77 DSD 3 | 2024 Entscheidungsgründe Das Oberlandesgericht stellte – wenn auch aufgrund des Verfahrensablaufs lediglich im Rahmen einer Kostenentscheidung – fest, dass der Auftraggeber gegen das Transparenzverbot des § 97 Abs. 1 GWB verstoßen hatte, indem er die Kalkulationsgrundlage für den SVS nicht hinreichend transparent vorgeben hat, sodass ein wesentlicher Umstand für die Preisermittlung unklar geblieben sei. An der erforderlichen Eindeutigkeit der Vorgaben fehle es bereits dann, wenn der Auftraggeber differenzierte Vorgaben in einem Preisblatt fordert, die sich maßgeblich dem fachkundigen Bieter nicht erschließen. Maßgeblich sei hier eine Auslegung der Vergabeunterlagen nach einem objektiven Maßstab und dem Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters, der mit der Leistung vertraut ist. Nach Auffassung des OLG war es daran bemessen für einen verständigen Bieter nicht eindeutig, welcher Tariflohn in dem Kalkulationsschema für die Kalkulation des SVS als tariflicher Mindestlohn zugrunde zu legen gewesen wäre. Der zu dem Zeitpunkt der Angebotsabgabe geltende Mindestlohn betrug 11,11 Euro, ab dem 1. Januar 2022 stieg dieser auf 11,50 Euro und ab dem 1. Januar 2023 auf 12,00 Euro. Die Laufzeit des Vertrages sollte frühestens am 1. September 2023 enden, sodass drei tarifliche Mindestlöhne während der Vertragslaufzeit zu zahlen waren. Angesicht des Umstandes, dass § 14 des Vertrages eine Regelung zur vertraglichen Preisanpassung nur für den Fall des Inkrafttretens eines neuen Tarifvertrages vorsah, mithin die tariflichen Mindestlohnerhöhungen während der Laufzeit des aktuellen Tarifvertrages keine Berücksichtigung bei der vertraglichen Preisanpassung fanden, konnten die verständigen Bieter den im Kalkulationsschema anzugebenden Tariflohn unterschiedlich verstehen. Auch das Wertungsergebnis habe dies offenbart, da einige Bieter nachweislich den aktuellen Tariflohn zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe angegeben haben, andere einen an den während der Vertragslaufzeit geltenden Mindestlöhnen orientierten mischkalkulatorischen Mindestlohn. Das Kalkulationsschema der Auftraggeberin war insofern nicht eindeutig auf den aktuellen Tariflohn bezogen, da ein Hinweis darauf, ob beziehungsweise dass der aktuelle bei Angebotsabgabe anzugebende, geltende Tariflohn anzugeben war oder derjenige für die Gesamtlaufzeit sich dort nicht fand. Die im Kalkulationsschema geforderten Angaben waren insoweit missverständlich, sodass die Angebote aufgrund mangelnder und intransparenter Vorgabe des Auftraggebers nicht mehr miteinander vergleichbar waren. Praxishinweise Die Entscheidung zeigt erneut, dass sich eine dezidierte Prüfung der vertraglichen Grundlagen, der Leistungsbeschreibung und der abgefragten Bietererklärungen insbesondere bei Kalkulation eines Stundenverrechnungssatzes, wie es auch in den Ausschreibungen von Sicherheitsdienstleistungen Standard ist, als unentbehrlich erweist. Da nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung bei Mindestlohn- oder Tarifvorgabe im Vertrag beziehungsweise den Vergabeunterlagen und einem diesen Vorgaben nicht entsprechendem Mindest- oder Tariflohn im Angebot auch ein zwingender Ausschlussgrund infolge einer damit einhergehenden unzulässigen Veränderung der Vergabeunterlagen einhergeht, kommt einer zutreffenden Bietererklärung beziehungsweise -angabe des zutreffenden Mindest- oder Tariflohns im SVS-Kalkulationsschema maßgebliche Bedeutung zu. Dies bedeutet wiederum, dass der als Grundlage anzusetzende Mindest- oder Tariflohn hinsichtlich der maßgeblichen Geltung und der anzusetzenden Lohngruppe eindeutig definiert sein muss, da andernfalls die Angebote auf unterschiedlicher (tariflicher) Grundlage kalkuliert, mit den entsprechenden Zuschlägen bezuschlagt und sodann im Ergebnis nicht mehr vergleichbar sind. Die Vorgaben des Auftraggebers hinsichtlich der kalkulatorisch anzusetzen Tariflohns sollten daher stets eingehend geprüft werden, ob diese eindeutig und klar zu einem exakt definierten Tariflohn führen. Andernfalls sollten unbedingt entsprechende Fragen oder auch Rügen an den Auftraggeber hierzu gerichtet werden. VERGABERECHT
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