10 DSD 4 | 2024 GELD UND WERT Hat Bargeld Zukunft? Von Dr. Markus Lehnert „Bye-bye, Bargeld.“ Mit diesem Werbeslogan läutete ein Kreditkartenunternehmen vor einiger Zeit in einer Plakatanzeige das vermeintliche Ende des Bargelds ein. Die LP titelte jüngst „Bargeld nervt“. In einigen wenigen (kleinen) Einzelhandelsunternehmen sind Schilder mit der Aufschrift„No Cash“ zu sehen. Am PoS sieht man vermehrt (junge) Menschen, die mit ihrer Uhr oder dem Smartphone zahlen. Sind das Momentaufnahmen? Einzelbeispiele? Oder schlicht und einfach medial gepushte Kampagnen und Informationen, die nicht repräsentativ sind? Klar ist, dass unbare Zahlungsverfahren immer wichtiger werden. Sie sind heute nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken, und vor allem jüngere Menschen zahlen vermehrt unbar, zumeist digital mit dem Handy. So zumindest die propagierte mediale Wahrnehmung in der perfekt funktionierenden Welt der durch Werbekampagnen der Zahlungsdienstleister dargestellten Theorie. Und in der (wirklichen) Praxis? Im echten Leben? Im Jahr 2023 zahlten die Verbraucher in Deutschland die Hälfte der Waren und Dienstleistungen mit Münzen und Banknoten, insbesondere bei kleineren Beträgen sowie bei Einkäufen des täglichen Bedarfs. Laut einer Studie der Deutschen Bundesbank möchten in 15 Jahren circa zwei Drittel der Befragten Bargeld im gleichen Umfang nutzen wie bisher. Die Antwort, ob Bargeld Zukunft hat bzw. zukunftsfähig ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Einer der wichtigsten Faktoren ist die Verfügbarkeit des Bargelds. Die Sprengung von Geldautomaten, der Rückzug der Kreditinstitute aus der Fläche, insbesondere im ländlichen Raum, und der damit verbundene Abbau von Geldautomaten, die z. T. zu sehende Annahmeverweigerung von Bargeld etc. sind alles Faktoren, welche die Verfügbarkeit von Bargeld erschweren. Auch die Gebührenstruktur beim CashbackVerfahren ist hierzu zu beachten. Wer möchte heute schon Weg und Zeit in Kauf nehmen, um sich mit Bargeld zu versorgen, wenn die Debit- oder Kreditkarte stets verfügbar ist? Im Ergebnis heben die Menschen an den Automaten in der Tendenz eher höhere Bargeldbeträge ab, um sich einzudecken und den Weg nicht mehrmals in Kauf nehmen zu müssen. Das aber nur im günstigsten Fall. Der bequemere Weg ist es meist, unbar zu zahlen. Oder gleich im Internet bequem von der Couch aus zu shoppen. Dies leitet zu einem zweiten wichtigen Faktor in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Bargeldes über: „Akzeptanz“. Zum einen die bereits thematisierte Bargeldakzeptanz am PoS, die heute fast durchgängig gegeben ist. Self-Checkout, Vending-Stores, Automatenland-Shops etc. sind gegenwärtige Entwicklungen, die sich zumeist unbar vollziehen und einem jüngeren Adressatenkreis unbare Zahlungsmittel promoten. Im „klassischen“ Einzelhandel ist die Bargeldakzeptanz hingegen grundsätzlich gegeben, denn in Deutschland hat jeder das Recht, mit Bargeld zu zahlen. Euro-Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel. Bei Münzen hingegen muss niemand mehr als 50 Münzen annehmen. Für das Zahlungssystem ist es unerlässlich, dass Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel überall akzeptiert wird. So kann jeder frei wählen, wie er bezahlen will, und Menschen ohne Zugang zu elektronischen Zahlungssystemen werden nicht benachteiligt. Bargeld ist somit ein wichtiges Instrument bei der Ausübung der Grundrechte. Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Diskussion rund um den „digitalen Euro“ sollte dies in Zukunft auch so bleiben. Akzeptanz heißt aber auch, dass wir als Gesellschaft Bargeld akzeptieren und dessen Vorteile auch wertschätzen, indem wir Bargeld als ZahlungsGeschäftsführer der BS Beck Sicherheitsdienst GmbH & Co. KG und stv. Vorstandsmitglied der BDGW Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste www.ugl-sicherheit.de Dr. Markus Lehnert Bild: # 827611638 / istockphoto.com
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