DER SICHERHEITSDIENST

76 DSD 3 | 2024 Wie detailliert ist der Stundenverrechnungssatz abzufragen? OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. August 2022 – Verg 58/21 Von Rechtsanwalt Alexander Nette Sachverhalt Der öffentliche Auftraggeber (AG) schrieb Gebäudereinigungsdienste europaweit aus. Der mit den Ausschreibungsunterlagen versandte Vertrag enthielt die Vorgabe, dass bei Inkrafttreten eines neuen, für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder einer anderen, gesetzlichen Mindestlohnerklärung im Gebäudereinigungshandwerk es zu einer Erhöhung der Lohnkosten kommen könne, die dem Auftragnehmer das Recht zur Vergütungsanpassung gibt. Sodann folgte eine Berechnungsformel. Weiter gab der Vertrag vor, dass alle zwischenzeitlich eintretenden Änderungen zum Beispiel bei den Sozialversicherungsbeiträgen oder dem Urlaubsentgelt unberücksichtigt blieben und die Anpassung der Vergütung frühestens am Tag mit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung in Kraft treten werde. Im Rahmen der Angebotsabgabe war durch die Bieter die Kalkulation eines Stundenverrechnungssatzes (SVS) unter Zugrundelegung des tariflichen Mindestlohns anzugeben. Die Antragstellerin legte ihrem Angebot einen mischkalkulatorischen tariflichen Mindestlohn von 11,66 Euro unter Berücksichtigung der Mindestlohnsteigerungen im Vertragszeitraum vom 1. Oktober 2021 bis zum 9. Februar 2022 zugrunde. 16 von 20 Bietern haben den zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe geltenden Mindestlohn von 11,11 Euro und vier Bieter einen mischkalkulatorischen Mindestlohn unter Berücksichtigung der Mindestlohnsteigerung im Vertragszeitraum zugrunde gelegt. Die Antragstellerin rügte nach Erhalt der Vorinformation des AG, der AG habe bei der Wertung nicht berücksichtigt, dass ein mischkalkulatorischer Mindestlohn anzugeben gewesen sei, da die im Vertrag vorhandene Preisanpassungsklausel die Tariflohnerhöhung des laufenden, für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages nicht erfasst habe. Da der Auftraggeber der Rüge nicht abgeholfen hat, leitete die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer ein, bei dem die Vergabekammer den Antrag zunächst zurückgewiesen und das Oberlandesgericht diesem sodann in der Beschwerdeinstanz stattgegeben hat. NETTE Rechtsanwälte, Recklinghausen, ist Fachanwalt für Vergaberecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Lehrbeauftragter für Vergaberecht und Vertragsmanagement an der Westfälischen Hochschule. Er ist spezialisiert auf die Beratung von Bietern und öffentlichen Auftraggebern in Vergabe- und Nachprüfungsverfahren. RA Alexander Nette, LL.M. Bild: #1319879300 / istockphoto.com VERGABERECHT

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==