DER SICHERHEITSDIENST

WIRTSCHAFT UND POLITIK 22 DSD 1 | 2024 industrie mit einem Drittel der jährlichen Umsatzeinbußen (334 Mio. Euro) besonders betroffen. Die Korruptionskriminalität ist seit Jahren rückläufig, auch im geschäftlichen Verkehr. 348 solcher Verdachtsfälle waren 2021 in der PKS registriert. Sie sind nach dem im September 2023 veröffentlichten Bundeslagebild Korruption 2022 weiter auf 184 Verdachtsfälle zurückgegangen – bei einem ungewiss hohen Dunkelfeld. Wirtschaftsspionage Die Spionagegefahr ist sowohl für den staatlichen Bereich – insbesondere für den Verteidigungssektor – als auch für die Wirtschaft seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gewachsen. Das BfV geht in einer Warnung am 30. Juni 2023 davon aus, dass russische Aktivitäten insbesondere im Cyberraum künftig noch zunehmen werden. Und es ist überzeugt, dass China alle Mittel und Wege sowohl im Cyberraum als auch in der Realwelt nutzen wird, um seinen Technologiebedarf zu decken. Nach einem Bericht der Washington Post könnten chinesische Spionagedrohnen in großer Höhe mit dreifacher Schallgeschwindigkeit eingesetzt werden. Cybercrime Cyberkriminalität stellt in den letzten Jahren die größte kriminelle Bedrohung der deutschen Wirtschaft dar. Und sie wird auch künftig weiter zunehmen. Nach dem im August 2023 vom BKA zusammen mit Bitkom vorgestellten Bundeslagebild Cybercrime 2022 wurden fast 137.000 Cyberattacken registriert, also fast 16 durchschnittlich in jeder Stunde. Und da sind weder die vielen nicht angezeigten Cyberangriffe mit erfasst noch die aus dem Ausland heraus begangenen Taten. Nach dem Wirtschaftsschutzbericht von Bitkom beliefen sich die durch Cybercrime verursachten Schäden 2022 auf 203 Mrd. Euro. Der Betrag ist doppelt so hoch wie die Schadensschätzung 2019. Ransomware bleibt die primäre Bedrohung für Unternehmen. 66 Prozent der von Sophos 2023 befragten Führungskräfte von 3.000 Unternehmen gaben an, von Ransomware-Attacken betroffen zu sein. Phishing ist der Haupteintrittsvektor für Schadsoftware. Nach dem Lagebericht des BSI zur IT-Sicherheit in Deutschland 2023 schreitet die Professionalität der Angriffe unvermindert voran. Mehr als 2.000 Schwachstellen in Softwareprodukten – davon 15 Prozent sogenannte kritische – wurden durchschnittlich im Monat gefunden. Das ist ein Zuwachs von 24 Prozent. 66 Prozent aller Spammails waren 2023 Cyberangriffe (34 % Erpressungsmails, 32 % Betrugsmails). Rund 21.000 infizierte Systeme wurden täglich erkannt und vom BSI an die deutschen Provider gemeldet. In einem Interview mit der FAZ am 12. Januar 2024 erklärt die neue BSI-Präsidentin Claudia Plattner, die Waffenarsenale privater und staatlich angebundener Cyberarmeen seien gut gefüllt. Die Angriffswellen rollten, oft gesteuert durch KI und vollautomatisch. Die virtuellen Einschläge kämen fast im Sekundentakt näher. Nichts und niemand könne sich derzeit noch in Sicherheit wägen. Wer das tut, begehe einen schweren Fehler. Das klingt wie Kriegsberichterstattung. Und die Professoren Haya Schulman von der Universität Frankfurt a. M. und Michael Waidner von der TU Darmstadt beklagen in derselben Zeitung die „Schwachstelle Internetsicherheit“. Diese wichtigste Infrastruktur unserer Zeit sei völlig unzureichend geschützt. Es sei erschreckend einfach, Nachrichten abzufangen und ganze Netze vom Internet zu trennen. Deutschland überlasse das Thema den USA und China und verkenne völlig, dass es damit jede Chance vergibt, auf die weitere Entwicklung des Internets und seiner Governance Einfluss zu nehmen. Fazit Auch 2024 stellt die Kriminalitätsentwicklung die Sicherheitsbehörden, Forschungsinstitutionen und die Sicherheitspolitiker ebenso wie die Unternehmensführungen und die Sicherheitswirtschaft vor große Herausforderungen. Sie bleibt insgesamt auf hohem Niveau, und die Professionalität der Täter wächst mit dem rasanten technologischen Fortschritt. Aber es gibt viele, immer wirksamere, vor allem technische und strategische Präventionsmöglichkeiten, mit denen diese Herausforderung bewältigt und die Resilienz der Unternehmenssicherheit gestärkt werden kann. Bild: # 1128808032 / istockphoto.com

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