63 DSD 3 | 2025 GESUNDHEITSSCHUTZ Ließen sich die aktuellen Regelungen, die in Hinsicht auf Cannabis für den Straßenverkehr bestehen, auch für den Arbeitsschutz nutzen? Dr. Juliane Falkenberg: Im Straßenverkehrsrecht stehen gesellschaftliche Abwägungsinteressen im Mittelpunkt. Dagegen steht im Unternehmen der betriebliche Arbeitsschutz mit der Vermeidung von Gefährdungen für alle Mitarbeitenden an erster Stelle. Im Straßenverkehrsrecht sind zu Alkohol und anderen Drogen entsprechende Regelungen verankert, dagegen bestehen im Arbeitsrecht keine festgelegten Grenzwerte. Hier müssen die Unternehmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit selbst tätig werden. Unfallversicherungsträger fordern seit jeher eine Null-Toleranz-Politik in Bezug auf Alkohol und andere Drogen. Dies galt und gilt trotz der seit Langem bestehenden Regelungen zu Promillegrenzen von Blutalkohol im Straßenverkehrsrecht. Laut wissenschaftlichem Beirat, der aktuell die Bundesregierung zum Grenzwert im Straßenverkehrsgesetz beraten hat, wird bei einem Cannabisgrenzwert von 3,5 ng/ml Blutserum eine Beeinträchtigung entsprechend einer Blutalkoholkonzentration von etwa 0,2 Promille im Mittel vermutet. Dabei bestehen wegen der individuellen Auswirkungen und Verstoffwechselung von Cannabis entsprechende Schwankungsbreiten, die zu bedenken sind. Aus sicherheitstechnischer und präventiver Sicht ist die folgerichtige Konsequenz, Cannabis genauso wie Alkohol im Betrieb zu behandeln. Mit einer eindeutigen Position und einem definierten Grenzwert von null im Betrieb besteht Klarheit für die Belegschaft. Auch kann Führungskräften nicht zugemutet werden zwischen Personen, die „leicht bekifft“ oder heute vielleicht doch zu sehr „zugedröhnt“ sind, zu unterscheiden, um sie am Kran oder anderen sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten zu lassen. Angenommen, es kommt zu einem Arbeitsunfall. Was wären die Folgen, wenn sich herausstellt, dass der Konsum von Cannabis dabei eine Rolle gespielt hat? Dr. Juliane Falkenberg: Insbesondere kostenintensive, schwere oder gar tödliche Arbeitsunfälle werden durch die gesetzlichen Unfallversicherungsträger durchleuchtet. Ergibt sich, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zu einem Arbeitsunfall geführt hat, resultiert eine haftungsrechtliche Verantwortung für den Arbeitgeber, und der zuständige Unfallversicherungsträger kann gegebenenfalls einen Regressanspruch geltend machen. Für Beschäftigte kann ein entsprechender Konsum von Cannabis unter Umständen zum Verlust ihres Versicherungsschutzes führen und ihnen bleiben die Leistungen der Unfallversicherung bei einem Unfall versagt. Welche rechtlichen Anforderungen müssen Unternehmen im Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz beachten? Ist es den Unternehmen möglich, entsprechende Verbote zu erlassen? Dr. Juliane Falkenberg: Was einige Arbeitgeber nicht wissen ist, dass es im Arbeitsrecht kein absolutes Rauschmittelverbot gibt. Neben Alkohol haben wir nun ein weiteres Rausch- und SuchtBild: # 1345107013 / istockphoto.com
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