DER SICHERHEITSDIENST

61 DSD 4 | 2024 VERGABERECHT Sachverhalte. Diese Voraussetzungen hat der AG vorliegend nicht erfüllt. Weiterhin ist es notwendig, dass der AG sein Ermessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausübt. Daraus folgt die Pflicht, dem Bieter vor Ausschluss des Angebotes rechtliches Gehör zu verschaffen und die Möglichkeit zu geben, Vorwürfe zu widerlegen oder Selbstreinigungsmaßnahmen im Sinne von § 125 GWB darzulegen. Jedenfalls ist zu dokumentieren, warum im konkreten Fall eine Anhörung entbehrlich ist. Wenn der Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt wurde und dem Unternehmen die Möglichkeit zur Anhörung gegeben worden ist, hat der AG eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen und zu dokumentieren, ob dem Bieter unter Berücksichtigung der festgestellten Schlechtleistungen im Hinblick auf die Zukunft die gesetzestreue, ordnungsgemäße und sorgfältige Ausführung des Auftrages zugetraut werden kann. Da alle genannten Voraussetzungen und Prüfungsschritte vom AG nicht erfüllt waren, insbesondere auch eine ordnungsgemäße Dokumentation und die Anhörung des Bieters fehlten, hat die VK den Ausschluss vom Verfahren als rechtswidrig beurteilt. Da sich zudem weitere Fehler in der Wertung der Angebote gezeigt haben, ist das streitgegenständliche Vergabeverfahren schließlich vor Bekanntmachung des Vergabeverfahrens zurückversetzt worden. Praxishinweise Die Entscheidung zeigt, dass nicht jede Schlechtleistung in der Vergangenheit vom AG genutzt werden kann, um Bieter für zukünftige Verfahren auszuschließen. Sollte ein vorheriger Vertrag mit dem Auftraggeber wegen Schlechtleistungen oder anderen Streitpunkten vorzeitig beendet worden sein, ist es immer auch möglich, für die Zukunft darzulegen, dass ein solches vertragswidriges Verhalten sich nicht wiederholen wird. Es ist daher ratsam, auf entsprechende Umstände möglichst eigenständig und vollständig hinzuweisen und ggf. Maßnahmen der Selbstreinigung frühzeitig darzulegen, um dem Auftraggeber insoweit„den Wind aus den Segeln zu nehmen“. Sollte der Auftraggeber während der Wertung der Angebote Nachfragen stellen, sind diese möglichst frühzeitig und umfassend zu beantworten, um die Zuverlässigkeit und das Interesse am Auftrag zu dokumentieren.

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