DER SICHERHEITSDIENST

KRITISCHE INFRASTRUKTUR 45 DSD 1 | 2023 gebieten, den Ausbau des klassischen Hochwasserschutzes oder die Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes. Kritisiert wurden zudemdie Defizite bei der Digitalisierung. Wie ist Deutschland seit der Flutkatastrophe vorangekommen? Fritz Rudolf Körper: Wir müssen hier weiter Tempo machen. Dies betrifft speziell die Einführung des Warnsystems Cell Broadcast, das direkt auf mobilen Endgeräten alarmiert, aber auch andere bewährte digitale Systeme, die Institutionen und Unternehmen mit intelligenten Anwendungen dabei unterstützen, im Ernstfall gezielt zu handeln. Gleichzeitig gibt es keine Alternative zu einer flächendeckenden und durch regelmäßige Tests reibungslos funktionierenden Sireneninfrastruktur – plus das Know-how der Bürger über die Bedeutung der Alarme. Aber noch einmal zurück zur Digitalisierung. Sie ist längst auch zum Instrument moderner Kriegsführung geworden. Wolfgang Bosbach: Das ist leider auch richtig. Zwar sehen wir in der Ukraine wieder klassische Schlachtfelder einer konventionellen Kriegsführung, auf denen die Armeen verfeindeter Staaten mit ihren Waffensystemen aufeinanderprallen. Aber in der Tat ist auch das „Netz“ zu einer Art Schlachtfeld geworden. Und dieses Schlachtfeld ist für die angegriffenen Staaten nicht minder bedrohlich. Viele Cyberangriffe sind von einer – leider muss man so formulieren –„Qualität“, dass man davon ausgehen muss, dass hier zumindest auch staatliche Hilfe hinter den Angriffen steckt. Die konventionelle Kriegsführung wird somit durch eine völlig andere Art von Angriffen flankiert. Wo bestehen gegebenenfalls weitere Verbesserungen? Fritz Rudolf Körper: Die Coronakrise hat vor allem die Relevanz von Risiko und Business Continuity Management gelehrt. So können die erforderlichen Prozesse und Ressourcen für die Bewältigung der Krisenfälle gezielt gesteuert werden: angefangen bei der Vorhaltung von Schutzkleidung und Medikamenten in der Pandemie über Back-up-Systeme gegen Cyberangriffe bis hin zur Wasserversorgung bei Dürren oder die Notstromversorgung im Falle eines Blackouts. Und was betrifft die administrative Aufstellung? Fritz Rudolf Körper: Bei der Hochwasserkatastrophe sind erhebliche Probleme bei der Kooperation im operativen Bereich deutlich geworden. Wir müssen also noch klarere Zuständigkeiten, eindeutige Informations- und Entscheidungsketten sowie effektive Meldewege schaffen – von Innen- und Umweltministerien in Bund und Ländern über das Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) bis hin zu Kreisverwaltungen und Landratsämtern, denen im Ernstfall eine entscheidende Funktion zukommt. Das neue Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB) beim BBK zur Stärkung der operativen Bund-Länder-Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schritt. Viel hängt von der Finanzausstattung ab ... Wolfgang Bosbach: Hier gilt das, was in der Haushaltspolitik generell gilt: Es gibt keinen einzigen Bereich, kein Aufgabenfeld, auf dem der Staat nicht noch mehr tun könnte oder gar tun müsste. Also gilt das auch für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Finanziell, technisch und personell. Und die Kooperation mit wichtigen gesellschaftlichen Playern? Fritz Rudolf Körper: Das ist natürlich ein wichtiges Thema, da THW, Feuerwehren und Wohlfahrtsverbände tragende Säulen des Bevölkerungsschutzes sind. Dieses Zusammenspiel von Staat und bürgerschaftlichem Engagement ist nicht hoch genug einzuschätzen. Und sollte angesichts steigender Aufgaben bei gleichzeitig begrenzten staatlichen Ressourcen sowie dem unter anderem auch im Feuerwehrsektor abnehmenden Freiwilligenengagement forciert werden. Sicherheitstechnik spielt beim Schutz Kritischer Infrastrukturen eine zentrale Rolle. Bild: © KÖTTER Services

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==