LUFTSICHERHEIT 24 DSD 2 | 2024 Der vertraute Feind? Innentäter – eine psychologische Einordnung Von Dr. Jenny K. Krüger und Dr. Signe Ghelfi Die sicherheitspolitische Situation in Europa befindet sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges in einer fragilen Lage. Die Unsicherheit nimmt zu und terroristische Organisationen wie der „Islamische Staat“ und Al-Qaida befinden sich wieder im Aufschwung.1 Die Bedrohung in Westeuropa durch Terrorismus geht in erster Linie von Einzeltätern aus, die sich teilweise auch nur lose mit den extremistischen Ideologien identifizieren. Flughäfen stellen für solche Täter weiterhin ein exponiertes Anschlagsziel dar, unter anderem aufgrund des hohen Personenaufkommens, der Herausforderung in der sowohl offenen wie komplexen Infrastruktur die Sicherheit überall und jederzeit gewährleisten zu können sowie aufgrund des ausgeprägten Medieninteresses. Ein blinder Fleck in diesem Kontext kann insbesondere auch das Risiko durch Innentäter darstellen. Gefährdung durch Innentäter? Es sind bereits über 20 Jahre vergangen, aber die Anschläge vom 11. September 2001 sind immer noch sehr präsent. Auch wenn damals noch andere Sicherheitsmaßnahmen galten als heute, war ein wesentliches Element für den Erfolg der Attentäter ihr Insiderwissen.2 Flughäfen sind komplexe Organisationen, in denen ein Zahnrädchen ins andere greift, damit der Betrieb funktioniert. Eine Unterbrechung in diesem Ablauf hat automatisch eine Kettenreaktion zur Folge. Alle Mitarbeitenden am Flughafen vom Reinigungspersonal über den Fluglotsen bis zu den Sicherheitsmitarbeitenden leisten einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit und tragen diese mit. Sicherheit ist in diesem Kontext umfassend zu verstehen. Innentäter können eine physische Gefährdung am Flughafen darstellen, aber es kann auch um technische Gefährdungen (z. B. technische Systeme blockieren) oder um monetären Schaden (z. B. Imageschaden) gehen.3 Definition von Innentätern Für ein holistisches Verständnis der Bedrohung durch Innentäter ist es relevant, zwischen zwei wesentlichen Gruppen zu unterscheiden. Der ausschlaggebende Faktor zur Unterscheidung bezieht sich hierbei auf die Handlungsabsicht. Während die eine Gruppe ausschließlich Personen umfasst, welche bewusst und gezielt handeln und somit zu Tätern werden, umfasst die zweite Gruppe Personen, die unwissend, unbewusst oder unvorsichtig zu Tätern beziehungsweise zu Unterstützern für eine Tat werden. Personen der zweiten Gruppe weisen demnach ursprünglich keine Absicht auf, eine kriminelle Tat zu vollziehen oder zu unterstützen, dennoch haben sie unbeabsichtigt Anteil daran. In der ersten Gruppe kann die Handlungsabsicht unterschiedlich sein und es gilt, diese Gruppe deshalb auch hinsichtlich der Motivationslage weiter zu differenzieren. Hierbei können Gründe wie persönliche Überzeugung (z. B. Radikalisierung), Notlagen (z. B. finanzielle Not, Erpressung) oder pures monetäres Interesse handlungsbegründend sein. Gleichfalls hat sich gezeigt, dass ebenso ausschließlich persönliche, negative Erfahrungen (z. B. nach einer als ungerechtfertigt erlebten Kündigung) dazu führten, dass Sabotageakte mit dem Ziel, der Organisation von innen zu schaden, ausgeübt wurden. Die Motivationslage bei den bewusst agierenden Innentätern ist dementsprechend sehr heterogen und muss nicht zwingend eine Radikalisierung oder eine starke Identifikation mit einer terroristischen Ideologie Wissenschaftliche Referentin im Bundespolizeipräsidium, Referat 24 – Luftsicherheitsaufgaben Deutschland Dr. rer. nat. Jenny K. Krüger, Dipl.-Psych. Bereichsleiterin Strategie der Bundeskriminalpolizei beim Bundesamt für Polizei fedpol Schweiz Dr. sc. ETH Signe Ghelfi 1 Europol, TE-SAT Report 2023. 2 Thevessen, E. (2012). Nine Eleven. Der Tag, der die Welt veränderte (1. Auflage). Ullstein Buchverlage GmbH. 3 R.J. Wallace, J.M. Loffi, The unmitigated insider threat to aviation (Part 2): An analysis of countermeasures, J. Transport. Secur. 7 (2014) 307–331, https://doi.org/10.1007/s12198-014-0150-6.
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