DER SICHERHEITSDIENST

63 DSD 3 | 2022 WIRTSCHAFTSSCHUTZ Flächendeckende Stromausfälle in Deutschland – ein Szenario, das jederzeit real werden kann Von Klaus Henning Glitza Ehemaliger Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, Träger des Deutschen Förderpreises Kriminalprävention (Stiftung Kriminalprävention, Münster) und seit 2003 als Fachjournalist für Sicherheitsfragen tätig Klaus Henning Glitza Aus einer abstrakten Bedrohung ist eine Gefährdungslage geworden, die jederzeit real werden kann. Dass es auch in Deutschland zu flächendeckenden oder große Gebiete umfassenden Stromausfällen kommen kann, ist angesichts neuer Entwicklungen um ein Vielfaches wahrscheinlicher geworden. „Obwohl die Stromversorgung in Deutschland auf einem hohen Niveau erfolgt, können auch größere Stromausfälle aufgrund von Naturereignissen, technischen Störungen, Anschlägen oder sonstigen Vorkommnissen nicht ausgeschlossen werden“, konstatiert das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Auch Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbandes, stellt aktuell fest, dass zu den möglichen Ursachen (extreme Wetterereignisse wie Flutwellen oder schwere Stürme infolge der Klimakrise) die jüngsten Engpässe bei der Energieversorgung und die sich mehrenden Cyberangriffe getreten sind. Schon sind Attacken gegen Kritische Infrastrukturen (KRITIS), unter anderem gegen Stadtwerke und Netzbetreiber, bekannt geworden. Gewissermaßen als Turbo wirkt der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seitens des Aggressors wird Deutschland als „Kriegspartei“ gesehen. Das hat staatlich gelenkte Hackertruppen, die sogenannten Trolle, auf den Plan gerufen. Deutsche Behörden wissen um russische Hackerstrukturen, die mehr als 150 Unternehmen der Strom- und Wasserversorgung in nachrichtendienstlicher Manier ausgekundschaftet haben. Das US-Justizministerium und auch deutsche Dienste gehen von Verbindungen zum russischen KGB-Nachfolgedienst FSB aus. Energieausfälle von längerer Dauer sind SuperGAUs. Denn eine Stromunterbrechung wirkt nicht nur auf Geräte und Anlagen, die wir auf den ersten Blick als energieabhängig erkennen. Bei einem Blackout ist auch die Wasserversorgung infrage gestellt, weil in den Wasserwerken und auch in zahlreichen betrieblichen Netzen Pumpleistungen vonnöten sind. Ebenso die Treibstoffversorgung könnte problematisch werden, da auch Tanksäulen und Zapfpistolen ohne Energiezufuhr nicht funktionieren. Mit der IT fahren auch die Möglichkeiten, Aufträge auf elektronischem Wege entgegenzunehmen oder zu erteilen, mitsamt dem Onlinebanking in den Keller. Mobiltelefone bleiben nur so lange betriebsfähig, wie ihr Akku reicht. Auch viele Netze sind für maximal zwei Tage gepuffert. Foto: Martin Berk/pixelio.de Ein Umspannwerk. Russisch gelenkte Hacker haben solche und andere Einrichtungen nach aktuellen nachrichtendienstlichen Erkenntnissen bereits ausgekundschaftet.

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