DER SICHERHEITSDIENST

79 DSD 1 | 2023 VERGABERECHT Die Vergabeunterlagen des Antragsgegners verstoßen damit gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz aus § 97 Abs. 1 und 2 GWB. Aus beiden Grundsätzen ergibt sich, dass bei der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen sowohl die Menge oder der Schätzwert als auch eine Höchstmenge oder ein Höchstwert der zu erbringenden Dienstleistung oder der zu liefernden Ware anzugeben sind. Es ist festzulegen, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist. Dies folgt aus dem Urteil des EuGH vom 17. Juni 2021 (Rs. C-23/20). Für die Bieter sind diese Angaben notwendig, um ihre Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Rahmenvereinbarung beurteilen zu können. Außerdem könnte der Auftraggeber aus der Rahmenvereinbarung quasi unbegrenzt Leistung verlangen, zu der der Auftragnehmer dann verpflichtet wäre, wenn keine Höchstmenge festgelegt wird. Da die vorliegende Rahmenvereinbarung nach Erreichen des Höchstwertes lediglich ein Kündigungsrecht des Auftraggebers vorsieht, erfüllt sie die Anforderungen der EuGH-Rechtsprechung hierzu nicht. Die Leistungspflicht des Auftragnehmers erlischt gerade nicht automatisch mit dem Erreichen der Höchstmenge. Der vorliegende Verfahrensfehler verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten. Dafür reicht es aus, dass nicht oder nicht zuverlässig beurteilt werden kann, ob die Antragstellerin bei vergaberechtskonformer Gestaltung des Vergabeverfahrens in der Wertung den ersten Platz hätte erringen können. Aus diesem Grund hebt das OLG das Vergabeverfahren auf und setzt es in den Stand vor Angebotsabgabe zurück. Nach Überarbeitung der Vergabeunterlagen kann der Auftraggeber erneut Angebote einholen. 3. Praxishinweise Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Vergabeunterlagen vor Angebotsabgabe äußerst sorgfältig zu prüfen und zu bearbeiten sind. Nachdem das OLG nun deutlich darauf hingewiesen hat, dass in der Rahmenvereinbarung Höchstmengen oder -werte anzugeben sind, können sich Bieter in Zukunft jedoch nicht mehr mit derselben Sicherheit wie zuvor darauf berufen, dass eine Rügeverpflichtung nicht bis zum Ablauf der Frist für die Angebotsabgabe bestanden habe. Fehlen entsprechende Angaben in den Vergabeunterlagen, wäre dies sicherheitshalber bereits vor Abgabe eines Angebotes gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass eine spätere Beanstandung als verspätet zurückgewiesen wird. Gleichzeitig stellt das OLG klar, dass der Bieter bei der Vergabe eines Rahmenvertrages einen Anspruch auf die Benennung einer entsprechenden Höchstmenge hat, um Sicherheit für die Kalkulation zu erlangen. Hierauf ist der Auftraggeber ggf. durch entsprechende Nachfragen vor Angebotsabgabe hinzuweisen. Auch bei einer Rahmenvereinbarung ist die Leistung so eindeutig und abschließend wie möglich zu beschreiben. Dies bedeutet, dass trotz einer gewissen Unsicherheit in Bezug auf die aus der Rahmenvereinbarung abgerufenen Menge dennoch so viel Klarheit wie möglich herzustellen ist. Der Auftraggeber kann diese insoweit schaffen, indem er den Bietern mitteilt, dass über die Vertragslaufzeit jedenfalls nicht mehr als das angegebene Volumen abgerufen wird. Bild: ArLawKa AungTun / istockphoto.com

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