DER SICHERHEITSDIENST

43 DSD 4 | 2022 Udo Hansen: Die Branche ist, nicht zuletzt durch die aktuelle Tariflohnhöhe, eine sehr attraktive Branche für eine Vielzahl an Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Qualifikationen. Ich denke, dass wir vor allem mit der von uns angestrebten Vereinheitlichung der Qualifikations- und Zertifizierungsbasis einen Schritt in die richtige Richtung gehen würden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die drei Grundfertigkeiten, die in allen Aufgabenfeldern von den Kontrollkräften zu beherrschen sind – nämlich die Kontrolle/Durchsuchung von Personen und mitgeführten Sachen, von Kraftfahrzeugen sowie die Interpretation von Darstellungen in bildgebenden Verfahren – als Grundbefähigung in den genannten Aufgabenfeldern derzeit nach unterschiedlichen Systemen mit unterschiedlichem Aufwand und Methoden unterrichtet und abgeprüft beziehungsweise zertifiziert werden. Neben solchen systematischen Veränderungen halte ich aber auch den verstärkten Einsatz von moderner und leistungsfähiger Kontrolltechnik für unabdingbar. Gehen wir weg von der reinen Personalfrage hin zu Struktur und Organisation der Luftsicherheit. Können Sie „kurz“ zusammenfassen, welche Behörde wofür zuständig ist? Udo Hansen: Kurz ist hier leider das Problem – es sind nämlich deutlich zu viele. Die Hauptakteure sind das Bundesinnenministerium, die Bundespolizei, das Bundesverkehrsministerium und das Luftfahrt-­ Bundesamt. Zusätzlich gibt es dann aber noch Bereiche, in denen die Luftsicherheitsbehörden der Länder sowie deren jeweils zuständigen Landesministerien zuständig sind. Zu dieser horizontalen Zerstückelung der Zuständigkeiten kommt noch eine vertikale Aufteilung von Aufgaben auf verschiedene Ebenen der den jeweiligen Ministerien nachgeordneten operativ tätigen Behörden. Sollte die Fluggastkontrolle wieder verstaatlicht werden? Wäre das die Lösung? Udo Hansen: Nein, denn es gab gute Gründe für die Privatisierung. Diese Forderung nach einer Verstaatlichung wird insbesondere von verschiedenen Gewerkschaftsvertretern mit jeweils unterschiedlichen Lösungsansätzen vorgeschlagen. An einer überzeugenden Begründung, die die Problemstellung aus sicherheitsfachlicher, rechtlicher und wirtschaftlicher Perspektive analysiert und die Vorteile der angeblichen Lösungen aufzeigt, mangelt es allerdings den Vorschlägen. Völlig ignoriert wird zudem auch die Tatsache, dass in den anderen relevanten EU-Ländern niemand auf derartige Ideen gekommen ist. Im Kern ignorieren diese Gedankengänge die Gesamtproblematik einer effizient funktionierenden Luftsicherheit an einem Flughafen, die weit umfangreicher ist als eine Reduktion auf die reine Fluggastkontrolle. Die Verbesserung der Planung und Umsetzung effizienter Maßnahmen, mit dem Flughafen als einem ganzheitlich zu schützenden Objekt im Fokus, wäre deutlich zielführender als die Diskussion über Privatisierung oder Verstaatlichung. Welche Strukturen und Verantwortlichkeiten würden Sie sich wünschen? Und wer könnte diese umsetzen? Udo Hansen: Diese Frage muss mit dem Fokus auf das angestrebte, optimale Ergebnis gestellt werden. Wichtig ist, dass mit einer guten neuen Systematik die oben genannte Aufsplitterung der Zuständigkeiten deutlich verringert oder idealerweise aufgehoben wird und ein einheitliches, effizientes System zur Durchführung, Qualifizierung und Zertifizierung der Beschäftigten geschaffen wird. Wenn dies erfolgen würde, wäre es irrelevant, ob eine Behörde, ein Flughafenbetreiber oder ein Dienstleister bestimmte Planungsaufgaben oder Ähnliches übernimmt. Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass der konkrete Einsatz der Kontrollkräfte durch eine Stelle erfolgt, die möglichst viele der einzelnen Prozessschritte zu koordinieren und verantworten hat und in Echtzeit über die dafür erforderlichen Informationen verfügt. Ein solches System würde wiederum in Echtzeit reagieren können und Informationsverlusten vorbeugen sowie die vorhandenen Kräfte ressourcenschonend und optimal einsetzen können. Anfang nächsten Jahres übernimmt der Betreiber des Frankfurter Flughafens Fraport die Organisation und Steuerung der Luftverkehrssicherheitskontrollen. Ein Schritt in die richtige Richtung? Udo Hansen: Wie die Umsetzung in der Praxis verlaufen wird, bleibt abzuwarten – aber ja, ich denke es könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein. Insbesondere ist mit dem Flughafenbetreiber der Akteur verantwortlich, der die oben genannten Anforderungen und die entsprechende Informationsverfügbarkeit erfüllt. Denn am wichtigsten ist, wie bereits erwähnt, dass Sicherheit und Effizienz der Luftsicherheit im Fokus aller Beteiligten und Abläufe stehen. LUFTSICHERHEIT „Es gab gute Gründe, die Fluggastkontrolle zu privatisieren.“ Bild: #92513669/Fotolia

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