DER SICHERHEITSDIENST

WIRTSCHAFT UND POLITIK 29 DSD 2 | 2022 Damit sind wir erneut bei der Frage, was wir genau wollen!Wollen wir Polizeischutzhunde mit eher kompromissloser Konstitution, lässt sich die „schmerzfreie“ Ausbildung in der Praxis kaum umsetzen, was auch verhaltensbiologisch erklärbar und argumentativ nicht widerlegbar ist. Liebäugeln wir hingegen mit der „weicheren“ Variante, können wir tatsächlich ausbilderische Wege wählen, die unsere Gesellschaft als tierschutzkonform bezeichnen dürfte. Es steht dann allerdings die Frage der Leistungsfähigkeit im Raum. Noch ein weiterer Aspekt, an den viel zu wenig gedacht wird: Nur wenige Gebrauchshunde sind geeignet, den besonderen Anforderungen einer polizeilichen Schutzhundeausbildung mental gewachsen zu sein. Das bedeutet beispielsweise, die wenigsten Deutschen Schäferhunde können heutzutage die an einen Polizeischutzhund gestellten Anforderungen erfüllen. In diesem Zusammenhang eignen sich nach persönlicher Einschätzung nur rund fünf Prozent (!) aller regulär gezüchteten Deutschen Schäferhunde für den Einsatz als Polizeischutzhund. Ein Grund, weshalb schon vor über 20 Jahren die Polizei weltweit auf andere Gebrauchshunderassen umgestiegen ist. Insbesondere der belgische Schäferhund Malinois hat im Laufe der letzten Jahre zunehmend zur Verdrängung des Deutschen Schäferhundes geführt. „Vorarbeit“ als wichtiger Diskussionsaspekt Der Ankauf von geeigneten Diensthunden erfolgt in der Regel in einem Alter zwischen einem und zwei Jahren. Dies geschieht meist bei Gewerbetreibenden, die vor dem Verkauf der angebotenen Hunde im wahrsten Sinne des Wortes „Vorarbeit“ leisten. Wer nun glaubt, dass sich die Verkäufer geeigneter Schutzhunde in der „Vorbereitung“ künftiger Polizeischutzhunde um rechtliche, ethische oder moralische Vorgaben kümmern, wird nicht immer enttäuscht – aber meistens. Das bedeutet, die geeigneten Hunde sind bereits vorausgebildet, haben die „Härten“ der Ausbildung kennengelernt und lassen sich im Training und im Einsatz als Polizeischutzhunde oftmals nicht mehr auf „weichere“ Ausbildungsmethoden ein. Deutlich positiver – und tierschutzkonform – kann die Ausbildung von Schutzhunden erfolgen, wenn diensthundehaltende Behörden die Zucht geeigneter Polizeischutzhunde selbst in die Hand nehmen. Hier sind „gewaltfreie“ Alternativen mit einem letztlich immer noch akzeptablen Leistungsniveau durchaus denkbar. Allerdings gilt hier wieder zu bedenken, dass sich nicht jeder „selbst gezüchtete“ Diensthund tatsächlich auch für den späteren Schutzhundeeinsatz eignet. Es gab und gibt Diensthundeeinrichtungen, die züchterisch auf Eignungsquoten von rund 50 Prozent stoßen. Hier muss allerdings immer auch der behördliche Blick auf die Sache berücksichtigt werden. Für manche Behörden waren oder sind die Kosten für eine polizeieigene Zucht aus Kostengründen (Zeit-, Personal- und Organisationsaufwand) einfach zu hoch. Das heißt, im Bemühen um optimierte Lösungen spielt auch der „Rotstift“ in den Behörden eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ausnahmeregeln in der Ausbildung sinnvoll? Mit gemischten Gefühlen sehe ich das Bestreben von Polizeigewerkschaften, über den Bundesrat generelle Ausnahmeregelungen zur Tierschutz-Hundeverordnung für die Ausbildung von Polizeihunden zu erwirken. Wenn diese Forderung noch präzisiert werden könnte, Die neue Tierschutz-Hundeverordnung regelt die Ausbildung von Polizeischutzhunden – und wird derzeit heftig diskutiert Bild: virgil maierean/unsplash.com

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