DER SICHERHEITSDIENST

SICHERHEITSTECHNIK 8 DSD 3 | 2022 KI in der Videosicherheit – Chancen und Risiken – eine Standortbestimmung Von Peter Treutler Seit einigen Jahren etabliert sich das Marketingversprechen, dass Videomanagementsysteme und zugehörige Videoanalysen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) intelligenter, effektiver und somit kostengünstiger wären. Doch was bedeutet eigentlich KI? Warum erwartet man vom Einsatz KI-gestützter Systeme Vorteile? Wo liegen deren (aktuelle) Grenzen? Der Begriff KI – Künstliche Intelligenz wurde im Jahr 1956 bei einem Treffen mehrerer Wissenschaftler im US-Bundesstaat New Hampshire geboren. Das Konzept der künstlichen Intelligenz beschäftigt die Menschheit jedoch seit vielen Jahrhunderten. Maschinen, die auf Augenhöhe mit dem Menschen Arbeit für den Menschen übernehmen können. KI ist jedoch ein sehr weit gefasster Begriff, der in aller Regel höchste Erwartungen weckt, jedoch erst einmal nichts über die Funktionalität und Qualität jedwedes Produktes aussagt. Einfach ausgedrückt werden mit dem Begriff KI Software oder Programme zusammengefasst, die Probleme alleine lösen können. Eine spezielle Methode bzw. ein Teilbereich der KI ist das „Machine Learning“ (ML). Hierunter versteht man Algorithmen, die von Daten lernen können. Im Ansatz des „überwachten Lernens“ muss der Mensch hierbei die Daten und ebenso die Algorithmen vorgeben und darüber hinaus den Entscheidungsprozess überwachen (z. B. das ist ein Bild mit einem Apfel, das ist ein Bild ohne Apfel, lerne die Unterschiede und versuche Äpfel auch in anderen unbekannten Bildern zu erkennen). Beim Ansatz des „unüberwachten Lernens“ muss der Computer selbst Strukturen in Daten (z. B. in Bildern) erkennen und diese sortieren. Interpretiert werden können diese sortierten Daten dann aber nur vom Menschen selbst. Wiederum ein Teilbereich des Machine Learnings ist „Deep Learning“. Hier kommen für die Analyse (sehr) großer Datensätze „künstliche neuronale Netze“ (KNN, meist als NN abgekürzt) zum Einsatz. Neuronale Netze lehnen sich an die Funktionsweise des menschlichen Gehirns an. Daten werden extrahiert und analysiert und im Anschluss daran wird eine Schlussfolgerung bzw. eine Prognose erstellt (z. B. mit 90 Prozent Wahrscheinlichkeit ist ein Apfel im Bild zu sehen). Der Grundsatz des Deep Learnings unter Anwendung von neuronalen Netzen ist dabei allerdings nicht neu. Schon in den 1940er-Jahren wurde damit experimentiert. Jedoch wurden wirkliche Erfolge durch die wenig performanten Computersysteme und den fehlenden Zugang zu ausreichend großen Datensätzen ausgebremst. Durch Big Data (nahezu uneingeschränkter Zugang zu jeglichen Daten über das Internet) und entsprechend leistungsstarke Computer und Grafikkarten sind diese Hürden jedoch abgebaut. Neuronale Netze sind mittlerweile in der Lage, sehr große und unstrukturierte Datensätze (z. B. Bilder, Videos, Texte, Töne usw.) auszuwerten und Muster zu entdecken und wurden damit zumTreiber des Hypes der letzten Jahre, auch im Markt der Videosicherheitssysteme (siehe Abbildung 1). Im Bereich der Videosicherheit haben sich KIbasierte Videomanagementsysteme und sogenannte „intelligente“ Videoanalysen über die letzten Jahre sehr stark im Bereich der „Business Intelligence“ (BI) etabliert. Primär marketing- oder prozesstechnisch relevante Informationen wie z. B. Altersdurchschnitt oder Geschlecht der Kunden, Kundenströme auf der Verkaufsfläche, Verweildauer von Kunden vor bestimmten Regalen usw. können mit spezialisierten „intelligenten“ Videoanalysen bei entsprechender Fehlertoleranz relativ leicht bestimmt werden. Was bedeutet das? Da die Qualität eines neuronalen Netzes unmittelbar mit der Art und Menge der Trainingsdaten zusammenhängt, können vorab trainierte Systeme (z. B. durch den Hersteller während der Produktentwicklung) beim Einsatz in unterschiedlichsten Szenarien niemals eine annähernd 100-prozentigeTrefferquote erzielen. Das bedeutet, dass z. B. auf die Frage „wie viele weibliche bzw. männliche Kunden waren heute Prokurist und Bereichsleiter IPS Intelligent Video Software bei Securiton Deutschland. Als Mitglied der Geschäftsleitung steuert er den Entwicklungsstandort in München für die Softwareprodukte IPS VideoManager und IPS VideoAnalytics und leitet den internationalen Vertrieb. www.ips.securiton.de Peter Treutler Abbildung 1: Im Artikel beschriebene Teilbereiche der künstlichen Intelligenz (insgesamt werden derzeit bis zu acht Teilbereiche unterschieden) / Bild: Securiton Deutschland

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