71 DSD 3 | 2025 BERICHT AUS BERLIN Prosperitätssicherung Bei der Wirtschaftssicherheitsstrategie für Deutschland geht es demgegenüber primär darum, die Bedingungen für eine stabile und wachsende Wirtschaft zu schaffen und zu schützen, um zukünftigen Wohlstand zu sichern. Dies umfasst sowohl Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums als auch zur Bewältigung von Risiken und Krisen. Betrachtet man die führenden Wirtschaftsnationen USA und China, so fällt auf, dass diese im Rahmen ihrer weltweiten Rivalität um Einflusssphären Wirtschaftssicherheitsmaßnahmen einsetzen, um ihre politischen, aber insbesondere ihre wirtschaftlichen Interessen zu fördern. Als Instrumente bedient man sich Exportrestriktionen, Importrestriktionen, Investionsrestriktionen, Datenrestriktionen sowie industriepolitischer Maßnahmen, wie beispielsweise des Inflation Reduction Act in den USA. Auch die EU als Wirtschaftsraum bedient sich bereits vieler Wirtschaftssicherheitsmaßnahmen wie beispielsweise der EU-Dual-Use-Verordnung, der NIS 2 Richtlinie, der Datenschutz-Grundverordnung oder des EU Critical Raw Materials Act. Deutschlands Zukunfts- fähigkeit sichern Die Frage ist nun, wie sich Deutschland in diesem globalen Wettbewerb der Volkswirtschaften durch eine Wirtschaftssicherheitspolitik wird behaupten können. Die Herausforderungen für Deutschland sind immens. Zwar ist Deutschland die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Aber im Vergleich zu China und den USA hat Deutschland die höchste Exportquote, die in den letzten Jahren über 40 Prozent lag. Dies bedeutet für Deutschland ein erhöhtes Risiko, wenn die Wettbewerber USA und China ihre Märkte durch Regulierung abschotten bzw. den Export für deutsche Güter extrem verteuern. Auch wenn in Deutschland nach wie vor viele Unternehmen, gerade die sog. Hidden Champions, ansässig sind, die über eine weltweite Technologieführerschaft verfügen, so hat sich in den letzten Jahren die Abhängigkeit dieser Unternehmen vom Zukauf von Komponenten aus China zur Aufrechterhaltung der Technologieführerschaft erhöht. Um dem im Sinne eines De-RiskingAnsatzes zu begegnen, hat Deutschland beispielsweise mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 den Ausschluss von Huawei und ZTE bei der 5G-Technologie bis 2026 bzw. 2029 bewirkt. Allerdings hat dies zur Folge, dass sich deutsche Unternehmen in die Abhängigkeit anderer weniger Anbieter am Markt begeben müssen. Ziele für eine neue Wirtschafts- sicherheitsstrategie Laut Koalitionsvertrag will die neue Bundesregierung die bestehende nationale Sicherheitsstrategie überarbeiten und damit auch die Wirtschaftssicherheitsstrategie. Folgende Ziele sollten nach Auffassung des Autors verfolgt werden: 1. Aufbau eines Lagezentrums, das nach einer Risikomatrix Daten aus allen Wirtschaftszweigen, aus allen staatlichen Ebenen, Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft sammelt und im Sinne einer Risikoanalyse permanent auswertet. 2. Importabhängigkeiten bei kritischen Rohstoffen reduzieren und Exportabhängigkeiten beobachten bzw. minimieren. 3. Technologietrends in globalen Märkten durch den Auslandsnachrichtendienst intensiver beobachten. 4. Gezielte Förderung und Absicherung von Schlüsselindustrien. 5. Internationale Handelswege mit NATO, verbündeten Staaten und Sicherheitswirtschaft sichern. 6. Wohlstandserhaltung und Maximierung durch wirtschaftspolitische, arbeits- und sozialpolitische sowie migrationspolitische Maßnahmen. Rolle der Sicherheitswirtschaft Innerhalb einer die sechs aufgeführten Ziele verfolgenden Wirtschaftssicherheitsstrategie kommt der Sicherheitswirtschaft momentan primär eine rein operative Rolle zu. So kann sie Schutzmaßnahmen im physischen und Cyberbereich für Schlüsselindustrien, die KRITIS-Sektoren und die Hidden Champions garantieren. Ebenso kann die Sicherheitswirtschaft durch Seeschiffbewachung das Risko vor Piraterie auf internationalen Handelsrouten minimieren. Aber auch bei Aufbau eines Lagezentrums könnte die Sicherheitswirtschaft datenschutzkonform und anonymisiert Daten über Kriminalitätsentwicklungen übermitteln, die die Wirtschaft betreffen. Hieraus ließen sich Reaktions- und Präventionskonzepte für die Sicherheitsbehörden und die Sicherheitspolitik ableiten. Die Sicherheitswirtschaft leistet mit ihren rund 290.000 Beschäftigten im Inland einen immer wichtigeren und unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit in Deutschland. Ihren Stellenwert als Sicherheitsakteur gilt es zu stärken. Nach wie vor fehlt aber eine klare gesetzliche Regelung, die sicherstellt, dass die Sicherheitswirtschaft auch in Krisen, Notfällen und Katastrophenzeiten als privilegiert und damit systemrelevant eingestuft wird und ungehindert ihren KRITISSchutzaufgaben nachgehen kann. Hierzu ist eine bundesweite rechtliche Verankerung der Systemrelevanz des Sicherheitsgewerbes erforderlich. Die Sicherheitswirtschaft sollte aber zugleich auch als strategischer Sicherheitspartner seitens der Bundesregierung anerkannt und mehr in Themen der öffentlichen Sicherheit und Wirtschaftssicherheit einbezogen werden. Nur mit einer starken Sicherheitswirtschaft wird man im Zusammenwirken mit Staat und Gesellschaft in Zeiten zunehmender Bedrohungen Deutschland dauerhaft sicher halten und resilienter machen können.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==