisher zu wenig getan werde, um diesen Standards zu entsprechen. Aus Sicht der neuen KRITIS, insbesondere der KRITIS, die aufgrund ihrer Größe unter die KMU-Definition fallen, ergibt sich zudem noch ein weiteres, praktisches Problem. Egal ob ein Unternehmen dem behördlichen Krisenstabsmodell oder auch den Empfehlungen des ASW-Kompetenzcenters Krisenmanagement folgt: Für einen Krisenstab ist eine Mindestanzahl von (ausgebildeten und beübten) Personen erforderlich. Der Notwendigkeit einer durchhaltefähigen Struktur folgend, sollte der Krisenstab auch schichtfähig sein können, was zu einer Erhöhung des Personalbedarfs führt. Erfahrungsgemäß ist dies für KMU nur sehr schwer organisatorisch abzubilden. Auch mittelständische KRITIS sind potenziellen Bedrohungen und Risiken ausgesetzt, die ihre Geschäftsprozesse beeinträchtigen können. Dazu gehören Naturkatastrophen, Cyberangriffe, Stromausfälle, Pandemien, politische Instabilität oder Terrorismus. Alle KRITIS – aber generell auch alle KMU –müssen sich bewusst sein, dass diese Bedrohungen jederzeit und in unterschiedlicher Form eintreten können. Eine weitere Herausforderung für KMU besteht darin, dass sie häufig in engen Netzwerken mit anderen UnternehmenundBehörden zusammenarbeiten, was zu einer höheren Komplexität undVerwundbarkeit im Krisenfall führen kann. Um mit diesen Herausforderungen umzugehen, sollten auch KMU einen umfassenden Krisenmanagementprozess entwickeln, der die Schritte beinhaltet, die imKrisenfall zu ergreifen sind. Dazu gehören die Alarmierung, Evakuierung, Ressourcenallokation, Kommunikation und Wiederherstellung von Geschäftsprozessen. Es ist wichtig, dass dieser Prozess regelmäßig geübt und aktualisiert wird, um sicherzustellen, dass alleMitarbeiter im Ernstfall wissen, was zu tun ist. Ein effektives Krisenmanagement kann dazu beitragen, dass KMU schneller wieder auf die Beine kommen und langfristige Schäden vermieden werden können. Bild: # 1394879058 / istockphoto.com

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