DER SICHERHEITSDIENST

70 DSD 3 | 2025 Wirtschaftssicherheit ist mehr als Wirtschaftsschutz Von Rechtsanwalt Dr. Berthold Stoppelkamp BERICHT AUS BERLIN Der Berichtszeitraum von Anfang Mai bis Mitte August 2025 war innenpolitisch durch die Neuausrichtung der Migrationspolitik, die Zukunft der Sozialsysteme und die Findung eines Mindestlohns geprägt. Ein Bundestariftreuegesetz und Änderungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wurden vom Kabinett beschlossen. Sicherheitspolitisch dominierte der Krieg zwischen Israel und dem Iran, das militärische Eingreifen der USA zur Zerstörung der iranischen Atomanlagen, der Krieg in Gaza und der Ukraine sowie die personelle Stärkung der Bundeswehr durch mehr Wehrpflichtige bzw. den Ausbau der Reservistenzahlen die öffentliche Debatte. Wirtschaftspolitisch standen die US-Zollpolitik und die Vereinbarung zwischen den USA und der EU hierzu im Fokus der medialen und politischen Diskussion. Die Welt in Unordnung Seit der zunehmenden Infragestellung der europäischen Sicherheitsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der in den letzten Jahren zunehmenden Kritik der USA an der Lastenverteilung innerhalb des NATO-Verteidigungsbündnisses gerät die etablierte und für Deutschland gewohnte Sicherheitsordnung zunehmend ins Wanken. Zudem hat sich auch durch die in den letzten Jahren festzustellende steigende illegale Migration das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung vergrößert und bestimmt immer mehr den politischen Diskurs. Die notwendigen politischen Debatten zur Verteidigungsfähigkeit, zur Wehrpflicht, zur Sicherung der Sozialsysteme und zur Migrationspolitik sind Ausdruck einer Welt in Unordnung. Resilienzsteigerung Die deutsche Sicherheitspolitik hat sich in den letzten Jahren seit der Wiedervereinigung zu wenig auf die Verteidigungsfähigkeit und den Bevölkerungsschutz fokussiert. Die von der neuen Regierung angekündigten Maßnahmen zur Resilienzsteigerung werden diese Defizite leider nicht bereits bis 2029 ausgleichen können, um wirklich Russland konventionell abschrecken zu können. Ohne den atomaren Schutzschirm der USA bleibt Deutschland schutzlos. Deutschland hat sich in den letzten Jahren beim Thema Resilienzsteigerung primär auf den Klimaschutz, die Stärkung der Cybersicherheit und die Stärkung der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern fokussiert. Fast jede Partei setzt sich für eine Stärkung der Sicherheitsbehörden ein. Allein der BDSW setzt sich vernehmbar für eine verstärkte Einbeziehung der Sicherheitswirtschaft zur Resilienzsteigerung ein, wenn auch diese Bemühungen bisher nur ansatzweise mit Erfolg gekrönt waren. Primär im Bereich des Schutzes Kritischer Infrastrukturen ist bereits die vorherige Bundesregierung – allerdings veranlasst aufgrund von EU-Vorgaben – aktiv geworden. Mit der Initiative Wirtschaftsschutz, die der BDSW 2016 mitinitiiert hat, verfolgen Staat und Wirtschaft das gemeinsame Ziel, den Schutz von Unternehmen und ihrer Geschäftstätigkeit vor verschiedenen Bedrohungen zu verbessern. Dazu gehört der Schutz vor Wirtschaftsspionage, Sabotage, Datendiebstahl und anderen Formen der Kriminalität, die den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens gefährden können. Die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) 2012 initiierte Allianz für Cybersicherheit verfolgt das primäre Ziel, die Widerstandsfähigkeit des Standortes Deutschland gegenüber Cyberangriffen zu stärken. Beide Initiativen sind allerdings nur Teilbestandteile einer Wirtschaftssicherheitsstrategie, denn sie zielen primär allein auf den Schutz von Unternehmen ab, nicht aber auf den Erhalt der wirtschaftlichen Souveränität Deutschlands. Geschäftsführer des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) RA Dr. Berthold Stoppelkamp

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==