DER SICHERHEITSDIENST

1 DSD 2 | 2023 EDITORIAL Präsident des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) Gregor Lehnert Unsere Branche ist systemrelevant für die Sicherheit in Deutschland Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrter Leser, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, die Sabotageangriffe auf die Nordseepipeline Nordstream 1 und 2 sowie auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn ist der Schutz Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) wie noch nie zuvor in den Fokus nationaler sicherheitspolitischer Diskussion und medialer Berichterstattung gerückt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat ein KRITIS-Dachgesetz angekündigt. Vor diesem Hintergrund haben wir uns auch auf unserer letzten Jahresmitgliederversammlung in Berlin ausführlich mit diesem Themenkomplex befasst und mit der Politik diskutiert, welche Mindeststandards für KRITIS gelten sollen undwie unsere Branche, die bisher selbst nicht umfassend von Politik und Sicherheitsbehörden als KRITIS-­ Sektor angesehen wird, in einer Regulierung ausreichend Berücksichtigung finden muss. Der BDSW begrüßt, dass sich der Gesetzgeber mit einem KRITIS-Dachgesetz in einem ganzheitlichen Schutzansatz von KRITIS nicht mehr allein auf die IT-Sicherheit, sondern auf den physischen Schutz von KRITIS fokussieren wird. Das Sicherheitsgewerbe mit seinen über 270.000 Beschäftigten erbringt immer mehr Tätigkeiten, die der Absicherung bzw. Aufrechterhaltung von sämtlichen Kritischen Infrastrukturen in Deutschland dienen. Das Sicherheitsgewerbe ist damit integraler Bestandteil beim Schutz von KRITIS und systemrelevant für die Resilienz von KRITIS. Eine Nichtberücksichtigung der Sicherheitswirtschaft im Gesamtregulierungsansatz der Bundesregierung zum Schutz von KRITIS würde mithin Sicherheitslücken bestehen lassen. Wir sind systemrelevant für die Sicherheit in Deutschland! Hieraus leitet der BDSW folgende Kernforderungen an ein KRITIS-Dachgesetz ab: • Das KRITIS-Dachgesetz muss die Systemrelevanz des Sicherheitsgewerbes für den Schutz von KRITIS festschreiben. In den Anwendungsbereich eines KRITIS-Dachgesetzes müssen sowohl die Betreiber selbst als auch die kritischen Dienstleistungen, wozu auch Sicherheitsdienstleistungen zählen, aufgenommen und definiert werden. • KRITIS-Betreiber dürfen als externe Dienstleister zum Schutz von KRITIS nur Unternehmen und Beschäftigte des Sicherheitsgewerbes einsetzen. • Sofern KRITIS-Betreiber zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben eigenes Personal einsetzen (sog. Inhouse-Security), hat dieses hinsichtlich Zuverlässigkeit, Qualifizierung, Schulung, Weiterbildung sowie Führungs- und Einsatzerfahrung mindestens dieselben Anforderungen zu erfüllen wie Beschäftigte des Sicherheitsgewerbes. Die Wichtigkeit und Bedeutung unserer Branche und deren Dienstleistungen sind auch statistisch belegbar. In der privaten Sicherheitswirtschaft (Wirtschaftsklasse 80) zeichnet sich 2022 demnach ein Umsatzwachstum von 7,6 Prozent auf ca. 11,1 Mrd. Euro ab. Unabhängig davon ist und bleibt der Arbeitskräftemangel eine große Herausforderung. Insofern betrachten wir die aktuelle Diskussion um die Einführung einer Vier-Tage-Woche mit Sorge. Wir müssen unsere Kunden in Wirtschaft und Staat rund um die Uhr, an jedem Tag der Woche und in Sondersituationen schützen, um die Sicherheit in Deutschland zu garantieren. Mit einer Vier-Tage-Woche bei anhaltendem Arbeitskräftemangel kann dies nicht gelingen. Ebenfalls mit Sorge betrachten wir die Vorstöße aus dem politischen Raum, Einfluss auf die unabhängige Mindestlohnkommission zu nehmen. Tarifautonomie ist ein Eckpfeiler unserer sozialen Marktwirtschaft. Es verbieten sich insofern erneute gesetzliche Eingriffe bei der Findung eines zukünftigen Mindestlohns. Ihr Gregor Lehnert

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