LUFTSICHERHEIT 26 DSD 2 | 2024 Sicherheitsplanung: Das Sicherheitskonzept muss angepasst werden! Von Rochus Zalud Als der Geiselnehmer am 4. November 2023 mit seinem Pkw unter Einsatz seiner Gesundheit und der seiner Tochter die Barrieren am Nordtor des Flughafens Hamburg durchbrach, dauerte es nicht lange, bis die Medien bzw. die Polizei bessere Sicherungsmaßnahmen für die Verkehrsflughäfen in Deutschland forderten. Die Flughäfen München und Frankfurt seien gute Vorbilder. Tatsächlich sind die gesetzlichen Anforderungen neu zu definieren und deren Umsetzung muss angeordnet werden. Eigentlich muss man den Aktivisten der sogenannten letzten Generation, dem Geiselnehmer und den bewusst in Schranken und Toren sowie Zäune fahrenden Autofahrern (9/2023 Flughafen München: „Mann rast mit Mietauto in Sicherheitszaun“) dankbar sein: Angefangen von Sicherheitsberatern, -planem bis hin zu ausführenden Firmen ist dies ein lukratives Konjunkturprogramm für die nächsten Jahre. Wie viel Sicherheit ist notwendig? Bei Flughäfen wird immer wieder um die Ausprägung der Grenze zwischen Land- und Luftseite diskutiert: Die Gleichwertigkeit von Sicherheitsmaßnahmen in Gebäuden, zwischen Nutzflächen angrenzend in Außenbereichen in Terminalnähe bis hin zu den weitläufigen Perimeterflächen, die kontrolliert werden müssten, sei nicht gegeben, heißt es. Aber ist dies tatsächlich so? Als technisch versierter Insider, der die verbauten Bauteile und Komponenten kennt, muss man grundsätzlich feststellen, dass ein rechtswidriges Eindringen zu Fuß oder mit einem Fahrzeug an allen Flughäfen gegeben ist. Und dieses Eindringen setzt nicht zwangsläufig einen hohen Kraftaufwand voraus. Ganzheitliche Betrachtung Deshalb erscheint uns bei der aktuellen Diskussion über eine Verbesserung des Sicherheitskonzeptes der Ansatz einer ganzheitlichen Betrachtung von Gefährdung, Risikoakzeptanz und Umsetzbarkeit von Sicherheitsmaßnahmen in Vergessenheit zu geraten. Deshalb dazu einige Überlegungen: • Eine wirksame Maßnahme gegen das Eindringen von Fahrzeugen ist die (erzwungene) Reduzierung von Geschwindigkeit. Kurvenreiche Straßen und Wege helfen ebenso wie z. B. eine bewusste Anordnung von Kreisverkehren. Überlegungen von Firmen und auch Flughäfen zu solchen verkehrsplanerischen Maßnahmen laufen in der Regel wegen der ungeklärten Finanzierungen bei den Kommunen und Länder ins Leere. • Könnten dann nicht wenigstens planerische bzw. gutachterliche Beauftragungen zu Nachweisen von alternativen konstruktiven Lösungen im öffentlichen Bereich (durch statische Berechnungen bzw. numerische Simulationen) ein Weg sein? • Sowohl in städtischen Umgebungen als auch im Umfeld von Unternehmensstandorten scheint das Thema „Fahrzeugeindringschutz“ derzeit kontrovers diskutiert zu werden. Pflastern wir unsere Städte mit Sicherheitspollern zu? Ist es realistisch, kilometerlange Grundstücksgrenzen gegen das Eindringen zu schützen? Ein Fahrzeug kommt genauso schnell durch einen Zaun wie durch eine Schranke! • Eine sinnvolle Maßnahme jedes Sicherheitskonzeptes ist die frühzeitige Detektion von Eindringtätern. Warum werden solche Maßnahmen (bei Einsatz von Kameras) im öffentlichen Bereich mit Hinweis auf den sorgsamen Umgang mit personenbezogenen Daten erschwert? Wollen wir Täter schützen? • Eine gute Sicherheitsplanung lässt keine Fluchtwege aus niedrigen durch hohe Schutzzonen zu. Warum ist das aber an fast jedem Flughafen heute immer noch Standard? Müssen wir hier nicht, wenn es bauDipl.-Ingenieur konstruktiver Ingenieurbau (TH), Sicherheitsberater, seit 1991 Redaktionsmitglied des Sicherheit-Berater Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte in der Ausgabe 24-2023 des SicherheitsBerater. www.sicherheits-berater.de Wir bedanken uns für die Abdruckgenehmigung. Rochus Zalud
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==