DER SICHERHEITSDIENST

GELD UND WERT 5 DSD 4 | 2022 der Geschichte sehen wir viele Beispiele dafür, dass neue digitale Technologien vorhandene analoge Technologien ergänzen, nicht aber ersetzen. Beispielsweise wurde das Telefon nicht obsolet, nachdem die E-Mail erfunden wurde. Verschiedene Technologien befriedigen also unterschiedliche Bedürfnisse und je nach individuellen Präferenzen werden die Menschen in unterschiedlichemMaße auf Bargeld zurückgreifen. Bargeld muss weiter gepflegt werden. Wenn wir wollen, dass weiterhin in größerem Umfang mit Münzen und Scheinen bezahlt wird, dann muss das Bargeld in einer sich ändernden Zahlungsmittellandschaft weiterhin attraktiv gehalten werden. Hierfür ist entscheidend, dass die Alleinstellungsmerkmale des Bargelds bestehen bleiben und womöglich erweitert werden. Auch ist entscheidend, den Bargeldkreislauf effizienter zu machen. Dies erfordert gemeinsame Anstrengungen aller am Bargeldkreislauf beteiligten Akteure, also auch der Wertdienstleistungsunternehmen. Gefordert ist hier selbstverständlich auch das Euro-System. Dessen aktuelle Bargeldstrategie bekennt sich klar zum Erhalt des Bargeldes. Ziel ist, dass das Euro-Bargeld auch in Zukunft als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel leicht verfügbar ist und im Handel allgemein akzeptiert wird. Dies könnte im europäischen Regelwerk noch einmal geschärft werden. Den nationalen Zentralbanken des Euro-Systems kommt in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle zu, die es durch konkrete Maßnahmen auszufüllen gilt. So hat die Bundesbank in den vergangenen Jahren einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag in ihre Bargeldinfrastruktur investiert und im vergangenen Jahr in Dortmund ihre bislang größte und modernste Filiale in Betrieb genommen. Dort sehen wir eine Vielzahl neuer, automatisierter Prozesse wie zum Beispiel den Einsatz fahrerloser Transportfahrzeuge. Zudem wurden die bestehenden 31 Filialen der Bundesbank zuletzt mit hochmodernen Geldbearbeitungsmaschinen ausgestattet, welche die Banknoten etwa 30 Prozent schneller bearbeiten können als das Vorgängermodell. Aber nicht nur die Kosteneffizienz, auch das „Produkt“, also die Banknoten und Münzen, gilt es im Blick zu behalten. Die Bargeldstrategie des Euro-Systems betont insbesondere die Themen Sicherheit und Nachhaltigkeit. Die Euro-Banknoten müssen immer auf dem technisch neusten Stand sein, um Fälschern das Handwerk so schwer wie möglich zu machen. Gleichzeitig soll der ökologische Fußabdruck der Bargeldproduktion und -logistik möglichst gering ausfallen. Wie man das Bargeld zukunftsfähig aufstellen kann, dazu machen wir uns in der Bundesbank eine Menge eigener Gedanken. Seit Anfang des Jahres führen wir zusammen mit einem privaten Forschungsinstitut eine eigene Studie zum Bargeld der Zukunft durch. Wir möchten wissen, wo das Bargeld in Deutschland in 15 bis 20 Jahren steht und mit welchen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen wir zukünftig konfrontiert sind. Dafür ist es wichtig, dass wir die zukünftigen Bedürfnisse und Herausforderungen der Bargeldnutzerinnen und -nutzer und anderer im Bargeldkreislauf involvierter Akteure besser verstehen. Um dies zu tun, gehen wir neue Wege und verwenden bei der Studie Techniken der sogenannten Zukunftsforschung. Dabei versuchen wir nicht die Zukunft vorherzusagen. Vielmehr wollen wir mögliche Szenarien herausarbeiten, in denen dargestellt wird, wie sich ein bestimmter Aspekt (eine Technologie, ein Produkt oder etwa gesellschaftliche Werte) voraussichtlich entwickeln könnte und was dies für die Zukunft des Bargeldes jeweils bedeuten würde. Zur Entwicklung der Zukunftsszenarien haben wir unter anderem Interviews mit verschiedenen Gruppen von Bargeldnutzern geführt und weitere Bargeldakteure zu ihren Motivlagen und Zukunftsvorstellungen im Bargeldbereich befragt. Auf der Grundlage der herausgearbeiteten Szenarien sollen dann in einem zweiten Schritt bundesbankintern Handlungsoptionen für eine evidenzbasierte und vorausschauende Bargeldstrategie der Bundesbank erarbeitet werden. Mit ersten Ergebnissen der Studie rechnen wir nicht vor dem ersten Halbjahr 2023. Es ist aber schon absehbar, dass die Digitalisierung in den Studienergebnissen eine große Rolle spielen wird. 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 912 936 980 1.042 1.110 1.153 1.199 1.261 1.323 1.465 1.580 1.580 Milliarden Euro-Bargeld im Umlauf Gesamtwert des im Umlauf befindlichen Euro-Bargelds im Euro-Raum (in Mrd. €) Quelle: EZB / März 2022

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