22 DSD 1 | 2025 Katastrophenhilfe (BBK) hat in Zusammenarbeit mit fachlich kompetenten Partnerorganisationen „Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen“ erarbeitet (Band 17 der Reihe „Praxis im Bevölkerungsschutz“). Zufahrtsschutz Am 19. Dezember 2016 steuerte ein islamistischer Täter einen Sattelzug in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin. 13 Menschen wurden getötet, 67 teilweise schwer verletzt. Am 20. Dezember 2024 raste ein Arzt mit saudi-arabischem Migrationshintergrund in den Strom der Besucher des Magdeburger Weihnachtsmarktes, ermordete sechs von ihnen und verletzte etwa 300 ebenfalls teilweise schwer. Die Tatmuster in Berlin und in Magdeburg waren dieselben: Die Täter nutzten eine nicht gesicherte Einfahrt in der Absperrung. Die von der Stadt Magdeburg gebilligte Sicherheitskonzeption des Veranstalters sah offenbar vor, dass die vier Zufahrten zum Areal durch Betonklötze, miteinander verbunden durch Stahlketten, gesichert werden sollten, um die Einfahrten, die zugleich Flucht- und Rettungswege waren, flexibel zu sperren. Nach den bekannt gewordenen Ermittlungen waren die Stahlketten aber nicht angebracht worden. Außerdem muss die Frage geklärt werden, ob die Betonklötze im Boden verankert waren und wie hoch ihre Widerstandsfähigkeit war. Sowohl als ständiger sowie als zeitlich begrenzter Durchfahrtsschutz werden vor allem Poller eingesetzt. Unterschieden werden Standardpoller oder Poller mit geringer Einbautiefe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (Versorgungs- und Stromleitungen), halbautomatische manuell bediente Poller für selten genutzte Durchfahrten und automatische Poller mit elektrohydraulischem, elektromechanischem oder elektropneumatischem Antrieb, die besonders geeignet sind, wenn Durchfahrten sehr häufig gesperrt und freigegeben werden müssen. Einzelne Poller können einer Aufpralllast von 926 kN (kiloNewton – entspricht 7,5 t mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h) widerstehen. Weitere geeignete Sperrvorrichtungen sind Barrieren, die nur eine flache Fundamenttiefe erfordern und auch die Zufahrt für Motorräder sperren können. Oberflächenmontierte Barrieren können allerdings nicht auf glatten Böden befestigt werden (Prof. Gause, Northern Business School, im VfS Handbuch „Zufahrtsschutz für die Praxis“, 2024). Christian Schneider, Experte für Zufahrtsschutz bei UNOCT, hat eine herstellerübergreifende detaillierte Matrix unterschiedlichster zertifizierter Zufahrtsschutzbarrieren mit Eckdaten und Barrieredaten einschließlich Öffnungsdauer, Lebensdauer und Widerstandskraft erstellt. Eine ausführliche Beschreibung von Pollern und Durchfahrtssperren enthält z. B. eine Produktbroschüre des Unternehmens Hörmann (Stand November 2024), unter anderem neben den verschiedenen Pollerstandards die mobilen Fahrzeugsperren OktaBlock und Roadblocker M 30 für die flexible und zertifizierte Absicherung von Veranstaltungen. In Kooperation mit der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes hat die TU Cottbus- Senftenberg in einem vom BMI geförderten Projekt zwei DIN-Standards (SPEC 91414-2 „Anforderungen in der Planung für den Zufahrtschutz“ und ISO 2234-2„Sicherheit und Resilienz – Fahrzeugsicherheitsbarrieren – Teil 2: Anwendung“), eine „Handreichung für Kommunalverantwortliche“ und eine Liste von geprüften Produkten veröffentlicht. Der BHE hat in der Informationsschrift „Zufahrtschutzkonzepte“ auf der Grundlage dieses Projekts eine kompakte„Einführung in den Zufahrtschutz“ herausgegeben. In den Akten von Sicherheitsbehörden finden sich nach Informationen des BKA 105 Vorgänge über den Täter von Magdeburg, die offenbar nicht zusammengeführt und insgesamt ausgewertet worden sind. Es wird nie gelingen, jeden potenziellen Amokfahrer rechtzeitig zu ermitteln. Aber eine lückenlose perimetrische Absicherung einer Menschenansammlung kann sie wirksam vor Amokfahrten schützen. Noch viel schwerer ist ein sich bewegender Zug von Menschen vor Amokfahrten abzusichern. Am 13. Februar raste ein Autofahrer mit einem vermutlich islamistischen Tatmotiv in München in das Ende eines Demonstrationszuges der Gewerkschaft ver.di, nachdem er ein Polizeiauto, das dem Zug folgte, überholt hatte. Die Opferbilanz: der Tod einer Frau mit ihrer zweijährigen Tochter und mindestens 37 teilweise schwer Verletzte. Durch mobile Einsatzkräfte abgesichert werden müsste ein solcher Demonstrationszug nicht nur am Anfang und am Ende, sondern ebenso an allen zu überquerenden Straßen. In Köln wurden zur Sicherung des Rosenmontagsumzugs 2025 mehr als 1.500 Polizisten, ca. 300 Mitarbeiter des Ordnungsamtes und etwa 1.200 Sicherheitskräfte von Sicherheitsdienstleistern eingesetzt. Und mehrere Karnevalsumzüge wurden aus Sicherheitsgründen abgesagt. WIRTSCHAFT UND POLITIK Bild: # 507240417 / istockphoto.com
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==