DER SICHERHEITSDIENST

60 DSD 2 | 2023 BERICHT AUS BERLIN Durch Regulierung Deutschland sicherer machen Von Rechtsanwalt Dr. Berthold Stoppelkamp Im Berichtszeitraum Februar 2023 bis April 2023 bestimmten die Themen: der Krieg in der Ukraine, US-Geheimdienst-Leaks, die Erarbeitung einer nationalen Sicherheits- und Chinastrategie, Cyberangriffe, Spionage, Sabotage sowie der umfassende Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) die sicherheitspolitische nationale Diskussion und mediale Berichterstattung. Zudemwurden über den richtigen Umgang mit sog. Klimaaktivisten und aufgrund von fast flächendeckenden „Super“-Warnstreiks im öffentlichen Dienst und in den Verkehrsinfrastrukturen über die Verhältnismäßigkeit dieser Arbeitskampfmaßnahmen heftig gestritten. Ebenso gab es nochmals eine intensive politische Debatte über die Energiesicherheit für Deutschland durch den vollzogenen Ausstieg aus der Atomenergie. Veränderte Sicherheitslage Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat sich die militärische, außenpolitische und innere Sicherheitslage massiv verändert. Szenarien, die bis dahin weitestgehend in der überschaubaren deutschen Sicherheitscommunity, meist medial nur punktuell beachtet und von der Öffentlichkeit ignoriert, eine Rolle gespielt haben, sind Realität geworden. Beispielhaft sind die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines, auf die Bahninfrastruktur sowieAngriffeausdemCyberraumauf bedeutende deutsche Unternehmen der Verteidigungsindustrie zu nennen. Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen von einer erhöhten Bedrohungslage durch gezielte Sabotagehandlungen, Cyberangriffe und Spionageaktivitäten aus. Veränderte sicherheitspolitische Diskussion Während inden letzten JahrenThemender inneren Sicherheit mit Ausnahme der Terrorismusabwehr und der Integration von Flüchtlingen häufig in der öffentlichen Wahrnehmung als Nischenthemen allein für Sicherheitspolitiker und Sicherheitsbehörden behandelt wurden, hat sich dies durch die„Zeitenwende“ massiv geändert. Sowar ein vormaliger Bundesinnenminister im August 2016 noch heftigster Kritik ausgesetzt als er im Rahmen der Vorstellung des Zivilschutzkonzeptes der Bundesregierung die Bevölkerung dazu aufrief, Notvorräte einzulagern. 53 Prozent der Bundesbürger empfanden dies damals als reine Panikmache. Entsprechend dieser Stimmungslage in der Bevölkerung wurden damals auch keine sicherheitspolitischen Entscheidungen getroffen, die Rolle des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zu stärken. Heute ist diesbezüglich die Stimmungslage in der Bevölkerung eine völlig andere. Laut einer Umfrage desMeinungsforschungsinstituts Civey aus dem Oktober 2022 gaben 71 Prozent der Bevölkerung an, sich vor Anschlägen auf KRITIS zu fürchten. Da politisches Handeln sich immer auch am Mehrheitswillen der Bevölkerung ausrichtet, besteht heute weitgehend ein politischer Konsens bei den im Bundestag vertretenen Parteien, dass mehr für den Schutz von KRITIS getan werden muss. Die Diskussion geht momentan eigentlich nur noch umdie Berücksichtigung von Brancheninteressen und damit um Details einer Regulierung. Europäische Initiativen für mehr Sicherheit Ungeachtet aktueller politischer Stimmungslagen hat sich die EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bereits seit Jahren mit dem Schutz von KRITIS, häufig intensiver als die Nationalstaaten befasst. EU-Richtlinien waren vielfach Anstoß dafür, dass die EU-Staaten überhaupt national aktiv wurden, d. h. werden mussten. Am 16. Januar dieses Jahres sind zwei EURichtlinien zum Schutz von KRITIS in Kraft getreten. Die eine Richtlinie betrifft die Cybersicherheit (NIS-2-Richtlinie), die andere Richtlinie betrifft die physische Sicherheit von KRITIS (CERRichtlinie). Während durch den Anwendungsbereich der NIS-2-Richtlinie im Bereich Cybersicherheit – über bereits bestehende Regularien hinaus – nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes zukünftig insgesamt rund 29.000 Unternehmen in Deutschland bei Cybervorfällen melGeschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) in Berlin RA Dr. Berthold Stoppelkamp

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