53 DSD 4 | 2024 BERICHT AUS BERLIN unverändertem Inkrafttreten militärische Sicherheitsbereiche in Deutschland nicht mehr ausreichend geschützt werden können. Alle diese Beispiele zeigen, dass man bereits allein auf der regulatorischen Seite und Vollzugsebene noch weit davon entfernt ist, eine resiliente Gesellschaft zu schaffen. Es besteht sogar die Gefahr, dass durch neue Gesetze bei Ausblendung von Vollzugsrisiken ungewollt erst neue Sicherheitslücken entstehen und damit die Resilienz geschwächt wird. Bevölkerung kennt Gefahren, aber blendet Konsequenzen aus Nach einer regelmäßig durch die Forschungsgruppe Wahlen durchgeführten Bevölkerungsbefragung sahen im September 2024 die Themenkomplexe Migration/Asyl (42 %), Wirtschaftslage (21 %) gefolgt von Energie/Versorgung/Klima (17 %) als die wichtigsten Probleme in Deutschland an. Demgegenüber sahen nur noch 6 Prozent in dem Ukrainekrieg eine Gefahr für Deutschland; im März 2022 waren dies noch 57 Prozent. Dies verwundert umso mehr, als sich die militärische Lage in den letzten Monaten für die Ukraine stetig verschlechtert hat. Aber selbst im November 2023, d. h. nach Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, war die Mehrheit der Bevölkerung (54 % nach einer Befragung der Körber-Stiftung) der Auffassung, Deutschland solle sich aus internationalen Krisen stärker heraushalten. Eine militärische Führungsrolle von Deutschland wird von 68 Prozent der Bevölkerung abgelehnt. Es verwundert daher überhaupt nicht, dass AfD bzw. BSW bei den Landtagswahlen in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg mit dem Thema (Re-)Migration und der Forderung einer sofortigen bedingungslosen Beendigung des Ukrainekrieges sehr große Zustimmung fanden und zusammen jeweils fast die Hälfte aller Stimmen auf sich vereinnahmen konnten. Nach wie vor gibt es auch nicht ansatzweise eine Mehrheit in der Bevölkerung, durch Reduzierung von Sozialabgaben eine Erhöhung von Haushaltsmitteln für Verteidigungsausgaben mitzutragen. Die Politik vermeidet parteiübergreifend jedoch auch, dies dem Bürger klarzumachen, da man mit solchen Botschaften keine Wahl in Deutschland gewinnen wird. Zur Kriegstüchtigkeit gehört auch Verteidigungswilligkeit Verteidigungsminister Boris Pistorius hat zu Recht aufgrund des Krieges in der Ukraine, der Kriege im Nahen Osten und politischen Unruhen in den Staaten der Sahelzone das Ziel vorgegeben, dass Deutschland mittelfristig, d. h. bis 2029 kriegstüchtig sein muss. Deutschland muss Abschreckung leisten, um zu verhindern, dass es zum Äußersten kommt. Zentral sind hierzu die Themen Personal, Material und Finanzen. Im Ernstfall werden junge Frauen und Männer gebraucht, die unser Land verteidigen können. Dieses Ziel blendet aber bisher aus, dass neben einer Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr gerade auch eine Verteidigungswilligkeit der Gesellschaft gegeben sein muss. Hinsichtlich Letzterem ist es leider mehr als fraglich, ob dies in Deutschland gegeben ist. Die Wahlerfolge von AfD und BSW weisen in eine ganz andere Richtung. Erschreckend ist zudem eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA vom 22. Februar 2022, kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Nur 29 Prozent der Deutschen waren bereit, Deutschland militärisch zu verteidigen. Im Kriegsfall würde jeder vierte Deutsche die Flucht in das Ausland antreten. Insofern ist festzuhalten, dass die deutsche Bevölkerung aktuell nicht verteidigungswillig ist und die russischen Desinformationskampagnen seit dem Ukrainekrieg Früchte tragen. Wäre dieses Phänomen der Verteidigungsunwilligkeit der deutschen Gesellschaft auch in Israel vorhanden, wäre Israel bereits von der Landkarte verschwunden. Dies sollte sich die deutsche Gesellschaft immer vor Augen halten. Deutschland fehlt nach wie vor der politische Wille, notfalls zu kämpfen. Der Beitrag der Sicherheitswirtschaft in Deutschland in Friedenszeiten, in Krisen und im Verteidigungsfall Wenn wir Deutschland resilienter gestalten wollen, darf auch der Bereich der ZivilMilitärischen Zusammenarbeit, d. h. das Zusammenwirken der Sicherheitswirtschaft mit den Streitkräften im Bereich der Bündnis- und Landesverteidigung, in der Gefahrenabwehr, bei Hilfeleistungen im Katastrophenfall oder bei Auslandseinsätzen der Streitkräfte im Rahmen von Stabilisierungsoperationen im Sinne einer Gesamtstrategie nicht ausgeklammert werden. Das Sicherheitsgewerbe mit seinen nunmehr rund 285.000 Beschäftigten erbringt seit Jahren immer mehr Tätigkeiten, die der Absicherung beziehungsweise Aufrechterhaltung von sämtlichen KRITIS-Sektoren in Deutschland dienen. Dazu zählen ObjektBild: # 1915376759 / istockphoto.com
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