DER SICHERHEITSDIENST

58 4 | 2021 DER SICHERHEITSDIENST SICHERHEITSFORSCHUNG Experteninterviews im Rahmen der nationalen Fallanalysen Im Juni 2021 haben die Cash Logistik Security AG, die BDGW und das BIGS mit der Durchführung semi-strukturierter Experteninterviews mit Vertretern von Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen begonnen. Auf diese Weise sollen die Ergebnisse der im Vorfeld erfolgten Befragung der Geld- und Wertdienstleister spezifiziert und validiert werden. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe konnten sechs Interviews abgeschlossen werden. Mindestens vier weitere Interviews sollen bis Ende des Jahres folgen. Bisher konnten Vertreter von drei größeren (mehr als 249 Mitarbeiter) und drei mittelgroßen (50-249 Mitarbeiter) Unternehmen als Interviewpartner gewonnen werden. Die Unternehmen unterschieden sich außerdem hinsichtlich ihrer regionalen Reichweite und ihres jeweiligen Kundenfokus (Kreditinstitute, Handel, gemischtes Kundenportfolio). Die Interviews sind in zwei Themenbereiche unterteilt. Im ersten Teil der Interviews, über den im Folgenden näher berichtet wird, geht es um die Bewältigung und Aufarbeitung von Not- und Krisenfällen, Präventionsmaßnahmen sowie das Zusammenspiel der Bargeldakteure in derartigen Situationen. Imzweiten Teil geht es um eine betriebswirtschaftliche Risikoeinschätzung, die vor dem Hintergrund eines ausgewählten Krisenszenarios, z. B. bezüglich der Kostenentwicklung in einem solchen Fall, vorgenommen werden soll. In allen Interviews wurde über die aktuellen Erfahrungen der Unternehmen mit der Coronapandemie berichtet. Teilweise hatten die Unternehmen den Pandemiefall bereits im Vorfeld als Bestandteil ihrer Not- und Krisenfallplanungen berücksichtigt. Anders als darin angenommen standen aber in der Realität keinesfalls krankheitsbedingte Personalausfälle und damit einhergehende Probleme bei der Erbringung vonDienstleistungen imFokus. ImGegenteil – einerseits bedingt durch die umfangreichenSchließungen desHandels, andererseits durch sinkende Bargeldnachfrage der Verbraucher bei Kreditinstituten und an Geldautomaten während der Pandemie entfielen die entsprechenden Touren zu diesen Kunden. Nun stand nicht etwa zu wenig, sondern mehr Personal als benötigt zur Verfügung. Nur ein Beispiel dafür, dass kein Konzept den ersten Ernstfall „überlebt“, wie es ein Interviewpartner ausdrückte. Entsprechend passen die Unternehmen ihre Konzepte, auch nach geringfügigen Vorfällen, beständig neu an. Wie vor dem Hintergrund des Ergebnisses der vorherigen Umfrage unter den Geld- und Wertdienstleistern zu erwarten, war der Themenbereich IT und die Konsequenzen eines Ausfalls ein häufig benanntes Beispiel. Die Ursachen für derartige Ausfälle lassen sich dabei aber keinesfalls nur auf kriminelle Ursachen (z. B. Hackerangriffe) zurückführen, sondern liegen vielfach im Bereich des menschlich-technischen Versagens, außerhalb des Verantwortungsbereichs der Geld- und Wertdienstleister. In diesem Zusammenhang gab jeder zweite Befragte an, Erfahrungen damit zu haben, dass infolge von Bauarbeiten Internetleitungen beschädigt wurden und somit Kommunikationsprozesse beeinträchtigt waren. Bezogen auf die Kooperation mit anderen Akteuren des Bargeldkreislaufs kristallisieren sich ebenfalls Tendenzen heraus, die sich bereits in den Umfragen, die wir im letzten DSD-Artikel vorgestellt haben, angedeutet hatten. Besonders in Bezug auf die Kreditinstitute wurden über enge Verzahnungen berichtet. Nächste Arbeitsschritte Ziel der Projektpartner ist es, die nationalen Fallanalysen bzw. die Durchführung der Interviews bis Ende des laufenden Jahres abzuschließen. Auch die entsprechenden Auswertungen sollen noch in diesem Jahr beendet werden. Ergänzend dazu wollen die Projektpartner Interviews mit Geld- und Wertdienstleistern in Europa sowie ausgewählten Zentralbanken durchführen. Sofern es die Coronalage zulässt, streben sie die Durchführung bei den Unternehmen bzw. Institutionen vor Ort an. Auch diese Ergebnisse aus den internationalen Fallanalysen sollen dann in das Gesamtbild mit einfließen. Anschließend und beginnend mit dem kommenden Jahr treffen die Projektpartner Vorbereitungen für die Durchführung von Workshops. Im Rahmen dieser Veranstaltungen sollen die Zwischenergebnisse auch mit externen Experten besprochen werden. Diese Anmerkungen werden ebenfalls in die weiteren Arbeiten für das Sicherheitsrahmenkonzept einfließen. Mit den Ausformulierungen des Konzepts wird Ende des Jahres begonnen. Abb. 5: Bevorzugt zu behandelnde Schnittstellen in einem Sicherheitsrahmenkonzept aus Sicht der Akteure Quelle: Eigene Darstellung. Hinweis: Die Geld- und Wertdienstleister in Europa wurden aufgrund der Unterschiede in den nationalen Bargeldkreisläufen diesbezüglich nicht befragt. Das Projekt BASIC (Resilienz der Bargeldversorgung – Sicherheitskonzepte für Not- und Krisenfälle)wird imZuge der Bekanntmachung „Zivile Sicherheit – Sozioökonomische und soziokulturelle Infrastrukturen“ des BMBF im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung (www.sifo.de) gefördert.

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