DSDDER SICHERHEITSDIENST 4 | 2025 Fachmagazin für die Sicherheitswirtschaft 77. Jahrgang Postvertriebsstück – DPAG – Entgelt bezahlt | DSA GmbH · Postfach 1201 · 61282 Bad Homburg Bild: # 1168372533 / istockphoto.com Bild: # 2201951845 / istockphoto.com GELD UND WERT
22. – 25. September 2026 www.security-essen.de Die Leitmesse für Sicherheit SECURE YOUR BUSINESS Zum 1. Mal parallel: die EURO DEFENCE EXPO – die neue internationale Fachmesse der Verteidigungsindustrie BUCHEN SIE JETZT!
1 DSD 4 | 2025 Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) Michael Mewes Bargeld bewahren – Krisen meistern – Freiheit sichern Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, die Zeit ist geprägt von teils disruptiven geopolitischen Entwicklungen, Kriegen und Krisen sowie sehr dynamischen Märkten. Die Notwendigkeit, die Resilienz der deutschen bzw. europäischen Gesellschaft zu stärken, wird vonseiten der Politik regelmäßig betont. Basis dafür ist die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit Kritischer Infrastrukturen und Dienstleistungen auch in Not- und Krisenzeiten. Das im September 2025 verabschiedete KRITIS-Dachgesetz soll diesem Ziel dienen. Zu den kritischen Dienstleistungen gehören zweifellos auch die Sicherheitsdienstleistungen und die Aufrechterhaltung des Bargeldkreislaufes, für den unsere Geld- und Wertdienstleister eine entscheidende Rolle spielen. Leider regelt das neue Gesetz nur Pflichten und gewährt keine – im Krisenfall unverzichtbaren – Sonderrechte wie z. B. Telekommunikationsbevorrechtigung, Tankbevorrechtigung, Aufhebung der Arbeitszeitenbeschränkung u. v. m. – hier ist dringender Nachholbedarf seitens des Gesetzgebers gegeben. Wir als Geld- und Wertdienstleister sind zudem beunruhigt von den laufenden Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene und in Deutschland. Eine neue Zahlungsdiensterichtlinie (PSD 3) ist in Arbeit, die in der heutigen Entwurfsfassung möglicherweise eine Zulassungspflicht für Teile unserer Dienstleistungen begründen könnte, ohne dass dafür sachliche Gründe vorliegen. Die Einführung des digitalen Euros ist in Vorbereitung und der aktuelle Diskussionsstand sieht hierfür eine Annahmeverpflichtung vor, die dem einzigen heute existierenden gesetzlichen Zahlungsmittel, dem Euro-Bargeld, mit Hinweis auf die Vertragsfreiheit weiterhin verweigert werden soll. Und die regierende Koalition in Berlin hat vereinbart, ein Gesetz zu schaffen, das den Einzelhandel verpflichten soll, mindestens eine digitale Zahlungsalternative anzubieten. Auch der Bundesrat setzt sich für eine entsprechende Initiative ein. Dies alles vor dem Hintergrund, dass wir unverändert mit einem Bargeldparadoxon konfrontiert sind. Alle Umfragen bestätigen, dass die Verbraucher weiter mit Bargeld zahlen können wollen. Bargeld dient weiter zunehmend als Wertaufbewahrungsmittel und als Krisenrücklage, aber die Nutzung an der Ladenkasse geht kontinuierlich zurück. Dies führt natürlich zu einem fortschreitenden Abbau der Bargeldinfrastruktur. Dieser gefährliche Kreislauf wird zusätzlich befeuert durch die o. g. politischen Entwicklungen. Aber wie soll ein Bargeldkreislauf in Krisenzeiten funktionieren, wenn die Funktionsfähigkeit bereits in Normalzeiten nicht mehr umfänglich gesichert ist? Gemeinsam mit der ESTA (European Security Transport Association) und weiteren Pro-Bargeld-Organisationen stehen wir als BDGW an vorderster Linie und setzen uns für den Erhalt des Bargeldes und der Bargeldinfrastruktur ein – für die Menschen in Deutschland und die Betriebe und die Beschäftigten unserer KRITISrelevanten und für die Bargeldversorgung in Deutschland entscheidenden Industrie. Ein starkes Verbändenetzwerk ist in solchen Zeiten wichtiger denn je und es ist gut, dass viele Geld- und Wertdienstleister, die Partner und Lieferanten dieses Netzwerk tragen. Ein großes Dankeschön richte ich an die engagierten Mitarbeitenden unserer Mitgliedsunternehmen für ihre professionelle und anspruchsvolle Arbeit. Ihr Einsatz sorgt dafür, dass Wertdienstleistungen sicher und effizient erbracht werden. Mein Dank gilt auch der Geschäftsführung, den angestellten Mitarbeitenden und den ehrenamtlichen Mitstreitenden, die mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass die BDGW anerkanntes und gerne gehörtes Mitglied der Bargeld- Community ist. Ich wünsche Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start in das Jahr 2026. Bleiben Sie gesund! Ihr Michael Mewes EDITORIAL
2 DSD 4 | 2025 Editorial 1 • Michael Mewes: Bargeld bewahren – Krisen meistern – Freiheit sichern 1 Geld und Wert 3 • Burkhard Balz: Bargeld und die Zukunft des Bezahlens 3 • Michael Mewes: Bargeld erhalten – Bargeldkreislauf sichern 4 • Hasan Celebi: Kundenfokus als Erfolgsfaktor im schrumpfenden Bargeldsektor 5 • Ingo Hartmann: Die Perspektiven für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen in 2026 6 • Hans-Jörg Hisam: Sicherheit im Wandel – Verantwortung für Menschen und Werte 7 • Dr. Markus Lehnert: Die leisen Scheine und klingenden Münzen: warum Bargeld mehr als nur Bezahlung ist 8 • Uwe Wendorf: Zwischen Tresor und Bäckerei – wie Mittelständler Deutschlands Bargeld am Laufen halten 9 • Silke Zöller: Bargeld bewahren: Strategien für den Erhalt einer stabilen Bargeldinfrastruktur 10 • Stefan Hardt: Bargeld bewahren: Engagement für eine stabile Bargeldinfrastruktur 13 • Doris Schneeberger: Bargeld braucht einen klaren rechtlichen Rahmen 16 • Stefan Genth: Bargeld unter Druck: zwischen Tradition und Transformation 18 • Michaela Schröder: Bargeld im Alltag: Zugang und Akzeptanz sichern 20 • Kirsten Bock: Bargeld – kleine Scheine, große Wirkung 22 • Wolfgang Kneilmann: Der Cash Cycle muss digitaler werden 24 • Andreas Goralczyk: Aktuelles zu den zahlungsverkehrs- politischen Initiativen der europäischen Politik 26 • Wenn’s um Geld geht … 30 • Anna Lina Kleinfeldt: Zukunftssichere Kommunikation in der Wertlogistik 32 Büchermarkt 33 Who is Who der Geld- und Wertdienstleister 34 Wirtschaft und Politik 39 • Reinhard Rupprecht: Kundenberatung im KRITIS-Bereich 39 • Prof. Dr. Stefan Goertz: Spionage, Sabotage, Wirtschaftsschutz – (potenzielle) Innentäter 43 • Neue Lünendonk-Studie: Sicherheitsdienstleister werden digital 45 • Sebastian Otten: Business Continuity Management: Resilienz als strategischer Erfolgsfaktor 47 Sicherheitstechnik 49 • Silke Zöller: BDSW-Techniktagung 2025:„KI – und jetzt? Chancen und Risiken für die Sicherheitswirtschaft“ 49 Inhalt IT- und Cybersicherheit 52 • Andreas Albrecht: Neue Spielregeln für Sicherheitstechnik 52 Aus- und Weiterbildung 54 • Silke Zöller:„Kollege KI – Skills für die Zukunft“ 54 • Silke Zöller: Securitas GmbH Sicherheitsdienste Berlin erhält den 12. BDSW-Ausbildungspreis 55 • Im Gespräch mit Rafael Richter: Deutschlands jüngster Meister für Schutz und Sicherheit? 56 • Im Gespräch mit Sebastian Egglseder: „Moderne Führung basiert auf Vertrauen und Empathie“ 58 • Aktuelle News zum Förderprojekt„SIGGI“ 59 • Gemeinsam stark – der Mittelstand der Sicherheitswirtschaft 60 Wirtschaftsschutz 62 • Holger Köster: Qualität und Vertrauen als Basis für Resilienz 62 • Andreas Albrecht: Neue Verantwortung im KRITIS-Schutz 63 • RA Dr. Berthold Stoppelkamp: Analysen und Hilfestellungen zum Wirtschaftsschutz 65 Bericht aus Berlin 66 • RA Dr. Berthold Stoppelkamp: Drohnen über Deutschland – nicht abwehrbereit 66 Europa 70 • Alexander Frank: CoESS-Mitgliederversammlung stellt die Weichen für die Zukunft: öffentliche Auftragsvergabe und Krisenvorsorge im Fokus 70 Vergaberecht 72 • RA Alexander Nette: Referenzbewertung – Bezugnahme auf Referenzen Dritter 72 Intern 73 Impressum 74 Sicherheit von A bis Z 75 Das Letzte Wort 80 • RAin Cornelia Okpara: Kontinuität und Aufbruch 80 Anmerkung der Redaktion: Zur leichteren Lesbarkeit wurde auf zusätzliche Bezeichnungen in weiblicher Form verzichtet und nur die männliche Form verwendet. Angesprochen sind natürlich alle Geschlechter.
3 DSD 4 | 2025 GELD UND WERT – GRUSSWORT Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank und dort unter anderem für die Bereiche Bargeld, Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme, Digitaler Euro sowie den internationalen Zentralbankdialog verantwortlich. www.bundesbank.de Burkhard Balz Bargeld und die Zukunft des Bezahlens Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, beim Bäcker bezahlen wir bar, an der Supermarktkasse mit Karte und beim Online-Shopping wählen wir ein Internetbezahlverfahren. So oder so ähnlich handhaben es viele Menschen in Deutschland in ihrem Alltag. Der Deutschen Bundesbank ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft frei entscheiden können, wie sie bezahlen möchten, ob bar oder digital. Es ist kein Geheimnis, dass Bargeld immer seltener genutzt wird. Das bestätigen unsere regelmäßigen Erhebungen zum Zahlungsverhalten in Deutschland. Dagegen gewinnen digitale Zahlungen mit Karte oder einem mobilen Verfahren zunehmend an Bedeutung. Mit diesem Wandel wird Europa aber auch immer abhängiger von außereuropäischen Anbietern, denn nicht alle Euro-Mitgliedsländer haben eigene Kartensysteme. Nationale Kartenprodukte wie die Girocard können im Ausland nur durch Kooperationen mit außereuropäischen Anbietern genutzt werden. Das macht Europa in einer Kritischen Infrastruktur wie dem Zahlungsverkehr abhängig und verwundbar. Trotz vielversprechender Ansätze wie der Echtzeit-Zahlungslösung„Wero“ fehlt bislang eine flächendeckende europäische Alternative für digitale Zahlungen, die unabhängig von außereuropäischen Anbietern funktioniert. Hier setzt der digitale Euro an, den wir im Eurosystem derzeit gemeinsam entwickeln: Als elektronisches Zahlungsmittel wäre er einfach und flexibel für 350 Millionen Bürgerinnen und Bürger im Euroraum nutzbar und dank geplanter Offline-Funktionalität selbst ohne Strom und Internet einsatzbereit, was die Resilienz in Krisensituationen erhöhen würde. Und das Beste daran: Die Wahlfreiheit beim Bezahlen bliebe erhalten. Die Menschen könnten weiterhin selbst entscheiden, ob sie digital oder eben auch bar bezahlen möchten. Denn der digitale Euro würde das Bargeld nicht ersetzen, sondern als innovative Ergänzung eine weitere, moderne, europäische Bezahloption bieten. Ausdrücklich begrüßt die Bundesbank deshalb das „Single Currency Package“ der Europäischen Kommission, das nicht nur die Einführung des digitalen Euro ermöglichen, sondern auch das Bargeld stärken soll. Auch die Notenbanken im Eurosystem arbeiten engagiert an einer sicheren Bargeldversorgung, wie Stefan Hardt, Leiter des Zentralbereichs Bargeld der Bundesbank, in seinem Artikel auf Seite 13 in dieser Ausgabe erläutert. Und das aus guten Gründen – denn Bargeld ist an der Ladenkasse weiterhin das meistgenutzte Zahlungsmittel in Deutschland und unverzichtbar, nicht nur als Zahlungsmittel, sondern ebenso als ein Garant für Sicherheit und Unabhängigkeit. Dabei kommt der Sicherheits- und Wertdienstleistungsbranche eine zentrale Rolle zu. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung ist es wichtiger denn je, die flächendeckende und effiziente Bargeldversorgung zu sichern. Ihr Engagement trägt entscheidend dazu bei, das Bargeld auch in Zukunft zu stärken und die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger zu bewahren. Ihr Burkhard Balz Bild: # 1862883177 / istockphoto.com
GELD UND WERT 4 DSD 4 | 2025 Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der Cash Logistik GmbH www.cls.ag Bargeld erhalten – Bargeldkreislauf sichern Von Michael Mewes Digitaler Trend und politischer Druck Digitale Zahlungsmittel sind auf dem Vormarsch. Doch während Innovation begrüßenswert ist, gerät das Euro-Bargeld zunehmend unter Druck – nicht nur durch gesellschaftliche Trends, sondern auch durch politische Maßnahmen. Die Berliner Regierungskoalition plant ein Gesetz, das Händler verpflichtet, mindestens eine digitale Zahlungsalternative anzubieten. Der Bundesrat unterstützt diese Initiative. Hinzu kommen EU-Regeln zur Obergrenze bei Bargeldzahlungen, die Diskussion über die Abschaffung kleiner Münzen und das bevorstehende Legislativpaket zum Euro-Bargeld und digitalen Euro. Diese Schritte stärken die Bargeldnutzung nicht – sie gefährden eine stabile Bargeldinfrastruktur. Freiheit und Wahlmöglichkeiten Die entscheidende Frage lautet: Wie viel Freiheit sind wir bereit, für digitalen Fortschritt aufzugeben? Bargeld ist mehr als ein Zahlungsmittel. Es steht für Anonymität, Unabhängigkeit und soziale Teilhabe. Wer bar zahlt, hinterlässt keine digitalen Spuren und ist nicht auf Netz oder Smartphone angewiesen. Gerade für ältere Menschen, sozial schwächere und technikferne Bürger ist Bargeld ein unverzichtbares Instrument der Selbstbestimmung. Bargeld sichert Teilhabe – unabhängig von Einkommen, Bildung oder technischer Ausstattung. Ungleichbehandlung beim Annahmezwang Besonders irritierend: Für den digitalen Euro soll eine gesetzliche Annahmepflicht gelten, für Bargeld hingegen nicht – mit Verweis auf Vertragsfreiheit. Diese Ungleichbehandlung ist nicht nachvollziehbar. Parallel dazu wird die Bargeldinfrastruktur systematisch zurückgebaut: Geldautomaten verschwinden, Bankfilialen schließen, und selbst Behörden sowie öffentliche Betriebe verweigern zunehmend Bargeld. Diese Entwicklung ist nicht nur technisch, sondern zutiefst politisch. Bargeld als Sicherheitsfaktor Bargeld ist auch ein Element der Krisenvorsorge. Nur eine Infrastruktur, die im Alltag funktioniert, kann im Notfall verlässlich sein. Deshalb braucht Europa klare Regeln: • Bargeld als gleichwertiges Zahlungsmittel gesetzlich verankern • Annahmepflicht für Bargeld in allen Mitgliedstaaten • Sicherstellung von Bargeldbezugs- und -einzahlungsstellen EU am Scheideweg Das Legislativpaket muss nachgebessert werden – nicht nur technisch, sondern auch ethisch. Fortschritt darf nicht zur Einbahnstraße werden. Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs ist sinnvoll und notwendig, aber sie darf nicht zur Abschaffung eines bewährten, sicheren und freiheitlichen Zahlungsmittels führen. Die Zukunft Europas muss digital und analog zugleich sein. Widerstand wächst Der Widerstand gegen die Pläne der EU formiert sich. Die Petition www.Bargelderhalt.eu von Hansjörg Stützle und Hakon von Holst fordert die genannten Punkte und hat bereits über 250.000 Unterstützer. Das zeigt: Bargeld ist kein Randthema, sondern ein Anliegen breiter Bevölkerungsschichten. Demokratie statt Effizienzdiktat Der Erhalt von Bargeld ist kein nostalgisches Projekt, sondern ein demokratisches Gebot. Wahlfreiheit bedeutet: Jeder entscheidet selbst, wie er bezahlt. Oder wie Prof. Rieck von der Frankfurt University of Applied Sciences treffend formuliert: „Es muss so etwas geben wie ein Recht auf analoges Leben.“ Michael Mewes
GELD UND WERT 5 DSD 4 | 2025 Kundenfokus als Erfolgsfaktor im schrumpfenden Bargeldsektor Von Hasan Celebi Das Bargeldaufkommen liegt mittlerweile deutlich unter 45 Prozent – und wir rechnen mit einem weiteren Rückgang von rund 2 Prozent jährlich. Doch aus dieser Entwicklung entstehen nicht nur Herausforderungen, sondern auch neue Chancen. Der Schlüssel zum Erfolg im schrumpfenden Bargeldsektor heißt Kundenzentrierung – die konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden. Für Unternehmen, die mit Bargeld arbeiten – vom Handel über Banken bis zur Gastronomie – wird es entscheidend, das Bargeldmanagement effizient, digital und kundenzentriert zu gestalten. Denn Bargeld ist für viele unserer Kunden kein Kerngeschäft. Ob Banken, Einzelhändler oder Tankstellen – sie erwarten, dass Cash-Management reibungslos und sicher funktioniert, während sie sich auf ihr Geschäft konzentrieren. Unsere Aufgabe als Wertdienstleister ist es, Bargeldprozesse so attraktiv, transparent und automatisiert wie möglich zu gestalten. Vier Wege der Transformation 1. Digitalisierung: Auch ein physisches Produkt wie Bargeld kann und sollte digital gemanagt werden. Mit intelligenten Lösungen, die den Kunden 360°-Prozesse ermöglichen, die sich geräuschlos in ihren Geschäftsbetrieb einfügen und diesen verbessern. 2. Omnichannel-Erlebnisse: Unsere Kunden erwarten Transparenz und Echtzeitinformationen – von der Abholung über das Monitoring bis zur Prognose. So kennen sie es von Amazon und Co., so erwarten sie es von ihrem Geld- und Wertdienstleister. 3. Strategische Allianzen: Der Wandel im Bargeldsektor gelingt nur durch Kooperation. Aus stabilen Partnerschaften gehen innovative Lösungen hervor, die den Anforderungen einer zunehmend digitalen Wirtschaft gerecht werden. 4. Chancen statt Herausforderungen: Ganz klar plädiere ich dafür, aus den zugegeben großen Herausforderungen Impulse für unser Geschäftsmodell abzuleiten. Bei Prosegur gehen wir diesen Weg konsequent und entwickeln Lösungen wie Cash Today, Einlagerungen von Edelmetallen, Tokenisierung der eingelagerten Edelmetalle wie Gold, lineare Logistik und Sektorisation durch lineare Auftragsplanung über die Arbeitswoche sowie optimiertes Forecasting. Fazit: Kundenfokus als Schlüssel zum Erfolg In einem Markt mit sinkendem Bargeldvolumen entscheidet Kundenorientierung über Erfolg und Misserfolg. Wer sich konsequent an den Bedürfnissen der Kunden orientiert und digitale Lösungen integriert, schafft nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Lassen Sie uns den Wandel als Chance sehen: Indem wir unsere Prozesse kontinuierlich anpassen und gemeinsam mit unseren Kunden neue Wege der Bargeldoptimierung gehen, gestalten wir die Zukunft des Bargelds aktiv mit. Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Chief Operations Officer (COO) der Prosegur Cash Services Germany GmbH www.prosegur.de Hasan Celebi Bild: Prosegur
GELD UND WERT 6 DSD 4 | 2025 Die Perspektiven für die Geld- und Wertdienstleistungsunternehmen in 2026 Von Ingo Hartmann „Ein Transformationsprozess bezeichnet den strukturierten und zielgerichteten Wandel, den Unternehmen durchlaufen, um sich an verändernde Märkte, technologische Entwicklungen oder Kundenbedürfnisse anzupassen. Dieser Prozess ist umfassend und betrifft das gesamte Unternehmen.“ Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse zielt darauf ab, die Transparenz und Sicherheit in den Arbeitsabläufen für die Auftraggeber zu erhöhen. Aufgrund aktueller Lagebilder der Sicherheit werden die Geld- und Werttransportunternehmen weiterhin zunehmend und eigeninitiativ gefordert, besondere Sicherheitsvorkehrungen für ihr Dienstleistungsportfolio zu treffen. Leider mussten wir in diesem Zusammenhang in den letzten Monaten eine Verschärfung der Sicherheitslage in Deutschland durch anhaltende Geldautomatensprengungen, Überfälle auf Geldtransporte und Geldboten sowie Betrugsschäden zur Kenntnis nehmen. Die Schadenssummen sind weiterhin enorm und belasten alle Versicherungsnehmer durch stetig steigende Kosten in den Versicherungspolicen. Es erfolgt eine kontinuierliche Intensivierung der Sicherheitsmaßnahmen. Die Personalgewinnung bleibt weiterhin spannend, es gilt hier, wie bisher besonders zuverlässige, professionell arbeitende und engagierte Mitarbeitende zu gewinnen und langfristig zu binden. Unsere Personalabteilung steht hier in einem harten Wettbewerb mit allen anderen Marktteilnehmern. Unsere Mitarbeitenden müssen jederzeit in der Lage sein, tagtäglich verantwortungsbewusst, präzise und engagiert zu handeln – dies bleibt weiterhin unsere Herausforderung in Verbindung mit weiteren Transformations- und Digitalisierungsprozessen in der Logistik sowie in der betrieblichen Verwaltung. Der Aufbau quasi reibungslos agierender Teams erfordert eine enge Zusammenarbeit im Betrieb und eine kontinuierliche Betreuung durch ausgebildete Führungskräfte. Die Qualifizierung und zielgerichtete Aus- und Weiterbildung unseres Personals müssen unser vordringlichstes Anliegen in der Personalentwicklung sein, um die zukünftigen Herausforderungen qualitätsgerecht zu bewältigen. Wir plädieren in diesem Zusammenhang erneut für den Einsatz von Mitarbeitenden im öffentlichen Bereich, die mindestens neben einer fachlichen Qualifikation die Sachkundeprüfung für das Bewachungsgewerbe nach § 34a vor einer Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegt haben, die Waffensachkunde vor einem akkreditierten Prüfungsausschuss absolvierten sowie die behördliche Überprüfung gemäß Waffengesetz vorweisen können und mindestens vierteljährlich ihre theoretische und praktische Sachkunde nach dem Waffengesetz und den Unfallverhütungsvorschriften nachgewiesen haben. Jedem Unternehmer ist zu empfehlen, je nach Bundesland weitere Kriterien von Sicherheitsüberprüfungen vornehmen zu lassen, die im Übrigen auch zunehmend unsere Personalkosten finanziell sowie im Zeitaufwand der Bearbeitung merklich erhöhen. Ich wünsche Ihnen einen reibungslosen Jahreswechsel und einen optimistischen Start ins Jahr 2026. Bleiben Sie gesund und der DWSI Geld- und Wert-Logistik GmbH & Co. KG weiterhin gewogen. Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der DWSI Geld- und Wert-Logistik GmbH & Co. www.dwsi.de Ingo Hartmann
GELD UND WERT 7 DSD 4 | 2025 Sicherheit im Wandel – Verantwortung für Menschen und Werte Von Hans-Jörg Hisam Die Sicherheitslage in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. Organisierte Kriminalität, bewaffnete Überfälle ohne Rücksicht auf Leib und Leben Unbeteiligter, Cyberattacken und die Bedrohung Kritischer Infrastrukturen stellen neue Herausforderungen auch für die Bargeldlogistik dar. In diesem Umfeld ist die Arbeit unserer rund 3.500 Mitarbeitenden mehr als ein logistischer Auftrag – sie ist auch ein Dienst für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Unsere Kolleginnen und Kollegen sorgen täglich dafür, dass Bargeld sicher und zuverlässig verfügbar bleibt. Sie sind unterwegs in gepanzerten Fahrzeugen, befüllen Geldautomaten, holen Kassenbestände ab – und stellen sich dabei dem Risiko, beim Transport von Geldern und Werten selbst in den Fokus krimineller Übergriffe zu geraten. Die Sicherheit unserer Mitarbeitenden hat für uns daher oberste Priorität. Deshalb investieren wir kontinuierlich in technische Innovationen und präventive Maßnahmen. Unsere Fahrzeuge sind mit modernster Sicherheitstechnik ausgestattet und leitstellenüberwacht, unsere Mitarbeitenden speziell geschult – auch im Umgang mit Waffen. Wir setzen zudem auf intelligente Sicherungssysteme, die beispielsweise in Geldautomaten bei einem Angriff das Bargeld automatisch einfärben und damit für Täter unbrauchbar machen. Sicherungssysteme schrecken ab und schützen gleichzeitig die Integrität des Bargeldkreislaufs, erfordern aber vor allem von den Geld- und Wertdienstleistern immer wieder aufs Neue die entsprechende Bereitschaft und Möglichkeit, zu investieren. Doch Sicherheit bedeutet für uns mehr als Technikeinsatz. Es geht zuallererst um Verantwortung – für Menschen, für Werte, für die Stabilität des Bargeldkreislaufs. Als einer der führenden Geld- und Wertdienstleister in Deutschland gestalten wir verantwortlich diesen Kreislauf mit. Wir arbeiten eng mit Behörden, Banken und Handel zusammen, entwickeln Sicherheitskonzepte und setzen Standards – auch im Rahmen internationaler Kooperationen zur Bekämpfung von Automatensprengungen. In einer Welt, die sich rasant verändert, braucht es Mut zur Entscheidung und den Willen zur Veränderung. Wir bei der ZIEMANN CASHSERVICE stellen uns dieser Verantwortung. Wir beobachten Risiken aufmerksam, bewerten sie realistisch und handeln vorausschauend. Unser Risikomanagement ist integraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie – nicht nur zum Schutz unserer Mitarbeitenden, sondern auch zur stabilen Bargeldversorgung in Deutschland. Denn diese Stabilität ist keine Selbstverständlichkeit – sie muss geschützt und gestärkt werden. Als Unternehmen, das sich auf den Umgang mit sensiblen Werten spezialisiert hat, wissen wir um die Bedeutung eines verlässlichen Umfelds für unsere Arbeit, unsere Mitarbeitenden und für unsere Gesellschaft insgesamt. Die Zukunft des Bargelds wird nicht allein durch Zahlungsgewohnheiten entschieden, sondern auch durch die Frage, wie sicher und verlässlich es verfügbar bleibt. ZIEMANN CASHSERVICE steht für beides: für die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger bei ihrem Umgang mit Bargeld – und für die Sicherheit derjenigen, die diese Wahlfreiheit täglich durch ihre Leistung erst ermöglichen. Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der ZIEMANN CASHSERVICE GmbH www.ziemann-gruppe.de Hans-Jörg Hisam
GELD UND WERT 8 DSD 4 | 2025 Die leisen Scheine und klingenden Münzen: warum Bargeld mehr als nur Bezahlung ist Von Dr. Markus Lehnert Wir leben in einer Welt, die sich gefühlt immer schneller und digitaler dreht. Ein Fingertipp auf dem Smartphone, eine kurze Berührung der Kreditkarte – und schon ist der Einkauf erledigt. Bargeld scheint für viele in der heutigen Zeit ein Relikt aus der Vergangenheit zu sein. Ein alter Freund, den man nur noch aus Höflichkeit ab und an besucht. Doch wer glaubt, dass die leisen Scheine und klingenden Münzen nur schnöde Zahlungsmittel sind, der hat die Rechnung ohne unser Herz gemacht. Denn Bargeld hat einen emotionalen Wert, der tief in unserer Psyche und unseren Erinnerungen verwurzelt ist. Der Tastsinn der Kindheit Erinnern Sie sich an Ihr erstes Taschengeld? Bei mir war es ein Moment, der sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt hat. Ich war vielleicht sieben Jahre alt und meine Oma drückte mir eine knisternde 5-Mark-Note in die Hand. Es war nicht einfach nur Geld; es war ein Versprechen, eine Welt voller Möglichkeiten. Ich hielt den Schein fest in meiner kleinen Faust, spürte das Papier zwischen den Fingern und die Prägung auf dem Porträt. Das war nicht wie die Zahl auf einem Kontoauszug. Das war echt. Greifbar. Es war der Schlüssel zu einem Eis, einem Schokoriegel oder dem neuesten Micky-Maus-Heft. Und jeder Pfennig, den ich ausgab, war eine bewusste Entscheidung, nicht nur eine unsichtbare Transaktion. Und genau das ist der Punkt: Bargeld aktiviert unsere Sinne. Wir sehen es, wir fühlen es und manchmal riechen wir es sogar, wenn es nach den Weiten eines Flohmarktes oder dem Geruch der Bäckerstube duftet. Dieses haptische Erlebnis schafft eine Bindung, die ein digitaler Chip niemals ersetzen kann. Eine Überweisung ist abstrakt. Sie ist eine nackte Information, die von A nach B geht. Bargeld hingegen ist ein greifbares Gut, dessen Wert wir buchstäblich in den Händen halten. Ein Anker in unsicheren Zeiten In einer immer unbeständigeren Welt dient Bargeld aber auch als psychologischer Anker. Es ist die letzte Bastion der Privatsphäre. Wir können damit bezahlen, ohne Spuren zu hinterlassen, ohne dass ein Algorithmus unsere Kaufgewohnheiten analysiert und uns die nächste Werbung für vegane Hundekekse vorspielt. Es ist der rebellische Akt des alltäglichen Lebens, ein kleiner, stiller Protest gegen die Überwachung. Dieser Aspekt der Freiheit und Autonomie ist sehr beruhigend. Wenn das Internet ausfällt oder die Stromversorgung zusammenbricht, ist Bargeld die Währung, die uns vor dem totalen Stillstand bewahrt. Es ist der Plan B, der in einer Welt voller technischer Abhängigkeiten überlebt. Und das gibt ein Gefühl von Kontrolle, von Sicherheit, das keine digitale Wallet in dieser Form bieten kann. Der Charme der kleinen Münze und das klingende Sparschwein Neben dem großen Schein hat auch die kleine Münze ihren ganz eigenen Charme. Sie ist bspw. der Grundstein für spontane Spenden in den Hut eines Straßenmusikers. Doch viele Münzen landen nicht sofort im Umlauf. Sie fallen in Gläser, in leere Flaschen oder in Sparschweine, wo sie ein Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der BS Beck Sicherheitsdienst GmbH & Co. KG www.ugl-sicherheit.de Dr. Markus Lehnert Bild: # 656207318 / istockphoto.com
GELD UND WERT 9 DSD 4 | 2025 unaufgeregtes Eigenleben führen. Dann, wenn das Sparschwein schwer wird und das Klingeln der Münzen beim Schütteln fast schon wie ein Versprechen klingt, ist es Zeit für die Ernte. Man breitet die Münzen aus und zählt sie – ein fast schon ritueller Akt, bei dem sich langsam ein Beitrag herauskristallisiert, der oft die erste Anzahlung für den nächsten Urlaub bildet. Diese Münzen sind die stummen Zeugen unserer kleinen, täglichen Entbehrungen und Wünsche, die sich am Ende in eine wohlverdiente Auszeit verwandeln. Ein digitales Sparkonto kann das Ziel vielleicht schneller erreichen, aber es fehlt ihm das klare, klickende Geräusch des Erfolgs. Der Witz im Portemonnaie Manchmal ist es auch einfach nur lustig. Wer hat nicht schon einmal versucht, an der Supermarktkasse die exakte Summe zu zahlen, während sich hinter einem eine immer länger werdende Schlange bildet? Oder die schiere Freude, wenn man unter dem Sofa eine vergessene Münze findet? Das ist der Humor, den das digitale Bezahlen niemals liefern kann. Ein „Konto im Plus“ ist super, aber ein gefülltes Portemonnaie hat eine ganz andere Magie. Ja, Bargeld ist manchmal unpraktisch und man kann es verlieren. Aber es ist auch der Ort, an dem sich Emotion und Ökonomie treffen. Es ist die Erinnerung an die Großmutter, die das erste Eis bezahlt hat. Es ist das Gefühl von Freiheit, das die Privatsphäre schützt. Es ist die kleine Geste der Großzügigkeit auf der Straße. Es ist ein Stück unserer Geschichte und Menschlichkeit. Es ist der Beweis, dass nicht alles, was effizient ist, auch perfekt sein muss. Und genau aus diesem Grund wird Bargeld – dieses emotionale und so herrlich (un)praktische Stück Kultur – uns wohl noch lange erhalten bleiben. Zwischen Tresor und Bäckerei – wie Mittelständler Deutschlands Bargeld am Laufen halten Von Uwe Wendorf Brötchen gegen Bares – und keiner fragt, wie das Geld dahin kam Man geht zum Bäcker, legt einen Zehner hin, bekommt Brötchen und Wechselgeld – und denkt keine Sekunde darüber nach, dass dieser banale Akt das Ergebnis einer hochkomplexen, streng regulierten und mitunter kafkaesken Logistikkette ist. Bargeldlogistik ist der unsichtbare Blutkreislauf der Wirtschaft – und die, die ihn am Puls halten, tragen keine Maßanzüge aus dem Glasturm, sondern Sicherheitswesten aus dem Mittelstand. Zwischen Tresor und Bäckerei balancieren sie täglich zwischen Bürokratie, Sicherheitsauflagen und Cent-Margen – und das mit stoischer Gelassenheit. Hochsicherheit mit Handschlagmentalität Wer bei Geldtransporten an muskelbepackte Fahrer mit Sonnenbrillen denkt, hat nur die halbe Wahrheit gesehen. Die Bargeldlogistik ist kein Actionfilm, sondern ein Präzisionsgeschäft mit mathematischer Akribie. Täglich werden Milliarden bewegt – von Banknoten über Münzen bis zu den Einnahmen aus Supermärkten und Stadtbussen. Und das nicht etwa mit einem Schulterzucken, sondern unter einem Regelwerk, das selbst Juristen ins Schwitzen bringt. ISO-Zertifizierungen, Bundesbank-Vorgaben, Bewachungsverordnungen, Geldwäscheprävention, EU-Richtlinien – jedes Gramm Münzgeld scheint ein eigenes Kapitel im Bürokratie-Buch zu haben. Während Konzerne wie Brink’s, Prosegur oder Loomis dafür ganze Compliance-Abteilungen beschäftigen, muss beispielsweise der Mittelständler aus Nordhessen dieselbe Latte mit einem Bruchteil der Ressourcen überspringen. Und das täglich. Wenn die Bürokratie mitfährt – auf dem Beifahrersitz Die Realität klingt wie ein Wirtschaftskrimi mit schlechtem Drehbuch: Ein Familienbetrieb mit 120 Mitarbeitenden, 20 gepanzerten Fahrzeugen und drei IT-Fachkräften muss jährlich unendlich Stellv. Vorstandsvorsitzender der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste und Geschäftsführer der ESD Wertdienstleistungen GmbH www.esd.de Uwe Wendorf
GELD UND WERT 10 DSD 4 | 2025 viele Seiten Sicherheits- und Risikoanalysen vorlegen. Jede Route, jedes Cash-Zentrum, jeder Tresorraum wird dokumentiert, geprüft und auditiert – gerne auch mehrfach im Jahr. Wer glaubt, die Digitalisierung bringe Entlastung, wird schnell eines Besseren belehrt: Auch IT-Systeme müssen nach BSI-Vorgaben zertifiziert, verschlüsselt und regelmäßig auf Herz und Nieren geprüft werden. Willkommen im Hochsicherheitsmodus – powered by Bürokratie. Und während der Großkonzern solche Kosten in globalen Strukturen versenkt, muss der Mittelständler sie direkt aus seiner Marge stemmen. Ein Rechenfehler – und aus dem Transportgeschäft wird ein rollender Zuschussbetrieb. Leistungskraft trotz Bleiweste Trotz Bleiweste und Vorschriftenwust: Der Mittelstand bleibt standhaft. Während die Großen die lukrativen Ballungsräume bedienen, versorgen die Kleinen das Land dort, wo sich der Aufwand für die wenigen „Großen“ kaum lohnt – auf dem Wochenmarkt, bei der Sparkasse im Dorf oder am Stadtrand. Regional verwurzelt, flexibel im Service, effizient im Ablauf – hier zählt noch der Handschlag mehr als das Dashboard. Hier fahren Geld- und Wertdienstleister für die Banken mit mobilen Geldausgabeautomaten, um die Bargeldversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Technologisch sind die Mittelständler längst nicht von gestern. Cash-Zentren mit von der Bundesbank zertifiziertem Niveau, Softwarelösungen für Echtzeit-Bargeldflüsse, automatische Kassendifferenzen – wer hier noch an analoge Provinz denkt, hat den Anschluss verpasst. Souveränität in bar – und keiner merkt’s Bargeld ist mehr als ein Zahlungsmittel. Es ist geprägte Freiheit – anonym, unabhängig, offline. Doch diese Freiheit hängt an einer Branche, die selten Schlagzeilen macht: die Geld- und Wertdienstleister, die die Bargeldlogistik von und zur Bundesbankfiliale – noch – gewährleisten. Fällt sie aus, steht das Land binnen 48 Stunden vor dem ökonomischen Infarkt. Automaten leer, Kassen voll, Bundesbank im Krisenmodus. Kurz: Ohne die gepanzerten Alltagshelden aus dem Mittelstand wäre Deutschland ziemlich schnell ziemlich blank. Und während sich Ministerien in endlosen Runden über Bargeldobergrenzen streiten, sorgen die Mittelständler dafür, dass Oma Erna ihr Wechselgeld bekommt, der Metzger seinen Kassenbestand abliefert und die Bankfiliale am Montagmorgen wieder versorgt ist. Ganz ohne Schlagzeile – aber mit System. Fazit: Wenn’s ums Geld geht, fährt der Mittelstand vorneweg Die mittelständischen Geld- und Wertdienstleister sind das Rückgrat der Bargeldversorgung – und damit ein unterschätzter Pfeiler wirtschaftlicher Souveränität. Sie beweisen Tag für Tag, dass Sicherheit, Effizienz und Bürgernähe keine Frage der Konzernstruktur, sondern des unternehmerischen Mutes sind. Oder, um es in ihrer Sprache zu sagen: Wenn’s ums Geld geht, fährt der Mittelstand vorneweg – mit drei Tonnen Stahl, 200 Seiten Vorschriften im Bordfach und einem unerschütterlichen Lächeln hinter Panzerglas. BDGW-Jahreshauptversammlung 2025 Bargeld bewahren: Strategien für den Erhalt einer stabilen Bargeldinfrastruktur Von Silke Zöller Unter dem Titel „Bargeld im Wandel – Perspektiven, Verantwortung und Zukunftssicherung“ stand der öffentliche Teil der Jahreshauptversammlung der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste e.V. in Berlin ganz im Zeichen der Frage, wie die Bargeldversorgung in Deutschland und Europa zukunftsfest gestaltet werden kann – im Spannungsfeld von technologischer Innovation, gesellschaftlicher Verantwortung und ökonomischer Stabilität. Der Vormittag im Vorfeld der internen Versammlung bot erneut ein hochkarätiges Programm mit Beiträgen aus Wissenschaft, Praxis und Politik. Nach der Begrüßung durch den BDGW-Vorstandsvorsitzenden Michael Mewes, der einen aktuellen Überblick zur Lage der Geld- und Wertdienstbranche gab, betonte Florian Graf, Staatssekretär und Chef der Senatskanzlei des Landes Berlin, in seinem Grußwort die Bedeutung einer verlässlichen Bargeldinfrastruktur für Wirtschaft und Gesellschaft. In den folgenden Impulsvorträgen beleuchteten Stefan Hardt, Leiter des Zentralbereichs Bargeld der Deutschen Bundesbank, die Rolle Leiterin der Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW) Silke Zöller
GELD UND WERT 11 DSD 4 | 2025 des Bargelds im europäischen Zahlungsverkehr, Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE) die Bedeutung des Bargelds im stationären Handel und die Herausforderungen im Zusammenspiel mit digitalen Zahlungsmitteln sowie Prof. Dr. Franz Seitz von der Ostbayerischen Technischen Hochschule Weiden die ökonomischen Trends und Perspektiven der Bargeldnutzung. Im Mittelpunkt der anschließenden Podiumsdiskussion stand die Frage, wie sich die Bargeldinfrastruktur effizient und sicher erhalten lässt – und welche Rolle Bargeld künftig für finanzielle Inklusion, Datenschutz und gesellschaftliche Teilhabe spielt. Unter der Moderation von Oliver Arning diskutierten Dr. Friedemann Berg vom Bundesverband Bargeld zählt!, Michaela Schröder vom Verbraucherzentrale Bundesverband, MdB Anja Karliczek, Bundesministerin a.D. und Mitglied im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, Ulrich Binnebößel vom HDE sowie Stefan Hardt für die Deutsche Bundesbank. Die Diskussion machte deutlich, dass Bargeld weit mehr ist als ein Zahlungsmittel – es steht für Vertrauen, Teilhabe und ökonomische Stabilität. Die zentrale Frage bleibt, wie diese Werte in einer zunehmend digitalen Zahlungswelt gewahrt werden können. Den Abschluss des öffentlichen Teils der Mitgliederversammlung bildete der Vortrag von Prof. Dr. Christian Waldhoff von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin über die „Annahmepflicht von Bargeld unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten“ – ein juristischer Blick auf das gesetzliche Zahlungsmittel Bargeld. Im Rahmen der Veranstaltung wurde deutlich, dass die aktuelle politische Diskussion zunehmend von einer einseitigen Präferenz für digitale Zahlungsmittel geprägt ist. Forderungen nach einer faktischen digitalen Bezahlpflicht – etwa durch gesetzlichen Zwang zur bargeldlosen Zahlung oder durch Einschränkungen des Bargeldverkehrs – sind für die Gesellschaft wie auch Wirtschaft eher gefährlich und nicht zielführend. Die jüngsten politischen Vorstöße sowie der wachsende Druck auf Handel und Gastronomie, sich stärker auf digitales Bezahlen auszurichten, nähren aus Sicht des Verbands, der Unternehmen der Branche wie auch anderer Akteure, die sich für das Bargeld einsetzen, die Sorge, dass die Wahlfreiheit der Bürgerinnen und Bürger zunehmend unter Druck gerät. Bargeld ist als gesetzliches Zahlungsmittel ein zentrales Element persönlicher Entscheidungsfreiheit. Die Anwesenden der Veranstaltung waren sich mehrheitlich Michaela Schröder, Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. Stefan Hardt, Deutsche Bundesbank Podiumsdiskussion (vl.) Moderator Oliver Arning, Ulrich Binnebößel, Stefan Hardt, MdB Anja Karliczek, Michaela Schröder und Dr. Friedemann Berg
GELD UND WERT 12 DSD 4 | 2025 einig, dass eine verpflichtende oder faktische Verdrängung des Bargelds vor allem ältere Menschen, Personen ohne permanenten Internetzugang und kleinere Betriebe sowie den ländlichen Raum benachteiligen würde. Bargeld bleibt nach Ansicht aller Teilnehmenden ein entscheidender Faktor für die Resilienz des Zahlungsverkehrs, da es unabhängig von Stromversorgung, technischen Systemen oder digitalen Infrastrukturen funktioniert. Auch ökonomisch sollte das Bargeld nicht als reiner Kostenfaktor betrachtet werden, denn auch digitale Zahlungen erzeugen zusätzliche Gebühren und bringen Abhängigkeiten von privaten Zahlungsdienstleistern mit sich – sie können daher nicht als kostenfreie oder automatisch vorteilhafte Alternative betrachtet werden. Zudem finden Geldwäsche und Finanzkriminalität längst zunehmend über digitale Kanäle statt und eine moderne Regulierung muss beide Systeme gleichermaßen berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund fordern die Befürworter des Bargelds, wie beispielsweise die BDGW und der Verbraucherschutz, die Wahlfreiheit beim Bezahlen zu schützen, die flächendeckende Bargeldversorgung sicherzustellen und politische Entscheidungen nur im offenen Dialog mit allen relevanten Akteuren zu treffen. Bargeld und digitale Zahlungsmittel sollten als zwei gleichberechtigte Komponenten eines sicheren, vielfältigen und bürgernahen Zahlungsverkehrs verstanden werden. Die Veranstaltung verdeutlichte insgesamt eindrucksvoll, dass Bargeld ein unverzichtbares Element wirtschaftlicher Stabilität, sozialer Teilhabe und individueller Freiheit ist und bleibt. Die Sicherung dieser Werte bleibt eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender der BDGW MdB Anja Karliczek, Bundesministerin a.D. Dr. Friedemann Berg, Bundesverband Bargeld zählt! Prof. Dr. Christian Waldhoff, Humboldt-Universität zu Berlin Prof. Dr. Franz Seitz, Ostbayerische Technische Universität Hochschule Weiden Ulrich Binnebößel, Handelsverband Deutschland (HDE) (vl.) Staatssekretär Florian Graf, BDGW-Hauptgeschäftsführer Andreas Paulick und Michael Mewes, Vorstandsvorsitzender der BDGW / Bilder: Thomas Beutel, Berlin
GELD UND WERT 13 DSD 4 | 2025 Erinnern Sie sich noch, als Ende April 2025 auf der iberischen Halbinsel plötzlich der Strom ausfiel? Im Verkehr kam es zu starken Einschränkungen, Krankenhäuser schalteten auf Notstromversorgung und Geschäfte mussten schließen. Kassenterminals, Bankfilialen und Geldautomaten standen ebenfalls nicht zur Verfügung. Unvermittelt befanden sich zahlreiche Menschen in einer echten Ausnahmelage. Diese Extremsituation unterstreicht, wie wichtig Bargeld als verlässliche Reserve ist, wenn die digitale Infrastruktur ausfällt. Denn als physisches Zahlungsmittel kann Bargeld notfalls auch ohne Strom eingesetzt werden und trägt somit entscheidend zur Resilienz unserer Gesellschaft bei. Doch auch abseits außergewöhnlicher Notlagen gilt: Bargeld ist mehr als ein bloßes Zahlungsmittel. Es bleibt ein fester Bestandteil unseres kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. In Deutschland genießt Bargeld daher aus guten Gründen einen besonderen Stellenwert. Es bewährt sich eben nicht nur in Krisenzeiten, sondern schützt auch die Privatsphäre, da es keine digitalen Spuren hinterlässt. Es dient als verlässliches Mittel zur Wertaufbewahrung und als inklusives Zahlungsmittel, da es allen Gruppen der Bevölkerung die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Insbesondere Kinder lernen mit Bargeld den Umgang mit Geld. All diese Vorzüge unterstreichen eindrucksvoll: Ja, unser Bargeld verdient es, bewahrt zu werden. Dabei steht für die Deutsche Bundesbank außer Frage, dass sowohl bare als auch digitale Bezahlverfahren zu einer modernen, vielfältigen Zahlungslandschaft gehören, wie Bundesbankvorstand Burkhard Balz schon im Grußwort auf Seite 3 dieser Ausgabe betont. Damit Bargeld jedoch auch künftig diese zentrale Rolle erfüllen kann, bedarf es zweier grundlegender Voraussetzungen: einer anhaltenden Nachfrage und zugleich eines flächendeckenden, verlässlichen Angebots. Die anhaltende Nachfrage nach Bargeld als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel spiegelt sich eindrucksvoll in der Entwicklung des Euro-Banknotenumlaufs wider. Ende September 2025 liefen Euro-Banknoten im Wert von insgesamt 1.589 Mrd. Euro um, wovon die Deutsche Bundesbank rechnerisch 975 Mrd. Euro in den Umlauf gegeben hat. Auch wenn sich der EuroBanknotenumlauf des Eurosystems seit den starken Zuwächsen in der Coronavirus-Pandemie zuletzt eher seitwärts bewegte, zeigt sich die Nachfrage nach Banknoten als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel doch insgesamt ausgesprochen robust. Auch am Point of Sale wird Bargeld weiterhin stark nachgefragt. Zwar ist den Angaben der Zahlungsverhaltensstudie der Deutschen Bundesbank zufolge der Anteil der Barzahlungen zwischen 2021 und 2023 um sieben Prozentpunkte gesunken, dennoch bleibt Bargeld das meistgenutzte Zahlungsmittel in Deutschland. Nach wie vor werden mehr als die Hälfte aller Zahlungen (51 %) in bar abgewickelt. Die Debitkarte folgt mit etwas über einem Viertel (27 %), verzeichnete aber im gleichen Zeitraum einen deutlichen Zuwachs von fünf Prozentpunkten. Diese Entwicklung verdeutlicht die Verschiebung persönlicher Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger zugunsten unbarer Zahlungsmittel. Vor allem der Trend zum mobilen Bezahlen setzt sich unverändert fort: Dieser Anteil verdreifachte sich seit der letzten Erhebung im Jahr 2021 von 2 Prozent auf 6 Prozent aller Zahlungen. Doch wie steht es um das Angebot von Bargeld? Entscheidend sind die flächendeckende Verfügbarkeit und Akzeptanz von Bargeld, die auf einer leistungsfähigen Bargeldinfrastruktur beruht. Dabei wirken zahlreiche Akteure zusammen – von der Zentralbank über die Kreditinstitute und Handelsunternehmen bis hin zu den Geld- und Wertdienstleistern. Leiter des Zentralbereichs Bargeld der Deutschen Bundesbank www.bundesbank.de Stefan Hardt Bargeld bewahren: Engagement für eine stabile Bargeldinfrastruktur Von Stefan Hardt
GELD UND WERT 14 DSD 4 | 2025 Die Notenbanken des Eurosystems setzen sich in ihrer Bargeldstrategie klar für den Erhalt des Bargelds ein. Bargeld soll auch in Zukunft als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel leicht verfügbar sein und im Handel allgemein akzeptiert werden. Die nationalen Zentralbanken, allen voran die Deutsche Bundesbank, spielen hierbei eine wichtige Rolle. So setzte die Deutsche Bundesbank bereits 2023 klare Prioritäten für die Zukunft des Bargelds. Im Fokus steht die resiliente, wirtschaftliche und nachhaltige Bereitstellung von Bargeld als physisches Kernprodukt. Ein wichtiger Baustein hierbei ist die Modernisierung des Filialnetzes der Bundesbank. Vorgesehen sind vier neue, modern ausgestattete Filialen an logistisch günstigen Standorten sowie die Schließung wenig ausgelasteter Filialen – bei weiterhin gesichertem, flächendeckendem Zugang zu Bargeld für professionelle Akteure. Die Filialen der Bundesbank spielen somit weiter eine zentrale Rolle bei der Sicherung eines reibungslosen und sicheren Bargeldumlaufs, indem sie Banknoten und Münzen in den Verkehr bringen und sicherstellen, dass nur echtes und einwandfreies Bargeld im Umlauf bleibt. Sie halten damit insbesondere auch das Falschgeldaufkommen gering und stärken so das Vertrauen in das Bargeld. 2024 wurden in Deutschland rund 72.400 gefälschte Euro-Banknoten entdeckt. Das entspricht lediglich neun Falschnoten pro 10.000 Einwohner und unterstreicht die hohe Fälschungssicherheit des Euro-Bargelds. Auch das laufende Projekt zu neuen Euro-Banknoten unterstreicht das Engagement des Eurosystems für das Bargeld. Die neuen Banknoten sollen weiterhin fälschungssicher sein und mit einem attraktiven Design die Bürgerinnen und Bürger im Euroraum ansprechen. Vor Kurzem startete die Europäische Zentralbank einen europaweiten Design-Wettbewerb für die neue Euro-Banknotenserie. Dabei stehen die Themen „Europäische Kultur“ sowie „Flüsse und Vögel“ zur Auswahl. Sie sollen die kulturelle Vielfalt Europas und die Verbundenheit mit der Natur widerspiegeln. Die finale Entscheidung über das neue Design trifft der EZB-Rat, nachdem auch die Öffentlichkeit in den Auswahlprozess einbezogen wurde, voraussichtlich Ende 2026. Die Einführung der neuen Banknoten wird dann noch etwas dauern – ein Umstand, der den hohen Anspruch an die neue Serie eindrucksvoll unterstreicht. Abseits der Banknoten lohnt sich auch ein Blick auf die Münzlandschaft. Umfragen wie das Eurobarometer vom Dezember 2024 zeigen, dass sich eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für die Abschaffung der 1- und 2-Cent-Münzen ausspricht – auch in Deutschland, wo 53 Prozent diesen Schritt befürworten.1 In der Tat kehren die Kleinmünzen deutlich seltener zu den Zentralbanken zurück als größere Stückelungen, da sie oft gehortet werden oder verloren gehen. Angesichts der im Verhältnis zum Nennwert hohen ökonomischen und ökologischen Kosten für Herstellung und Logistik erscheint eine Reduzierung ihres Umlaufs sinnvoll. Das auf Initiative der Bundesbank gegründete 1 The euro area – Dezember 2024 – Eurobarometer survey, https://europa.eu/eurobarometer/surveys/detail/3231
GELD UND WERT 15 DSD 4 | 2025 Nationale Bargeldforum empfiehlt daher mehrheitlich die Einführung einer gesetzlichen Rundungsregel, nach der Barzahlungen auf die nächsten fünf Cent gerundet werden. Diese bereits in sieben Euroländern bewährte Praxis könnte dann auch in Deutschland dafür sorgen, dass Bargeld weiterhin attraktiv, nachhaltig und effizient ist. Die Entscheidung über die Umsetzung dieses Vorschlags liegt bei der Politik, die ohnehin nicht untätig blieb. So ist das im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankerte Ziel, die Wahlfreiheit beim Bezahlen zu erhalten und digitale Bezahloptionen sowie Zahlungen mit Bargeld zu ermöglichen, zu begrüßen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission zum sogenannten „Single Currency Package“ verfolgt darüber hinaus das Ziel, die Bedeutung des Bargelds zu sichern. Die direkten Kundenbeziehungen zu den Bürgerinnen und Bürgern unterhalten jedoch nicht die Zentralbanken, sondern die Kreditinstitute. Sie tragen daher auch – mit Unterstützung der Geld- und Wertdienstleister – die Verantwortung für die Bargeldversorgung der Bevölkerung in Deutschland. Den Ergebnissen der Zahlungsverhaltensstudie der Bundesbank zufolge wurde der Zugang zu Bargeld zuletzt jedoch schwieriger. Der Anteil der Befragten, die es als „ziemlich schwierig“ oder „sehr schwierig“ empfinden, einen Geldautomaten oder Bankschalter zu erreichen, stieg von 6 Prozent auf 15 Prozent. Diese Entwicklung betrifft alle soziodemografischen Gruppen und könnte auf den Rückbau von Geldautomaten und die Schließung von Bankfilialen zurückzuführen sein. So sank die Zahl der Geldautomaten in Deutschland von rund 57.000 Ende 2020 auf weniger als 51.000 Ende 2023; die Zahl der Bankstellen verringerte sich im gleichen Zeitraum von knapp 26.000 auf rund 21.000. Ungeachtet dieser Entwicklungen ist das Netz an Geldautomaten und Bankfilialen in Deutschland aber weiterhin sehr dicht. So zeigen Auswertungen der Bundesbank zur geografischen Verfügbarkeit von Abhebeorten in Deutschland, dass die durchschnittliche Entfernung zum nächsten Bargeldbezugspunkt der Kreditwirtschaft in Deutschland lediglich 1,4 km beträgt. Wird zusätzlich das Angebot des Handels, an Ladenkassen beim Einkauf Bargeld abheben zu können, berücksichtigt, verringert sich diese Distanz leicht von 1,4 auf 1,2 Kilometer. Der Handel kann das Angebot der Kreditwirtschaft jedoch lediglich ergänzen, denn neue Banknoten und Münzen gelangen über die Kreditinstitute in den Umlauf und das Angebot des Handels unterscheidet sich hinsichtlich Öffnungszeiten, verfügbarer Beträge und Stückelungen deutlich vom Angebot der Kreditinstitute. Wichtig für die Nutzung des Bargelds ist auch seine Akzeptanz an den physischen Zahlungsorten. Die Befragten der Zahlungsverhaltensstudie der Bundesbank gaben im Jahr 2023 an, dass Bargeld bei 94 Prozent der Transaktionen an physischen Zahlungsorten akzeptiert worden wäre – ein hoher Wert, aber leicht rückläufig im Vergleich zu 2021 mit 97 Prozent. Die Bargeldakzeptanz ist somit in Deutschland weiterhin gewährleistet, wobei es gilt, mit einer starken Bargeldinfrastruktur auch weiterhin günstige Rahmenbedingungen für die Bargeldakzeptanz im Handel zu schaffen. Zusammenfassend zeigen Notenbanken und Politik im Euroraum breites Engagement, um Angebot und Nachfrage im Bargeldkreislauf zu stützen und Bürgerinnen und Bürger eine Zukunft mit Bargeld zu ermöglichen. Daneben tragen natürlich auch die weiteren Akteure im Bargeldkreislauf wie die Kreditinstitute und die Geld- und Wertdienstleister eine zentrale Verantwortung dafür, dass die Bargeldinfrastruktur flächendeckend, zuverlässig und zukunftsfähig erhalten bleibt. Die stabile Bargeldinfrastruktur zu erhalten – heute und für die kommenden Generationen – ist eine gemeinsame Aufgabe. Anzeige
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