DER SICHERHEITSDIENST

66 4 | 2021 DER SICHERHEITSDIENST RECHT Tarifliche und arbeitsvertraglich vereinbarte Mehrarbeitszuschläge – keine Addition Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Mai 2019, AZ: 8 Sa 332/18 Die Parteien streiten über Mehrarbeitszuschläge für die Monate Dezember 2017, Januar und April 2018. Der Kläger war seit dem 15. November 2003 als vollzeitbeschäftigter Sicherheitsmitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag erhielt der Mitarbeiter ab der 201. Monatsarbeitsstunde einen Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent. In dem anzuwendenden Tarifvertrag vom 19. Januar 2017 für Sicherheitsdienstleistungen in den Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland ist festgelegt, dass ein Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent ab der 209. Monatsarbeitsstunde anfällt. Der Kläger arbeitete im Dezember 2017 211 Stunden, im Januar 2018 226 Stunden und im April 2018 211 Stunden. Die Beklagte zahlte den Bruttostundenlohn, der im Dezember 2017 10,72 Euro betrug und ab Januar 2018 11,04 Euro sowie einen Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 Prozent ab der 201. Stunde auf das jeweilige Stundengrundentgelt. Der Kläger forderte einen zusätzlichen Mehrarbeitszuschlag von 25 Prozent ab der 209. Stunde. Da eine Staffelung von Mehrarbeitszuschlägen durchaus auch in Tarifverträgen vorkomme, sei die Beklagte verpflichtet, von der 201. bis zur 208. Stunde 25 Prozent und ab der 209. Stunde 50 Prozent Mehrarbeitszuschlag an ihn zu zahlen. Das LAG Rheinland-Pfalz wies die Klage ab und hat einen Anspruch des Klägers auf einen weiteren Zuschlag ab der 209. Arbeitsstunde im Monat über den von der Beklagten gezahlten Zuschlag ab der 201. Stunde im Monat in Höhe von 25 Prozent hinaus verneint. Denn ein etwaiger tariflicher Anspruch auf Zahlung eines Mehrarbeitszuschlags in Höhe von 25 Prozent ab der 209. Stunde im Monat wäre durch die Leistung des Zuschlags in Höhe von 25 Prozent bereits ab der 201. Stunde durch die Beklagte erfüllt. Aus der Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelung und der hier maßgeblichen tarifvertraglichen Regelung ergibt sich, dass es um denselben Gegenstand geht. Nach Maßgabe des Günstigkeitsprinzips steht dem Kläger lediglich einmal der Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 Prozent zu und zwar ab der 201. Stunde gemäß der arbeitsvertraglichen Regelung. Für das Verhältnis von tarifvertraglichen und arbeitsvertraglichen Regelungen gilt die Kollisionsregel des § 4 Abs. 3 TVG. Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt ein Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Zu vergleichen sind dabei die in einem inneren, sachlichen Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen (sog. Sachgruppenvergleich). Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien eines Arbeitsvertrags die vertraglichen Regelungen vor oder nach Inkrafttreten des Tarifvertrags vereinbart haben. Für den Regelungsgegenstand Zuschläge ist dabei maßgeblich, ob diese unterschiedliche Fallkonstellationen und unterschiedliche Erschwernisse betreffen. Auslegung und Vergleich der arbeitsvertraglichen sowie der tarifvertraglichen Regelung ergeben im vorliegenden Fall, dass der Anspruch auf den Mehrarbeitszuschlag nach dem Arbeitsvertrag sowie nach dem Tarifvertrag denselben Zweck hat. Er gleicht die Belastungen der Arbeitnehmer, die durch eine vermeidbare Überschreitung einer bestimmten Arbeitszeit entstehen, durch ein zusätzliches Entgelt aus. Denn beide Regelungen machen den Anspruch auf den Mehrarbeitszuschlag allein davon abhängig, dass über ein bestimmtes Monatssoll hinaus gearbeitet wird. Die beiden Zuschläge vergüten demzufolge die gleiche Erschwernis. Arbeitsrecht in Kürze Von Rechtsanwältin Cornelia Okpara RA Cornelia Okpara ist stv. Hauptgeschäftsführerin des BDSW Bundesverband der Sicherheitswirtschaft.

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