DER SICHERHEITSDIENST

59 DSD 4 | 2022 EUROPA Dr. Astrid Pape, Referentin für den Bereich Arbeitsmarkt der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA. Dabei wurde sehr deutlich, wie groß das Problem bereits jetzt für die deutsche Wirtschaft ist. Denn obwohl wir in Deutschland derzeit (Stand August 2022) rund 45,60 Millionen Beschäftigte, davon etwa 259.000 in Kurzarbeit, sowie 2,55 Millionen Arbeitslose und 901.000 Langzeitarbeitslose verzeichnen, steigt die Zahl der offenen Stellen mit rund zwei Millionen auf ein Rekordhoch. Auch die durchschnittlichen Zeiten, die bis zur Besetzung von Stellen vergehen, werden bundesweit immer länger. Die wohl ausschlaggebendsten Faktoren bei dieser Entwicklung sind gleichzeitig stattfindende Trends und Krisen, die jeweils ihren Teil zur Vergrößerung des Problems beitragen. Dazu gehören der demografische Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung, die jeweils mit großen strukturellen Veränderungen einhergehen. Hinzu kommen dann noch unerwartete Faktoren, wie die COVID-19-Pandemie und der Ukrainekrieg mit ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die Lösungsansätze der BDA fokussieren sich derzeit auf drei Themenblöcke. Zunächst müsse inländisches Potenzial aktiviert und gestärkt werden. Hierzu sei es notwendig, das Prinzip des Förderns und Forderns beizubehalten, um Beschäftigung attraktiv zu gestalten. Die Frauenerwerbstätigkeit müsse durch entsprechende Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhöht werden und längeres Arbeiten ermöglicht sowie Frühverrentungsanreize abgeschafft werden. Zudem müsse die Zuwanderung u. a. durch Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren und die Ermöglichung von Zuwanderung unter Fachkräfteniveau erleichtert werden. Der wichtigste Faktor für die Zukunft aber sei die Stärkung der beruflichen Ausbildung, die eine Ausbildungsgarantie als Chancengarantie versteht, dass Weiterbildung arbeitsmarktnah bleiben und dass es für Jobs, die verschwinden, während andere neu entstehen, Drehscheibenmodelle und Weiterbildungsverbünde geben muss. Die konkreten Auswirkungen der vorgestellten Situation auf die Arbeitgeber und Beschäftigten der Sicherheitswirtschaft seien bereits für alle Beteiligten spürbar, machten BDSW-Vizepräsident Rainer Ehrhardt und ver.di Gewerkschaftssekretär (Bereich Besondere Dienstleistungen) Christian Schadow deutlich. Neue Wege der Personalakquise und der Qualifizierung, Weiterbildung und Motivation von Beschäftigten seien die Hauptthemen der Branche für die nächsten Jahre. Dem pflichteten auch Frank Schimmel, Vorsitzender des Fachausschusses Ausbildung des BDSW, und Oliver Kurz, Fachbereichsleiter Marktentwicklung/Migration der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, in ihren Vorträgen zu den Möglichkeiten der Personalakquise und Qualifizierung sowie der Notwendigkeit einer Neuordnung der sicherheitsrelevanten Berufe bei. Auch Oskar Jost, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, verdeutlichte imAnschluss an die Fachvorträge die Personalsituation der Sicherheitswirtschaft mit Ursachen und Lösungen nochmals anhand roher Zahlen. Dieses Zahlenmaterial spiegelte sowohl die Erfahrungen der anderen Akteure der Branche als auch den von ihnen erwarteten Fortgang wider. Das Thema Personal- und Fachkräftemangel beschäftigt nicht nur die betroffenen Branchen, die Beschäftigten und die Arbeitgeberverbände, sondern ist durch die ganz konkret spürbaren Auswirkungen mittlerweile auch in der Politik mit einem deutlich höheren Stellenwert als bisher versehen worden. Dr. Ottilie Klein, Mitglied des Deutschen Bundestages und des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages, stellte politische Lösungsvorschläge für den Personalmangel aus Sicht der Oppositionsfraktion CDU/CSU und diesbezügliche Forderungen an die Regierung vor. Dass auf uns allein durch bereits bekannte Faktoren wie den demografischen Wandel und die Digitalisierung massive Veränderungen in der Erwerbstätigkeit der nächsten Jahre zukommen, die nicht unerhebliche Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und insbesondere den Dienstleistungssektor haben werden, ist seit Langem bekannt. Der Druck, mit dieser Herausforderung umzugehen und eine effektive Strategie zu erarbeiten, ist aber in der jüngsten Vergangenheit und durch die erstmals so deutlichen Merkmale der Veränderung ungleich höher geworden.

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