GELD UND WERT 9 DSD 4 | 2025 unaufgeregtes Eigenleben führen. Dann, wenn das Sparschwein schwer wird und das Klingeln der Münzen beim Schütteln fast schon wie ein Versprechen klingt, ist es Zeit für die Ernte. Man breitet die Münzen aus und zählt sie – ein fast schon ritueller Akt, bei dem sich langsam ein Beitrag herauskristallisiert, der oft die erste Anzahlung für den nächsten Urlaub bildet. Diese Münzen sind die stummen Zeugen unserer kleinen, täglichen Entbehrungen und Wünsche, die sich am Ende in eine wohlverdiente Auszeit verwandeln. Ein digitales Sparkonto kann das Ziel vielleicht schneller erreichen, aber es fehlt ihm das klare, klickende Geräusch des Erfolgs. Der Witz im Portemonnaie Manchmal ist es auch einfach nur lustig. Wer hat nicht schon einmal versucht, an der Supermarktkasse die exakte Summe zu zahlen, während sich hinter einem eine immer länger werdende Schlange bildet? Oder die schiere Freude, wenn man unter dem Sofa eine vergessene Münze findet? Das ist der Humor, den das digitale Bezahlen niemals liefern kann. Ein „Konto im Plus“ ist super, aber ein gefülltes Portemonnaie hat eine ganz andere Magie. Ja, Bargeld ist manchmal unpraktisch und man kann es verlieren. Aber es ist auch der Ort, an dem sich Emotion und Ökonomie treffen. Es ist die Erinnerung an die Großmutter, die das erste Eis bezahlt hat. Es ist das Gefühl von Freiheit, das die Privatsphäre schützt. Es ist die kleine Geste der Großzügigkeit auf der Straße. Es ist ein Stück unserer Geschichte und Menschlichkeit. Es ist der Beweis, dass nicht alles, was effizient ist, auch perfekt sein muss. Und genau aus diesem Grund wird Bargeld – dieses emotionale und so herrlich (un)praktische Stück Kultur – uns wohl noch lange erhalten bleiben. Zwischen Tresor und Bäckerei – wie Mittelständler Deutschlands Bargeld am Laufen halten Von Uwe Wendorf Brötchen gegen Bares – und keiner fragt, wie das Geld dahin kam Man geht zum Bäcker, legt einen Zehner hin, bekommt Brötchen und Wechselgeld – und denkt keine Sekunde darüber nach, dass dieser banale Akt das Ergebnis einer hochkomplexen, streng regulierten und mitunter kafkaesken Logistikkette ist. Bargeldlogistik ist der unsichtbare Blutkreislauf der Wirtschaft – und die, die ihn am Puls halten, tragen keine Maßanzüge aus dem Glasturm, sondern Sicherheitswesten aus dem Mittelstand. Zwischen Tresor und Bäckerei balancieren sie täglich zwischen Bürokratie, Sicherheitsauflagen und Cent-Margen – und das mit stoischer Gelassenheit. Hochsicherheit mit Handschlagmentalität Wer bei Geldtransporten an muskelbepackte Fahrer mit Sonnenbrillen denkt, hat nur die halbe Wahrheit gesehen. Die Bargeldlogistik ist kein Actionfilm, sondern ein Präzisionsgeschäft mit mathematischer Akribie. Täglich werden Milliarden bewegt – von Banknoten über Münzen bis zu den Einnahmen aus Supermärkten und Stadtbussen. Und das nicht etwa mit einem Schulterzucken, sondern unter einem Regelwerk, das selbst Juristen ins Schwitzen bringt. ISO-Zertifizierungen, Bundesbank-Vorgaben, Bewachungsverordnungen, Geldwäscheprävention, EU-Richtlinien – jedes Gramm Münzgeld scheint ein eigenes Kapitel im Bürokratie-Buch zu haben. Während Konzerne wie Brink’s, Prosegur oder Loomis dafür ganze Compliance-Abteilungen beschäftigen, muss beispielsweise der Mittelständler aus Nordhessen dieselbe Latte mit einem Bruchteil der Ressourcen überspringen. Und das täglich. Wenn die Bürokratie mitfährt – auf dem Beifahrersitz Die Realität klingt wie ein Wirtschaftskrimi mit schlechtem Drehbuch: Ein Familienbetrieb mit 120 Mitarbeitenden, 20 gepanzerten Fahrzeugen und drei IT-Fachkräften muss jährlich unendlich Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der ESD Wertdienstleistungen GmbH www.esd.de Uwe Wendorf
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