GELD UND WERT 8 DSD 4 | 2025 Die leisen Scheine und klingenden Münzen: warum Bargeld mehr als nur Bezahlung ist Von Dr. Markus Lehnert Wir leben in einer Welt, die sich gefühlt immer schneller und digitaler dreht. Ein Fingertipp auf dem Smartphone, eine kurze Berührung der Kreditkarte – und schon ist der Einkauf erledigt. Bargeld scheint für viele in der heutigen Zeit ein Relikt aus der Vergangenheit zu sein. Ein alter Freund, den man nur noch aus Höflichkeit ab und an besucht. Doch wer glaubt, dass die leisen Scheine und klingenden Münzen nur schnöde Zahlungsmittel sind, der hat die Rechnung ohne unser Herz gemacht. Denn Bargeld hat einen emotionalen Wert, der tief in unserer Psyche und unseren Erinnerungen verwurzelt ist. Der Tastsinn der Kindheit Erinnern Sie sich an Ihr erstes Taschengeld? Bei mir war es ein Moment, der sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt hat. Ich war vielleicht sieben Jahre alt und meine Oma drückte mir eine knisternde 5-Mark-Note in die Hand. Es war nicht einfach nur Geld; es war ein Versprechen, eine Welt voller Möglichkeiten. Ich hielt den Schein fest in meiner kleinen Faust, spürte das Papier zwischen den Fingern und die Prägung auf dem Porträt. Das war nicht wie die Zahl auf einem Kontoauszug. Das war echt. Greifbar. Es war der Schlüssel zu einem Eis, einem Schokoriegel oder dem neuesten Micky-Maus-Heft. Und jeder Pfennig, den ich ausgab, war eine bewusste Entscheidung, nicht nur eine unsichtbare Transaktion. Und genau das ist der Punkt: Bargeld aktiviert unsere Sinne. Wir sehen es, wir fühlen es und manchmal riechen wir es sogar, wenn es nach den Weiten eines Flohmarktes oder dem Geruch der Bäckerstube duftet. Dieses haptische Erlebnis schafft eine Bindung, die ein digitaler Chip niemals ersetzen kann. Eine Überweisung ist abstrakt. Sie ist eine nackte Information, die von A nach B geht. Bargeld hingegen ist ein greifbares Gut, dessen Wert wir buchstäblich in den Händen halten. Ein Anker in unsicheren Zeiten In einer immer unbeständigeren Welt dient Bargeld aber auch als psychologischer Anker. Es ist die letzte Bastion der Privatsphäre. Wir können damit bezahlen, ohne Spuren zu hinterlassen, ohne dass ein Algorithmus unsere Kaufgewohnheiten analysiert und uns die nächste Werbung für vegane Hundekekse vorspielt. Es ist der rebellische Akt des alltäglichen Lebens, ein kleiner, stiller Protest gegen die Überwachung. Dieser Aspekt der Freiheit und Autonomie ist sehr beruhigend. Wenn das Internet ausfällt oder die Stromversorgung zusammenbricht, ist Bargeld die Währung, die uns vor dem totalen Stillstand bewahrt. Es ist der Plan B, der in einer Welt voller technischer Abhängigkeiten überlebt. Und das gibt ein Gefühl von Kontrolle, von Sicherheit, das keine digitale Wallet in dieser Form bieten kann. Der Charme der kleinen Münze und das klingende Sparschwein Neben dem großen Schein hat auch die kleine Münze ihren ganz eigenen Charme. Sie ist bspw. der Grundstein für spontane Spenden in den Hut eines Straßenmusikers. Doch viele Münzen landen nicht sofort im Umlauf. Sie fallen in Gläser, in leere Flaschen oder in Sparschweine, wo sie ein Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der BS Beck Sicherheitsdienst GmbH & Co. KG www.ugl-sicherheit.de Dr. Markus Lehnert Bild: # 656207318 / istockphoto.com
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