DER SICHERHEITSDIENST

SICHERHEITSTECHNIK 9 DSD 3 | 2022 im Geschäft?“ die Antwort lauten könnte, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent der Anteil männlicher Kunden bei z. B. 70 Prozent lag. Mit dieser Aussage kann man aus Marketingsicht sicherlich gut agieren und entsprechende Rückschlüsse ziehen. Ganz anders sieht es jedoch abseits von BI-Anwendungen aus. Verwendet man Videoüberwachungssysteme im Bereich der Sicherheit, um z. B. Gebäude vor unbefugtem Eindringen zu schützen, genügt es nicht, wenn man eine Aussage wie z. B. „mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent haben heute ca. vier Personen versucht über den Zaun zu klettern“ als Rückmeldung vom Videomanagementsystem bekommt. In diesem Umfeld werden Videoanalysen benötigt, die im besten Fall mit nahezu 100-prozentiger Genauigkeit relevante Vorfälle entdecken und melden. Aus diesem Grund haben sich Videoanalysen, die rein auf neuronalen Netzen basieren, in diesem Segment nach wie vor nicht etablieren können. Die Herausforderung beim Einsatz von neuronalen Netzen in „freier“ Umgebung beginnenmit unerwarteten Objekten oder sehr schwer zu modellierenden Szenarien (Witterungseinflüsse, Tag/Nacht, unvorhersehbares Verhalten von Personen usw.). Um neuronale Netze zu trainieren, braucht man Unmengen von Bildern. Realistische Daten für die benötigten Einsatzszenarien sind allerdings nicht einfach zu beschaffen, da öffentlich zugängliche Bilder meist nicht den in diesen Szenarien realen Anwendungsfällen entsprechen. Personen (Einbrecher, Saboteure usw.) tarnen sich (z. B. schwarze Kleidung bei Nacht, weiße Kleidung auf Schnee usw.), verstecken sich hinter Gegenständen (siehe Abbildung 2) und bewegen sich oftmals nicht natürlich (kein aufrechter Gang, sondern z. B. Kriechen oder Robben; siehe Abbildung 3). Dies sind große Herausforderungen für gängige neuronale Netze, deren Klassifikatoren auf Basis sich natürlich bewegender Personen und selten aus dem typischen Blickwinkel einer Überwachungskamera trainiert sind. Seit über 55 Jahren beschäftigt man sich bei Securitons Technologiemarke IPS Intelligent Video Software äußerst erfolgreich mit der Entwicklung eines ganzheitlichen und intelligenten Alarmmanagementsystems. Dieses besteht aus dem IPS VideoManager und den zugehörigen IPS VideoAnalytics und wird zum Schutz relevanter und systemkritischer Infrastrukturen wie z. B. dem Energiesektor (Energieerzeuger oder -verteiler, PetroChemie usw.), behördlicher Einrichtungen (z. B. Justizvollzugsanstalten) oder der produzierenden Industrie (z. B. Automotive, Lebensmittel) eingesetzt. Wegweisend wird auch hier seit mehreren Jahren daran geforscht, die etablierten und hervorragenden Videoanalyse-Algorithmen durch den Einsatz neuronaler Netze zu unterstützen und stetig weiter zu verbessern. Initial wurde damit begonnen, die IPS Videoanalysen um Objektklassifikatoren zu erweitern und Störobjekte (z. B. Wolkenschatten, Spiegelungen, sich bewegende Büsche) auszufiltern, um so die Rate der unerwünschten Alarme stetig zu reduzieren. Im nächsten Schritt wurden NNs zur Personendetektion eingebaut, um Alarme zu verifizieren und somit die Rate der gewünschten Alarme zu verbessern. Aktuell wird daran gearbeitet, das Objekttracking (automatische Objektverfolgung mittels PTZ-Kameras über mehrere Kameras hinweg) ebenfalls durch den Einsatz von NNs zu optimieren. Die Zukunft der neuronalen Netze liegt jedoch sehr wahrscheinlich nicht darin, sie mit immer größeren Datenmengen immer besser für bestimmte Einsatzzwecke zu trainieren, sondern darin, dass sie Anomalien erkennen. Ein NN, das über eine Art von Gedächtnis verfügt, kann selbstständig über die Zeit lernen, ob sich im analysierten Bild eine Anomalie gebildet hat (z. B. eine Person sich durch das Bild bewegt) und muss somit nicht mehr trainiert werden. Solche Algorithmen sind allerdings noch nicht einsatzbereit, wenngleich die Forschung auf Hochtouren läuft. Abbildung 2: Person versteckt sich hinter einem Spiegel Abbildung 3: Diese robbende Person wird von gängigen Netzen auf Kameras nicht erkannt. Bild: Siemens AG Bild: Securiton Deutschland

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