DER SICHERHEITSDIENST

35 DSD 1 | 2023 WIRTSCHAFT UND POLITIK „Der Streit hat sich gelohnt“ Gerade in Zeiten des Beschäftigtenmangels braucht es Anreize zur Arbeitsaufnahme anstatt welche dagegen. Überall spüren wir den sich immer weiter ausweitenden Mangel an Beschäftigten. Zum 1. Januar 2023 wurde das Bürgergeld nun eingeführt. Es ist das Ergebnis eines Kompromisses, der zu begrüßen ist. Es hat sich gezeigt, dass unsere Demokratie auch in Krisenzeiten streitbar, aber auch handlungsfähig ist. Der Kompromiss ist eine Kurskorrektur in die richtige Richtung. Dabei rückt das Prinzip des Förderns und Forderns richtigerweise wieder zurück in den Fokus, ein Grundsatz, der für die Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik unabdingbar ist: Leistung muss sich lohnen! Was genau wurde korrigiert? Veränderungen bei den Karenzzeiten und beim anrechenbaren Schonvermögen sowie bei eindeutigeren Regelungen bei den Mitwirkungspflichten. Damit sind auch die Kritikpunkte unseres Verbandes aufgegriffen worden. Die ursprünglich beabsichtigte Ausrichtung der Bundesregierung barg das Risiko, dass sich das Problem des Mangels an Arbeitskräften noch weiter verschärft hätte. Gerade der Wegfall von Sanktionen bei Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht der Leistungsempfänger wäre nicht zielführend gewesen, umdie Betroffenen zu motivieren, einer Tätigkeit nachzugehen. Wir brauchen Maßnahmen, die den Wiedereinstieg in eine Berufstätigkeit unterstützen und nicht verhindern. Insoweit hat sich der Streit zwischen Bundesrat und Bundesregierung, zwischen Regierung und Opposition, gelohnt. Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft und der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) Geschäftsführerin der ToSa Security & Service GmbH & Co. KG Florian Graf Julia Al Fawal „Fördern UND fordern“ Der Gedanke, dass das Bürgergeld dazu einlädt, sich weniger um Arbeit zu bemühen und mehr das arbeitslose Leben zu genießen, liegt nah. Jedoch will die Bundesregierung im Rahmen des Bürgergelds mehr Mittel für Qualifizierung und Weiterbildung zur Verfügung stellen. Dies wiederum könnte Arbeitssuchende, die mit ihrer derzeitigen Ausbildung nicht zufrieden sind, für das Sicherheitsgewerbe qualifizieren und somit neue Bewerber erreichen. Ebenso werden die Verdienstgrenzen angehoben, sodass geringfügig Beschäftigte und „Midi-Jobler“, die arbeitssuchend gemeldet sind, mehr hinzuverdienen und mehr Stunden arbeiten dürfen. Dies bildet selbstverständlich keinen Anreiz, sich eine Vollzeitbeschäftigung zu suchen. Aber wenn wir ehrlich sind, gibt es derzeit auch viele Arbeitnehmer im Sicherheitsgewerbe, die solche Teilzeitmodelle bevorzugen, ohne eine Vollzeitbeschäftigung anzustreben. Jedoch vermittelt gerade die sogenannte Vertrauenszeit von sechs Monaten den Eindruck, dass man nach der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses erst einmal eine gewisse „Ausruhphase“ hat. Und da sehe ich das eigentliche Problem: Es gibt nun mal eine hohe Fluktuation von Arbeitnehmern von einer Sicherheitsfirma zu der nächsten. Wenn dieser Personenkreis, der in der Regel sofort eine neue Beschäftigung in einem anderen Sicherheitsunternehmen finden würde, dem Arbeitsmarkt zum Teil sechs Monate nicht mehr zur Verfügung steht, dann kann das eine große Rolle bei der ohnehin schon vorhandenen Personalknappheit spielen. Es darf eben nicht nur gefördert, sondern es muss auch Leistung abgefordert werden.

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