DER SICHERHEITSDIENST

GELD UND WERT 7 DSD 4 | 2022 Geldautomaten sicherer machen, Betriebsrisiken reduzieren Parameter zur Risikoanalyse gefährlicher Standorte Von RolandW. Sorke und Stefan Leßmann Immer mehr Geldautomaten werden gesprengt. Dabei nehmen die Schadenssummen zu. Sicherheitskonzepte und Technologien dagegen sind vorhanden. Sie müssten aber flächendeckend eingesetzt werden. Das Jahr 2022 hat das Potenzial dazu, das explosivste Jahr in der Geschichte zu werden, aus Sicht von Geldautomaten-Sprengern. Denn allein in den ersten fünf Monaten wurden in Deutschland laut Angaben des LKA Niedersachsen bereits 220 Sprengattacken auf Geldausgabeautomaten (GAA) verübt. Setzt sich diese Wachstumskurve fort, werden am Jahresende deutlich mehr als die 392 Sprengungen aus 2021 in der Statistik stehen. Für die Kriminellen lohnen sich leider derartige Angriffe immer noch – denn sie waren bei 48,2 Prozent erfolgreich und kamen ans Bargeld. Das entspricht einer zehn Prozent höheren Erfolgsrate als in den Vorjahren. Nordrhein-Westfalen verzeichnet mit 152 Angriffen immer noch die höchste Fallzahl. Es ist aber ein rückläufiger Trend zu erkennen, was die Vermutung zulässt, dass dies auf die bereits umgesetzten Maßnahmen der Banken zurückgeführt werden kann. Die Zahlen in den Nachbarländern Hessen und Niedersachsen sind indes teils merklich gestiegen. Ein Grund dafür kann eine Art Verdrängungseffekt sein, basierend auf immer besser abgesicherten GAAs in NRW. Ein Faktor bleibt aber nach wie vor die Entfernung zu den Niederlanden. Dort erarbeitete die Polizei in Kooperationmit den vier großen Bankinstituten über viele Jahre ein umfangreiches Präventionskonzept zur Sicherung von Geldautomaten und minimierte so die Tatgelegenheiten erheblich. Das letzte Lagebild des BKA deutet aber an, dass Täter nicht davor zurückschrecken, auch GAA in entfernteren Bundesländern anzugreifen, wenn der Taterfolg nahe der Grenze eingeschränkt wird. Ohne verwertbare Beute weniger Angriffe Jeder Geldautomat muss in den Niederlanden einer individuellen Risikobewertung unterzogen werden. Seit 2015 hat sich außerdem der Einsatz von intelligenten Tintensystemen flächendeckend verbreitet. Wird ein Geldautomat angegriffen, der diese enthält, färbt die Tinte die Banknoten ein und macht sie somit für den Täter unbrauchbar. Sie können weder ausgegeben noch umgetauscht werden – sie sind wie „wertloses buntes Papier“. Der Erfolg: Die Anzahl der Geldautomatensprengungen sank in den Niederlanden von 74 im Jahr 2019 auf nur noch 14 im vergangenen Jahr. Auch in Frankreich ist seit 2015 der Einsatz von Banknoteneinfärbesystemen unter anderem für frei aufgestellte und zugängliche Geldausgabeautomaten gesetzlich vorgeschrieben. Das Resultat spricht für sich: Die Fallzahlen reduzierten sich von 300 im Jahr 20131 auf nur noch 27 in 2021. Verabredung zur Tat per Chat Weil die hoch spezialisierten Kriminellen in ihrer Heimat keine lohnenden Angriffsziele mehr finden, drängen sie ins Nachbarland Deutschland. Dabei handelt es sich zu mehr als zwei Dritteln umTäter aus den Großräumen Utrecht und Amsterdam. Sie agieren als Banden in wechselnder Zusammensetzung. Die einzelnen Beteiligten kennen sich oftmals vorher nicht. Sie verabreden sich über Chatgruppen und lernen sich erst bei der Anfahrt zur Tat kennen. Einer der Gründe, weshalb die Ermittlungen oft erfolglos enden. Darüber hinaus gibt es weitere Tätergruppen, etwa aus Osteuropa, und andere Nachahmer. Letztere kommen zwar glücklicherweise nur selten an das Bargeld, allerdings verursachen sie oft immense Schäden. Bis zu dreimal mehr Festsprengstoff Weil sich Sprengungen nach der Einleitung von explosiven Gasen durch den Einsatz unterschiedlichster Sicherheitsmechanismen mittlerweile 11 Quelle: EUCPN (European Crime Prevention Network) „Preventing physical ATM attacks“ 2019 verantwortet als Geschäftsführer bei Diebold Nixdorf seil 2020 das Bankengeschäft in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich. Zuvor bekleidete er mehr als 20 Jahre verschiedene Positionen im nationalen und internationalen Bankenvertrieb in dem Unternehmen sowie seiner Vorgängerorganisation. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte in der Ausgabe 4/2022 der Zeitschrift gi Geldinstitute. www.geldinstitute.de Wir bedanken uns für die Abdruckgenehmigung. Roland W. Sorke

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