DER SICHERHEITSDIENST

WIRTSCHAFT UND POLITIK 46 DSD 3 | 2022 Sicherheitslage der Wirtschaft 2022 Von MinDir a.D. Reinhard Rupprecht Vizepräsident des BKA a.D., Ministerialdirektor beim BMI a.D. und heute als unabhängiger Berater in Sicherheitsfragen tätig. Die Wirtschaft bildet die größte Zielgruppe der Sicherheitsdienstleister. Die Risikoanalyse als fester Bestandteil der Sicherheitsberatung muss auf der aktuellen Belastung der Wirtschaft und ihrer Branchen als Basis der individuellen Bedrohung des einzelnen Unternehmens aufbauen. Kriminalitätsvolumen Die aktuelle Kriminalitätsbelastung 2021/2022, die sich aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS), Bundeslagebildern des BKA, Jahresberichten der Zollverwaltung und der FIU, aus Ergebnissen von Expertenbefragungen und Statistiken von Wirtschaftsverbänden ergibt, zeigt in ihrer Entwicklung „Licht und Schatten“. Die Zahl der in der PKS registrierten Verdachtsfälle ist 2021 gegenüber 2020 um 4,9 Prozent auf ca. fünf Millionen gesunken. Die Häufigkeitszahl (Fallzahl, bezogen auf je 100.000 Einwohner) hat sich ebenfalls um4,9 Prozent auf 6.070 reduziert. ImZehnjahresvergleich betrug der Rückgang 16,5 Prozent. Der Trendverlauf zeigt, dass sich dieser Rückgang 2022 fortsetzen wird. Die Aufklärungsquote ist in den letzten zehn Jahren für die Gesamtkriminalität von 54,7 auf 58,7 angestiegen, ein erfreulicher, wenn auch nicht voll zufriedenstellender Zuwachs. Den größten Anteil an der Gesamtzahl der in der PKS registrierten Fälle bildeten auch 2021 die Diebstahlsdelikte mit insgesamt 29,3 Prozent, gefolgt vom Betrug (15,7 Prozent), Sachbeschädigungen (10,9 Prozent), Körperverletzungen (9,6 Prozent) und Rauschgiftdelikten (7,2 Prozent). Strukturveränderungen in der Kriminalitätsbelastung Insgesamt ist langfristig eine Strukturveränderung in der Kriminalitätsentwicklung festzustellen, die sich mit Veränderungen in den Tatgelegenheitsstrukturen erklären lässt: Während in mehreren Deliktsbereichen physischer Angriffe erheblich Rückgänge erkennbar sind, steigen die Vermögens- und Wirtschaftskriminalität, vor allem aber die Computerkriminalität und die Nutzung des Internets zur Tatbegehung an. Letzteres ist die Konsequenz aus der ständig steigenden Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnik in Wirtschaft und Gesellschaft sowie der Tatbegehungsbegünstigung durch Anonymität und Tatortferne des Täters. Der Rückgang der physischen Kriminalität ist zum großen Teil der Anwendung immer intelligenterer Sicherheitstechnik zu verdanken. Um 4,5 Prozent ist der Umsatz für elektronische Sicherheitstechnik in Deutschland 2021 gewachsen, für Videosysteme sogar um 7,7 Prozent (www.sicherheit.info am 14. Juni 2022). Cybercrime Insgesamt ermittelte die Polizei 2021 über 146.000 Verdachtsfälle, die unter dem Begriff Cybercrime zusammengefasst werden. Das waren 12,1 Prozent mehr als imVorjahr und über 90 Prozent mehr als 2016. Erfasst wurden 113.000 Fälle des Computerbetrugs, fast 15.000 Fälle der Datenausspähung und der Datenhehlerei (+38 Prozent gegenüber 2020), fast 13.400 Fälle der Fälschung beweiserheblicher Daten und der Täuschung im Rechtsverkehr bei der Datenverarbeitung (gegenüber dem Vorjahr +22,9 Prozent) sowie über 5.000 Fälle der Computersabotage (+34 Prozent). Dabei kann das besonders große Dunkelfeld nicht erkannter oder mangels finanzieller Schäden oder wegen befürchtetem Reputationsverlust nicht angeReinhard Rupprecht

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