DER SICHERHEITSDIENST

18 4 | 2021 DER SICHERHEITSDIENST GELD UND WERT Und im Rahmen der Bundesbank-Tagung „War on Cash: Is there a Future for Cash?“ unterstreicht Schneider diesen Aspekt erneut: „cash has a minor influence on the shadow economy, crime and terrorism, but potentially a major influence on civil liberties6. Dr. Ursula Dalinghaus, Universität Irvine, Kalifornien, kommt zu ähnlichen Ergebnissen: „there is little to no evidence to support the claim that restricting or eliminating cash payments will prevent terrorist attacks or financial crime.“7 Sie macht in ihrer Studie „Keeping Cash: Assessing the Arguments about Cash and Crime” aber noch auf einen anderen Aspekt aufmerksam. Bargeld ist auch für die Strafverfolgungsbehörden von Bedeutung. Bargeld ist oftmals das einzige Kennzeichen für illegale Aktivitäten. Weniger Bargeld bedeutet daher nicht weniger Kriminalität, sondern lediglich, dass die Strafverfolgungsbehörden weniger Ansatzpunkte für das Aufspüren krimineller Aktivitäten haben. „Restricting cash payments entails the criminalisation of legitimate payment activities”, so Dalinghaus in ihrer Studie. Die Überlegungen, das Bargeld tendenziell abzuschaffen, bzw. die Beschränkung der Bargeldnutzung durch Einführung von Bargeldobergrenzen untergraben darüber hinaus das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Autoritäten. Ein derartiger Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger ohne Vertrauensverluste in die Politik zu riskieren, sollte durch schwerwiegende Gründe und erhebliche mit einer Bargeldbeschränkung verbundene Vorteile begründet sein. Diese Vorteile sind aber nicht erkennbar. „As cash is neither the motivation nor the reason for shadow economies, crime or terrorist attacks, its abolition would not lead to large welfare gains“8. Für Schneider ist es daher für eine Demokratie charakteristisch, dass die Wahl zwischen Bargeld und anderen Zahlungsmitteln bei den Bürgern verbleibt. Die Bürger wollen nicht gezwungenwerden, die Bargeldnutzung einzuschränken. Die ESTA hat den Verordnungsentwurf hinsichtlich der geplanten Einführung einer Obergrenze bei Barzahlungen wohl am umfassendsten kommentiert. Sie hat der Kommission bereits im Juli ein Positionspapier vorgelegt und insbesondere zu der geplanten Maßnahme der Einführung einer einheitlichen Bargeldobergrenze Stellung bezogen. Dabei hat sie zunächst nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass sie die grundsätzlichen Ziele dieses Verordnungsentwurfs unterstützt. Die Bekämpfung von Geldwäsche, Kriminalität und Terrorismusfinanzierung ist im Sinne aller rechtschaffenen Bürger. Sie betont aber auch, dass die von der Kommission angepeilten grundsätzlichen Ziele mit einer Begrenzung von Bargeldzahlungen nicht zu erreichen sind. Mit der Begrenzung von Barzahlungen würde die EU-Geldwäschegesetzgebung zum ersten Mal in ihrer Geschichte die Nutzung eines einzelnen, spezifischen Zahlungsinstrumentes begrenzen. Die Einführung einer Obergrenze zielt auf alle Transaktionen zwischen Unternehmen (B2B) sowie auf Transaktionen zwischen Unternehmen und Privatpersonen (B2C). Sie zielt aber seltsamerweise nicht auf Transaktionen zwischen Privatpersonen (C2C). Seltsam, weil Kriminelle und Terroristen, soweit sie als Privatpersonen auftreten, und das dürfte üblicherweise der Fall sein, von dem Verbot ausgenommen sind. Was für einen Sinn macht es, ein Instrument für die Bekämpfung von Kriminellen und Terroristen zu schaffen und diese gleichzeitig vom Anwendungsbereich dieses Instruments auszunehmen? Eine Frage, die die ESTA zu Recht in ihrer Kommentierung stellt. Darüber hinaus zielt die Maßnahme, und das ist von entscheidender Bedeutung, auf alle Bürger und Unternehmen, von denen die große Mehrzahl über jeden Verdacht illegaler Aktivitäten erhaben sein sollte. Der Verordnungsvorschlag weicht daher zum ersten Mal von der bisher geltenden Regelung ab, dass Maßnahmen der Geldwäschegesetzgebung grundsätzlich auf einer eindeutigen Liste von Verpflichteten, von „obliged entities“ (siehe Geldwäschegesetz GwG), beruhen sollten. Mit der Tatsache, dass nunmehr alle Bürger und Unternehmen in den Fokus der Maßnahme fallen, weicht der vorliegende Entwurf von allen bisherigen Maßnahmen der Geldwäschegesetzgebung ab. Nun werden alle Bürger und Unternehmen zu „Verpflichteten“ und somit zu Verdächtigten im Sinne der Geldwäsche. Der Positionsentwurf der ESTA macht darüber hinaus deutlich, dass der Kommissionsvorschlag mit dem Europäischen Recht unvereinbar ist. Er verstößt gegen das in den europäischen Verträgen garantierte Recht des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 des Treaty on the Functioning of the European Union, TFEU). Die ESTA-­ Position kommt zu dem Ergebnis, dass „a measure of payment limitation is not necessary, ineffective and as such incompatible with EU law“. Der Verordnungsentwurf der Kommission ziele daher auf den „symbolischen Wert“ des Bargelds und weniger auf die gesteckten Ziele von Verhinderung von Geldwäsche, Kriminalität und Terrorismusfinanzierung. Fazit Bei dem Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission, eine Obergrenze bei Barzahlungen einzuführen, geht es nicht um die Verhinderung von Geldwäsche. Es geht darum, das Bargeld, die Bargeldnutzung grundsätzlich zu diskreditieren und die Bargeldnutzer, die Bürger, bei Barzahlungen in die kriminelle Ecke zu stellen. Wer Bargeld nutzt, macht sich einer kriminellen Handlung verdächtigt. Das ist die eigentliche Zielsetzung des Verordnungsvorschlags der Kommission. Worum es der Europäischen Kommission sowie der Politik insgesamt aber eigentlich gehen sollte, ist, zu gewährleisten, dass das einzige gesetzliche Zahlungsmittel, das Bargeld, weiterhin im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung sicher und uneingeschränkt eingesetzt werden kann. Darüber hinaus sollte sich die Politik dafür stark machen, eine uneingeschränkte Annahmepflicht von Bargeldzahlungen gesetzlich festzuschreiben. Für das gesetzliche Zahlungsmittel Bargeld dürfte es hier keine Ausnahmen geben. Die Einführung einer Obergrenze für Barzahlungen kann nur als ein weiterer Schritt in Richtung einer sukzessiven Abschaffung des Bargeldes und als ein Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger gewertet werden. Ich möchte diesen Beitrag nicht schließen, ohne einen dringlichen Appell an die deutsche Politik zu richten, dem Vorschlag der Kommission zur Einführung einer Barzahlungsobergrenze im Europäischen Parlament und Rat nicht zuzustimmen.

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