DER SICHERHEITSDIENST

76 DSD 1 | 2023 RECHT Arbeitsrecht in Kürze Von Rechtsanwältin Cornelia Okpara Keine Vergütung wegen Annahmeverzug bei verweigerter Durchführung von PCR-Tests Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Juni 2022, AZ: 5 AZR 28/22 Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber in Umsetzung ihn treffender arbeitsschutzrechtlicher Verpflichtungen nach § 618 Abs. 1 BGB i. V. m. § 106 Satz 2 GewO berechtigt sein kann, auf Grundlage eines betrieblichen Hygienekonzepts Coronatests einseitig anzuordnen. Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs und über die Verpflichtung der Klägerin, zur Ausübung ihrer Tätigkeit einen PCRTest vornehmen zu lassen. Die Klägerin war seit 1997 als Flötistin bei der Bayerischen Staatsoper beschäftigt. Zur Verhinderung von Ansteckungen mit SARS-CoV-2 ergriff die Bayerische Staatsoper im Jahr 2020 Schutzmaßnahmen. Dazu zählten u. a. eine Vergrößerung der Fläche für das Orchester, das Aufstellen von Trennwänden, sowie – soweit möglich – eine Maskenpflicht. Zusätzlich hat die Staatsoper nach Beratung mit Experten im Rahmen ihres laufend fortentwickelten betrieblichen Hygienekonzepts eine Teststrategie entwickelt. Nach dieser Teststrategie mussten alle Mitarbeiter nach den Theaterferien bei Dienstantritt einen negativen PCR-Testbefund vorlegen. Folgetestungen sollten für Orchestermusiker alle ein bis drei Wochen stattfinden. Die Bayerische Staatsoper bot kostenlose Testungen an, alternativ war auch die Vorlage eines externen PCR-Testergebnisses möglich. Die Klägerin verweigerte die Testung. Der beklagte Freistaat Bayern beschäftigte die Klägerin daraufhin nicht mehr und stellte die Gehaltszahlungen ein. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin Beschäftigung ohne Testverpflichtung und machte Vergütung wegen Annahmeverzug, hilfsweise Vergütung für Zeiten häuslichen Übens, geltend. Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, vor Dienstantritt nach den Theaterferien einen PCR-Test vornehmen und die Folgetestungen durchführen zu lassen. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachkam, habe der Freistaat die Entgeltzahlung einstellen können. Die Klägerin habe keine Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs verlangen können. Die Klägerin sei nicht leistungswillig im Sinne des § 297 BGB gewesen, der Arbeitgeber sei deshalb nicht in Annahmeverzug geraten. Die Anordnung von PCR-Tests sei wirksam gewesen und habe auf § 618 Abs. 1 BGB i. V. m. § 106 Satz 2 GewO gestützt werden können. Der beklagte Freistaat habe die spezifischen betrieblichen Gegebenheiten berücksichtigt und sich an den allgemeinen Grundsätzen von § 4 ArbSchG orientiert und zuerst technische, dann organisatorische und zuletzt persönliche Maßnahmen ergriffen. Die Anweisung von PCR-Tests sei zwar im streitgegenständlichen Zeitraum über die damaligen arbeitsschutzrechtlichen (Mindest-)Anforderungen hinausgegangen, sie habe aber dennoch – auch unter Berücksichtigung der mit ihr verbundenen Grundrechtseingriffe – billigem Ermessen entsprochen. Die Grundrechtseingriffe in das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seien verhältnismäßig und damit gerechtfertigt. Auch nationale oder unionsrechtliche Datenschutzbestimmungen begründeten keine Unwirksamkeit der Anweisung. stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des BDSW Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft RAin Cornelia Okpara

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