LUFTSICHERHEIT 21 DSD 2 | 2024 ner Stephansdom verüben. Hierzu gab es in Deutschland und Österreich mehrere Festnahmen von Menschen, die mutmaßlich Mitglieder des „Islamischen Staats Provinz Khorasan“ (ISPK) sind. In Österreich gelang es den Sicherheitsbehörden im Jahr 2023, drei geplante jihadistische Anschläge zu verhindern: einen im Zusammenhang mit einem LGBTQFestival, ein geplantes Messerattentat am Wiener Hauptbahnhof sowie ein mutmaßlich geplanter Anschlag auf den Stephansdom. Alle mutmaßlichen Terroristen hatten ISPKHintergrund.6 Luftsicherheit – Bedrohungen durch Terroristen Die Anschläge vom 11. September 2001 stellen ein Anschlagsszenario dar, das einerseits sehr komplex war und jahrelange Vorbereitung sowie Flugkenntnisse erforderte sowie andererseits durch zahlreiche seither eingeführte Maßnahmen und Mittel der Terrorismusabwehr deutlich unwahrscheinlicher geworden ist. Der Luftverkehr blieb und bleibt jedoch weiterhin ein Ziel von Terroristen. Am 2. März 2011 tötete der Kosovare Arid Uka am Frankfurter Flughafen mit einer Schusswaffe zwei US-Soldaten und verletzte zwei weitere schwer. Am 31. Oktober 2015 schoss die jihadistische Organisation „Islamischer Staat“ ein russisches Passagierflugzeug über Ägypten ab, wodurch 224 Menschen getötet wurden. Am 28. Juni 2016 töteten mehrere Selbstmordattentäter mit Sprengstoff und Schusswaffen im Flughafen Istanbul-Atatürk 45 Menschen und verletzten über 240. Der syrische Flüchtling Jabr al-B. hatte im Oktober 2016 einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant. In seiner Wohnung fand die Polizei ca. 500 Gramm des Explosivstoffs Triacetontriperoxid (TATP), weitere Chemikalien sowie 105 Bauteile, die zur Herstellung einer USBV (Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung) geeignet waren.7 Nach passierter Sicherheitskontrolle können potenzielle Attentäter kaum noch an Waffen und Sprengstoff geraten – außer diese werden vom Flughafenpersonal, also Innentätern, eingeschleust – doch auch in den Bereichen vor der Sicherheitskontrolle bewegen sich Hunderte bis Tausende Menschen, die aufgrund der räumlichen Enge relativ leicht – zum Beispiel durch Schusswaffen und USBV – getötet und verletzt werden könnten. Allerdings macht die Anwesenheit von Polizeibeamten, die im Bereich „lebensbedrohliche Einsatzlagen“ taktisch-operativ in Terrorismusabwehr geschult sind, einen länger dauernden Anschlagsverlauf unwahrscheinlich.8 Bei der terroristischen Zielauswahl ist zwischen Hard Targets und Soft Targets zu unterscheiden. Hard Targets sind Ziele, wieOrganisationen, Einrichtungen, Personen, Gebäude, die relativ gut bis sehr gut geschützt sind. Zu Hard Targets gehören hier normalerweise auch Flughäfen, abhängig vom individuellen Entwicklungsstand der Terrorismusabwehr. Das Einbringen von biologischen und chemischen Giftstoffen in Lüftungen großer Veranstaltungshallen, Flughäfen, Bahnhöfen und ähnlichen Einrichtungen ist ein potenzielles terroristisches Szenario. Allein durch Reizgas wurden am 12. Februar 2017 am Flughafen Hamburg 68 Personen verletzt.9 Selbst eine Spraydose mit einem chemischen oder biologischen Mittel in einer U-Bahn reichte aus, um Dutzende bis Hunderte Menschen zu töten. Die japanische Aum-Sekte verübte am 20. März 1995 in der U-Bahn Tokio mit dem Nervengift Sarin einen Anschlag auf drei U-Bahn-Linien und circa 15 U-Bahn- Stationen. Durch den Anschlag starben insgesamt 13 Menschen. Es gab etwa 1.000 Verletzte, 37 davon schwer (5.000 meldeten sich in Krankenhäusern). Die relativ schlechte Qualität des Sarins und die wenig effektive Methode der Ausbreitung waren verantwortlich für die verhältnismäßig geringe Anzahl von Todesopfern. Fazit In Bezug auf etwaige terroristische Anschlagspläne auf Stadien der Fußball-EM in diesem Sommer in Deutschland sowie auf Austragungsorte der Olympischen Spiele in Frankreich gilt, dass diese Orte durch die Sicherheitsbehörden (Polizei und Nachrichtendienste) sowie durch hinzugezogene private Sicherheitsdienste„gehärtet“ sind, sodass die Stadien und Austragungsorte der EM in Deutschland und der Olympischen Spiele in Paris grundsätzlich alle einen hohen Schutz haben werden. Dies kalkulieren Terroristen bei ihrer Anschlagsplanung jedoch ein und suchen sich dann potenziell andere Ziele, die eine ähnliche symbolische Wirkung und ähnlich hohe Opferzahlen versprechen. Dies wären Szenarien im öffentlichen Raum, beispielsweise Verkehrsmittel, Bahnhöfe und potenziell auch Flughäfen. 7 Vgl. Goertz, S. (2023): Terroristische Anschlagsszenarien als Herausforderungen für die Polizeien. In: Deutsches Polizeiblatt 5/2023, S. 6. 8 Vgl. Goertz, S. (2022): Terroristische Anschlagsszenarien und Wirkmittel: Eine aktuelle Analyse. In: Rothenberger/Krause/Jost/Frankenthal (Hrsg.): Terrorismusforschung. Interdisziplinäres Handbuch für Wissenschaft und Praxis, S. 110. 9 Vgl. https://www.sueddeutsche.de/panorama/atemwegsreizungen-kein-dummer-jungen-streich-sondern-eine-straftat-1.3375568 (6.5.2024).
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