DER SICHERHEITSDIENST

BERICHT AUS BERLIN 51 DSD 2 | 2022 werden, um die nukleare Teilhabe auf die NATO-Ostflanke auszuweiten und die Abschreckung gegenüber Russland zu erhöhen. Auch hat eine Diskussion über eine deutsche bzw. europäische Atombombe, um notfalls auch ohne Unterstützung der USA Russland abschrecken zu können, begonnen. Die deutsche Gesellschaft muss sich mehr als bisher bewusst machen, dass sie für Sicherheit einen Preis zu zahlen bereit sein muss. Es reicht nicht mehr aus, zukünftig allein auf die ständige Hilfe der USA bei sämtlichen außenpolitischen Konflikten zu vertrauen und im Bereich der Inneren Sicherheit allein auf die staatlichen Stellen. Eigenschutz, Eigenverantwortung, Eigenvorsorge, verbesserte Ausstattung der Bundeswehr durch verstärkte Inanspruchnahme von Gütern der Verteidigungsindustrie bzw. Inanspruchnahme der Wirtschaft und staatlicher Stellen von integrierten Sicherheitsdienstleistungen der Sicherheitswirtschaft sind das Gebot der Stunde. Sicherung von Liefer- und Versorgungsketten Für die deutsche Wirtschaft ist die veränderte geopolitische Zeitenwende ebenfalls eine sehr große Herausforderung. In den letzten 33 Jahren wurden die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland und anderen kritischen Ländern auf der Welt im Rahmen der Globalisierung stark ausgebaut. Parallel hierzu sind die Sicherheitsabteilungen (Corporate Security) global agierender Unternehmen stetig gewachsen und ebenso sind einige wenige Sicherheitsdienstleistungsunternehmen mit Sicherheits- beratungskompetenzen für Markteintritte in Risikoländer entstanden. Deutschland ist gemessen am BIP mit einer Außenhandelsquote von 67 Prozent die offenste Volkswirtschaft aller führenden Industrienationen. Dies hat zu extremen Abhängigkeiten von Lieferketten und Energieversorgungsketten geführt, wie sich aktuell exemplarisch an der Pipeline-Gasversorgung aus Russland zeigt. Leider sind momentan Bundesregierung und Wirtschaft auf einen völligen Stopp von Gaslieferungen aus Russland nicht vorbereitet, aber es wird seit Wochen mit Hochdruck an Kompensationskonzepten auf nationaler und europäischer Ebene gearbeitet. Zudem muss aber wieder mehr als die letzten Jahre geschehen die Sicherung von Liefer- und Versorgungsketten zu Land, zu Wasser und in der Luft in den Fokus von sicherheitspolitischem und sicherheitsoperativem Handeln rücken. Deutschland bezieht zwei Drittel seiner Vorprodukte und Rohstoffe aus Ländern, die politisch instabil, sehr korruptionsanfällig und wenig sorgfältig in der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards sind. Zukünftige Flüssiggastransporte z. B. aus USA bzw. Katar müssen gesichert werden. Hierzu wird es auch integrierter Sicherheitsdienstleistungen der Sicherheitswirtschaft bedürfen. Der BDSW fordert in diesem Kontext, durch Novellierung der gesetzlichen Vorschriften zur Seeschiffbewachung die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Sicherheitswirtschaft wiederherzustellen. Aber auch im Inland bzw. auf See werden sich verstärkt neue Aufgabenfelder für die Sicherheitswirtschaft ergeben. OffshoreWindparks, Stromtrassen und zukünftig neue Flüssiggasterminals müssen vor Sabotage und terroristischen Angriffen geschützt werden. Hierzu wird die Sicherheitswirtschaft aufgrund ihrer jahrzehntelangen Erfahrungen beim Schutz kerntechnischer Anlagen einen signifikanten Beitrag leisten. Aber auch der Schutz militärischer Liegenschaften durch die Sicherheitswirtschaft dürfte beim Ausbau der Bundeswehr auch wieder einen Zuwachs erfahren. Extreme Herausforderungen beim Schutz von Flüchtlingsunterkünften durch hohen Flüchtlingszustrom– befristeteAussetzung bestehender Regelungen erforderlich Viele der über 1.000 Mitgliedsunternehmen des BDSW sind auch im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe für die Durchführung von Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von Flüchtlingsunterkünften verantwortlich und zuständig. Die exponentiell gewachsene Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine nach Deutschland muss gemeinsam vom Staat, den Betreibern der Einrichtungen und den zum Schutz eingesetzten Sicherheitsdienstleistern bewältigt werden. Leider leidet die Sicherheitswirtschaft aktuell unter einem hohen Personalmangel und darunter, dass geschultes und qualifiziertes Personal unter Einhaltung aller gewerberechtlichen Zugangsvoraussetzungen bei diesem hohen Flüchtlingszustrom nicht zeitnah rekrutiert werden kann. Personalreserven sind ebenfalls aufgrund der Marktlage nicht vorhanden. Die geforderten Unterrichtungsverfahren der Industrie- und Handelskammern für Sicherheitspersonal finden regelmäßig nur in großen zeitlichen Abständen von mehrerenWochen oder Monaten statt. Um der aktuellen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung durch die ukrainischen Flüchtlingsströme gemeinsam mit den öffentlichen Auftraggebern der Städte und Kommunen gerecht zu werden und diese zu bewältigen, bedarf es nach Auffassung des BDSW – zeitlich befristet – Erleichterungen beim Vollzug gewerberechtlicher Vorschriften des § 34a GewO. Das Erfordernis des Vorhandenseins einer vor einer Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung für Beschäftigte in leitender Funktion bei der Bewachung von Aufnahmeeinrichtungen, von Gemeinschaftsunterkünften oder anderen Immobilien und Einrichtungen, die der Bild: # 227610201/AdobeStock

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