DER SICHERHEITSDIENST

64 DSD 3 | 2022 WIRTSCHAFTSSCHUTZ Und nicht zuletzt werden auch von elektrischer Energie abhängige Sicherheitssysteme funktionslos. Zwar verfügen beispielsweise Videoüberwachungsanlagen und Sensoren/Detektorsysteme zur Vorbeugung gegen Blackouts über eine Pufferung. Doch die kann meist nur kurzfristige Energieausfälle überbrücken. Für längere Unterbrechungen der Stromversorgung reichen die Speicherkapazitäten meist nicht aus. Das bedeutet: Betroffene Unternehmen sind nicht nur Teilen ihrer Handlungsfähigkeit beraubt, sie stehen auch noch weitestgehend schutzlos da. Das gilt auch für den Brandschutz. Bei einem Blackout fallen ungepufferte Brandmeldeanlagen und automatische Löschanlagen ebenso aus wie selbsttätig schließende Brandschutztüren und Entrauchungsanlagen. Auch Lüftungs- und Klimaanlagen, oftmals zentrale Elemente regelkonformer Arbeitsbedingungen und der COVID-Prävention, versagen ihren Dienst. Ein Vergleich: Wenn wir in das Cockpit eines Verkehrsflugzeuges blicken, sind wir oft erstaunt über die Vielzahl der Instrumente. Doch die verwirrende Anzahl hängt auch damit zusammen, dass viele Anzeigen doppelt oder sogar dreifach angelegt sind, um einzelne Ausfälle zu kompensieren. Stichwort Redundanz. Hand aufs Herz: Haben Sie eine vergleichbare Absicherung auch für Ihr Unternehmen? Gerade im Blick auf die Energieversorgung, ohne die so gut wie nichts mehr geht. Was also kann konkret getan werden, um bei einem Blackout zumindest in gewissem Maße handlungsfähig und gesichert zu bleiben?Wichtigster Punkt ist, dass nach wie vor Energie zur Verfügung steht, obwohl über die regulären Netze nichts mehr ankommt. Laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sind unter anderem • Brennstoffzellen, • Kleinwindkraftanlagen, • Batterieanlagen, • Blockheizkraftwerke, • photovoltaische Einrichtungen (Solar-/PV-Module) sowie • Tret- und Kurbelgeneratoren zur Kompensation von Stromausfällen denkbar. Solche Vorrichtungen kurzfristig zu beschaffen und installieren zu lassen, dürfte jedoch nicht einfach sein. Im Blick auf PVAnlagen sind beispielsweise die Facherrichter heillos ausgelastet. Wer Anfang des nächsten Jahres einen Termin bekommt, kann sich glücklich schätzen. Frühzeitiger realisierbar ist dagegen das Beschaffen von sogenannten Notstromaggregaten. Diese fachsprachlich Notstromversorgungs- (NSV-) oder Sicherheitsstromversorgungsanlagen genannten Systeme erfordern den geringsten organisatorischen Aufwand und sind – abgesehen davon, dass Platz für die Anlagen und eventuelle Tanks geschaffen werden muss – mit überschaubaren baulichen Veränderungen umsetzbar. Betrieben werden solche Anlagen mit handelsüblichen Kraftstoffen (Diesel, Benzin) oder auch leistungsstarken Batterien. Laufen sie mit Treibstoffen, ist zu bedenken, dass sich deren Qualität im Laufe der Zeit entscheidend verschlechtert. So gilt Diesel als maximal sechs Monate lagerfähig. Denkbar ist die notfallmäßige Versorgung von einzelnen Büros oder anderen Betriebseinrichtungen oder Insellösungen für Kernbereiche. Optimal wäre die große Lösung, also eine oder mehrere zentrale Anlage(n), die im Idealfall automatisch anspringen, wenn aus dem regulären Netz nicht mehr ankommt. Das aber wird aber nicht in jedem Betrieb infrastrukturell oder kostenmäßig darstellbar sein. Vielmehr dürfte in vielen Fällen die Identifizierung der unternehmenskritischen Bereiche sinnvoll werden, wie es auch das BBK anrät. Das sind jene Organisationseinheiten, Gebäudeteile und Anlagen, deren Ausfall schwerwiegende Folgen auf den Geschäftsbetrieb haben oder ihn gar zum Erliegen bringen. Sinn der Übung ist, dass nur in seltensten Fällen sämtliche Bereiche eines Unternehmens vor Stromausfall geschützt werden können und es deshalb einer Schwerpunktsetzung bedarf. Bedenkenswert: Ein Unternehmen wird häufig mit einem Organismus verglichen. Ein Vergleich, der keinesfalls hinkt. Denn wie beim menschlichen Körper ist keines der lebenswichtigen Organe autark, sondern immer auf andere Organe angewiesen. So ist es auch bei der Identifizierung der unternehmenskritischen Bereiche. Fragestellung ist nicht nur, was ist wichtig, sondern was muss miterhalten werden, damit das Wichtige weiterhin funktioniert. Bei einer solchen „Triage“ besteht allerdings immer die Gefahr, dass die physische Sicherheit ins Hintertreffen gerät. Muss zwischen Produktionsanlagen und Sicherheitssystemen entschieden werden, wird die Wahl voraussichtlich nicht auf Letzteres fallen. Um die Sicherheit dennoch zu gewährleisten, kann den Wach- und Sicherheitsdiensten (WSD) eine maßgebliche Rolle zukommen. Denken wir einmal an den Ausfall der Kartenleser und Drehkreuze/Schranken der Zutrittskontrolle. Und lenken wir unseren Blick auch auf die Videoüberwachung und den Perimeterschutz. Lassen sich diese Sicherheitseinrichtungen nicht mehr mit elektrischer Energie versorgen, kommt es zu hochriskanten Lücken. Es wäre das erste Mal, dass Wirtschaftskriminelle und Späher aller Art diese einmalige Chance nicht nutzen. Fatal wäre es, in einer solchen Situation die Zutrittskontrolle einzuschränken oder ganz auf sie zu verzichten. Und das zu einer Erst die elektrische Energie hat den technischen Fortschritt möglich gemacht. Bleibt sie aber aus, kommt es zu einer wahren Kettenreaktion der Geräteausfälle. Foto: Timo Klostermeier

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