75 DSD 3 | 2024 N. in anderer, geeigneter Weise nachgewiesen hat, infolge seiner Coronainfektion objektiv an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert zu sein. Urlaubsabgeltung im Altersteilzeitverhältnis Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. April 2023, C-192/22 Der EuGH hat entschieden, dass die Auslegung von § 7 Abs. 3 BUrlG, wonach der in der Arbeitsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erworbene, bisher nicht erfüllte Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub in der Freistellungsphase mit Ablauf des Urlaubsjahres oder zu einem späteren Zeitpunkt erlischt, europäischem Recht entgegensteht. Der Kläger war seit 1986 bei der Beklagten beschäftigt. Für die Zeit von Februar 2013 bis September 2019 vereinbarten die Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell. Die Freistellungsphase sollte am 1. Juni 2016 beginnen. Auf Antrag des Klägers gewährte die Beklagte ihm vom 4. bis 25. Mai 2016 seinen rechtlichen Urlaub aus 2016. Einem Hinweis hierauf war die Beklagte zuvor nicht nachgekommen. Der Kläger war vom 11. Mai bis zum Ende der Arbeitsphase arbeitsunfähig erkrankt. Davon betroffen waren zwei Zweidritteltage seines gesetzlichen Mindesturlaubs, dessen Abgeltung er klagweise geltend macht. Er ist der Auffassung, der Urlaub sei nicht verfallen, weil die Beklagte ihrer Hinweisobliegenheit nicht nachgekommen sei. Der EuGH entschied, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer durch die Ausübung seiner Arbeit im Rahmen einer Altersteilzeitregelung erworben hat, mit Ablauf des Urlaubsjahres oder zu einem späteren Zeitpunkt erlischt, wenn der Arbeitnehmer vor der Freistellungsphase wegen Krankheit daran gehindert war, diesen Urlaub zu nehmen, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um eine lange Abwesenheit handelt. Der EuGH betont, dass das Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub aus Art. 31 Abs. 2 GRC auch einen Anspruch auf Bezahlung umfasst und damit auch den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub. Der EuGH lädt dem Arbeitgeber damit das Risiko der Erkrankung seines Altersteilzeit-Arbeitnehmers auf, wenn dieser dadurch vor dem Wechsel in die Freistellungsphase seinen Urlaub nicht mehr vollständig nehmen kann. Zwar sammeln sich während der Freistellungsphase keine weiteren Urlaubsansprüche an, weil nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem Arbeitnehmer für die Freistellungsphase – unabhängig von deren Dauer – kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht. Die Vergleichbarkeit der Situation mit langzeiterkrankten Arbeitnehmern, wie das BAG sie gesehen hat, ist dennoch nicht von der Hand zu weisen. Die Entscheidung des BAG in der ausgesetzten Rechtssache steht noch aus (9 AZR 577/20 [A]). Dennoch sollten Arbeitgeber darauf achten, dass sie Arbeitnehmern in Altersteilzeit frühzeitig letzte Urlaubsansprüche vor dem Wechsel in die Freistellungsphase gewähren. Nicht gewährter Urlaub aus der Arbeitsphase ist anderenfalls abzugelten. Bild: #1573249868 / istockphoto.com RECHT
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