DER SICHERHEITSDIENST

LUFTSICHERHEIT 3 DSD 1 | 2023 Tarifpolitik „Flughafensicherheit“ in Zeiten der Krise Von Rainer Friebertshäuser Auch das Jahr 2022 war wieder einmal von tarifpolitischen Herausforderungen im Bereich der Luftsicherheit geprägt. Im Tarifergebnis mit den Gewerkschaften ver.di und dbb Anfang des Jahres 2019 wurde festgehalten, die Themen Manteltarif sowie Zuschläge und Zulagen im Bereich der Flughafensicherheit während der dreijährigen Laufzeit des Tarifvertrages zu verhandeln. Sehr schnell wurden diese Verhandlungen aber durch die Realität der sich schnell ausbreitenden Coronapandemie und deren immense Folgen, insbesondere für den Luftverkehr, eingeholt: Die wirtschaftliche Lage der Unternehmen, und damit natürlich die unabsehbaren personellen Auswirkungen, führten zur Einsicht, die Verhandlungen auf die nicht lohnwirksamen Bestandteile zu begrenzen. Aber auch hier waren die coronabedingt in kleinen Kreisen geführten Verhandlungen zäh und führten nur in wenigen redaktionellen Bestandteilen des Manteltarifvertrages zu Annäherungen. Die Wirklichkeit holte die Arbeitgeber dann in den Verhandlungen zum Entgelttarifvertrag Aviation ein: Die Gewerkschaften forderten für das Jahr 2022 bei einer zwölfmonatigen Laufzeit Erhöhungen von bis zu 40 Prozent sowie die Erhöhung der Zeitzuschläge und Zulagen für Führungskräfte. In den Erhöhungen war auch die Angleichung der teilweise noch länderspezifischen Löhne sowie die Abschaffung von Probezeit- und Einstiegsentgelten integriert. Neu war in den Verhandlungen, dass diese nicht bereits während der Laufzeit des alten Entgelttarifvertrages begonnen wurden, sondern erst Ende Januar 2022. Arbeitgeberseitig wurde bereits in der ersten Verhandlungsrunde ein Angebot unterbreitet, dass im Wesentlichen seitens der Gewerkschaften unkommentiert blieb. Bereits Mitte Februar wurden erste Streiks durchgeführt, diese zogen sich bis in die zweite Märzhälfte hin. In äußerst schwierigen Gesprächen gelang erst Ende März ein komplexer Tarifabschluss, der bei einer zweijährigen Laufzeit, unter Betrachtung der Angleichung in den Ländern Erhöhungen bis zu 28 Prozent vorsah. Allerdings lag der Text des Tarifvertrages erst nach einer rekordverdächtigen Dauer der Redaktionsverhandlungen Ende April vor. Schaut man sich die Abschlüsse bundesweit an, so ist dies ein enorm hoher Abschluss. Die Tariflöhne in Deutschland stiegen im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 2,7 Prozent. Im Jahr 2022 wurden für etwa 7,4 Millionen Beschäftigte neue Tarifverträge abgeschlossen. Hinzu kommen für weitere 12 Millionen Beschäftigte Tarifsteigerungen, die bereits 2021 oder früher vereinbart wurden. Die älteren Tarifverträge sehen dabei mit durchschnittlich 2,6 Prozent etwas niedrigere Tarifsteigerungen vor als die 2022 getätigten Neuabschlüsse, bei denen die durchschnittlichen Tarifzuwächse bei 2,9 Prozent liegen. Ohne Berücksichtigung der Metall- und Elektroindustrie liegen die 2022 neu vereinbarten Tariferhöhungen bei 4,2 Prozent und weisen damit einen deutlichen Trend zu höheren Tarifabschlüssen auf. Allerdings gab es 2022 auch einige Tarifbereiche, in denen höhere Abschlüsse erzielt wurden. Dies galt insbesondere für eine Reihe klassischer Niedriglohnbranchen wie z. B. das Bäckereihandwerk, das Gastgewerbe, die Gebäudereinigung oder das Bewachungsgewerbe, wo die deutliche Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde sich auch in einem entsprechend kräftigen Zuwachs der Tarifvergütungen niederschlug. Seitdem wird weiterhin über Zulagen für Führungskräfte sowie die Zeitzuschläge verhandelt. Die Gewerkschaften haben begleitend zu den Verhandlungen den Manteltarifvertrag zu Ende 2022 gekündigt. Trotz erster Annäherungen beharren die Gewerkschaften auf Steigerungen der Zeitzuschläge auf die maximal nach Steuerrecht möglichen Erhöhungen. Eine Kompromissbereitschaft ist nicht erkennbar, sodass ein Ende dieser Verhandlungen nicht absehbar ist. Leiter der Tarifkommission des BDLS Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen Rainer Friebertshäuser

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==