50 DSD 3 | 2025 Die Liste aktueller Fälle von (mutmaßlicher) Spionage und Sabotage in Deutschland und anderen europäischen Staaten ist lang: Cyberangriffe auf Parteien und den Bundestag, ein Anschlagsplan auf Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender des Rüstungskonzerns Rheinmetall, per Luftpost verschickte Brandsätze (u. a. der Vorfall im DHL-Logistikzentrum in Leipzig im Sommer 2024), Hunderte Drohnenüberflüge zur Spionage und potenziellen Vorbereitung von Sabotageakten über Liegenschaften der Bundeswehr seit dem Beginn des r u s s i - schen Angriffskriegs gegen die Ukraine, unbefugter Zutritt von mutmaßlich Proxy-Akteuren russischer Geheimdienste in militärischen Liegenschaften der Bundeswehr, die beschädigten Datenkabel in der Ostsee im Winter 2024 und Januar 2025, der BND-Spionagefall für einen russischen Geheimdienst 2022 (Verdacht auf Landesverrat durch Spionage für Russland, der Gerichtsprozess dauert an). Mehrfach waren in den vergangenen Wochen und Monaten Schiffe der Marine (Bundeswehr) Ziel von mutmaßlichen Sabotageaktionen, durchtrennte Kabelbäume, Metallspäne im Antrieb, Öl im Trinkwassersystem.7 Geopolitische Umbrüche – (potenzielle) Folgen für deutsche Unternehmen Von „zerstörten Unterseekabeln fast im Monatsrhythmus, Sabotagehandlungen gegen deutsche Kriegsschiffe der Marine in deutschen Werften und auf See gestarteten Drohnen, die über deutschen KRITIS- und Industrieanlagen kreisen“, berichtete Vizeadmiral der Marine der Bundeswehr, Jan Kaack, im Frühsommer 2025. Die geopolitischen und geoökonomischen Umbrüche infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie Chinas offensive Geheimdienstaktivitäten haben neue Bedrohungen kreiert. Daher stehen – spätestens seit 2022 – vermehrt auch deutsche sowie europäische Unternehmen, KRITIS und Forschungseinrichtungen besonders im Fokus von Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage, (potenziell) von Sabotage sowie auch strategisch motivierter ausländischer Direktinvestitionen. Rohstoffe sind in letzter Zeit zur Verhandlungswaffe von Staaten wie China geworden. „Bei seltenen Erden aus China sind wir derzeit fast zu 100 Prozent abhängig“, erklärte Stéphane Séjourné, EU-Industriekommissar, im Juni 2025. Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnt seit Jahren davor, dass die deutsche Industrie zu sehr von Lieferungen kritischer Rohstoffe wie beispielsweise seltener Erden, aber auch Gallium und Germanium aus China, abhängig sei. Die Märkte für kritische Rohstoffe funktionierten nicht mehr, warnt der BDI. Deutsche Unternehmen stünden „staatlichen Akteuren und autokratischen Regimen gegenüber, gleichzeitig steige die globale Nachfrage nach kritischen Rohstoffen rapide.8 Fazit Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat einen neuen Ost-West-Konflikt ausgelöst, in dem sich die westlichen Demokratien und Russland als „Systemrivalen“ gegenüberstehen. Dieser neue Ost-West-Konflikt ist auf wirtschaftlicher und energiewirtschaftlicher Ebene auch ein Meta-Konflikt um Machtzonen und Marktzugänge, um Lieferketten und Technologieführerschaft, mit (potenziell) erheblichen Folgen für deutsche und andere europäische Unternehmen. 7 Vgl. https://www.tagesschau.de/inland/warnung-brandsaetze-pakete-100.html; https://www.br.de/nachrichten/deutschlandwelt/ostsee-wieder-datenkabel-beschaedigt,Ub0VOMY; https://www.rnd.de/politik/russische-spionage-und-sabotage-wie-pu tins-schattenkrieg-deutschland-trifft-UUFE3MEGPBMF5AQL7FN2Q7BNPM.html (26.7.2025). 8 Vgl. Handelsblatt (2025): Rohstoffe als Verhandlungswaffe, Nr. 116, S. 16-17. WIRTSCHAFT UND POLITIK Bild: # 1459802073 / istockphoto.com
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==