DER SICHERHEITSDIENST

WIRTSCHAFTSSCHUTZ 42 DSD 2 | 2022 • Machbarkeit: Welche Handlungsoptionen stehen in der Echtlage zur Verfügung? • Eigensicherung: Was können die Mitarbeiter selbst vor Ort oder imVorfeld tun? Beim Erarbeiten einer Richtlinie bedenken Sie bitte, dass Sie nicht sämtliche denkbaren Risiken behandeln können. Es gibt Gefahren, die zum einen wenig wahrscheinlich sind und zum anderen nur geringe Folgen nach sich zögen. Sie zu minimieren, bedeute einen unverhältnismäßig hohen Aufwand. Die maximale Abwehr minimaler Gefahren wirkt schwächend auf das Gesamtpaket und letztlich auf die Ressourcen. Es muss auch nicht das Rad immer wieder neu erfunden werden. Hilfreich ist es in diesem Zusammenhang, Gefahrenbilder, bei denen sich die Abwehroptionen sehr stark ähneln, zu Gruppen zusammenzufassen. Taktische Vorbereitung, also vor die Lage zu kommen, ist alles. Wenn das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen ist, ist es zu spät, noch zeitaufwendige Recherchen anzustellen. Bei Entführungen, um ein Beispiel zu nennen, muss bereits vorgeklärt sein, wer im Auswärtigen Amt informiert wird und wer die relevanten Ansprechpartner in den Behörden der Reiseländer sind. Alle dafür erforderlichen Daten müssen„just in time“ verzögerungsfrei verfügbar sein. Genauso ist es in Krankheitsfällen. Es muss im Vorhinein geklärt sein, von welcher medizinischen Versorgungsqualität vor Ort auszugehen ist. Welche Ärzte, Kliniken oder Krankentransportdienste befinden sich im Nahfeld des Reiseziels. Welche sind vertrauenswürdig? Wie steht es mit der Verständigungsmöglichkeit, wer spricht Englisch? Über welche Stellen/Behörden kann interveniert werden, wenn es irgendwo hakt? Geprüft werden sollte auch unbedingt, welche kulturellen Besonderheiten es im Zielland gibt. Was hier zu Lande eine akzeptable Geste ist, kann anderswo eine glatte Beleidigung oder Brüskierung sein. Dadurch wird verhindert, dass sich Mitarbeitende im Ausland durch landestypisch unangemessene Verhaltensweisen unliebsam oder sogar strafbar machen. Nicht zu vernachlässigen ist auch die gute alte Reiseapotheke. Klären Sie ab, was sie enthalten sollte und welche Einfuhrbeschränkungen es gibt. Im ausländischen Raum genügt oft schon auch die andere Zusammensetzung und Zubereitungsart der Speisen, um massive Symptome auszulösen. Ein tagelanger Ausfall oder eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit sind dann nicht auszuschließen. Das richtige Medikament zur richtigen Zeit kann hier Wunder wirken. Ob es das Präparat vor Ort zu kaufen gibt, ist alles andere als sicher. Die Auswahl eines geeigneten Hotels ist bedeutsam. Prüfen Sie: Wird die Unterkunft im Zusammenhang mit Terrorakten oder kriminellen Übergriffen genannt? Welche Sicherheitsmaßnahmen werden im Hotel selbst realisiert? Erkunden Sie beispielsweise mit Google Earth das räumliche Umfeld des jeweiligen Hotels. Nicht nur eine unschöne Umgebung ist bedenklich, sondern in Terrorregionen und Ländern mit sich feindlich begegnenden Glaubensrichtungen auch die Nähe zu Regierungsgebäuden, Botschaften und religiösen Einrichtungen. Werden Zimmer gebucht, sollten folgende Kriterien gelten: Zimmer nicht im Erdgeschoss, sondern in der 2./3. bis maximal 7. Etage (nicht höher, weil im Allgemeinen nur bis dorthin Dreh- und Brandleitern reichen). Die Zimmer sollten sich auf der von der Straße abgewandten Seite und niemals über der Lobby oder am Ende eines langen, womöglich schlecht beleuchteten Flures befinden. Keine Hotels akzeptieren, deren Rezeptionen nicht durchgehend besetzt sind. Um örtliche Detailkenntnisse zu erlangen, sind die Reisehinweise der deutschen und internationalen Außenministerien von Nutzen. Schon leichte Indizien auf Sicherheitsrisiken sollten dabei beachtet werden. Wenn Ihr Unternehmen keine eigenen Analysten hat, sollten Sie von Fachdiensten länderspezifische Informationen einkaufen. Was können die Mitarbeiter selbst tun? Die Grundregel ist „low profil“. Nicht mit dem besten Anzug an- und abreisen, sondern denselben im Koffer mitführen. Teure Uhren, Schmuck oder Mobiltelefone nicht offensiv sichtbar werden lassen. Seien Sie zurückhaltend bei Freizeitbestätigungen. Wenn Sie die Umgebung erkunden möchten, tun Sie das bitte tagsüber und an belebten Orten. Nachts sollten Sie sich nicht allein in unsichere Gegenden wagen. Auch Hotelbars sind nicht ohne, sondern häufig Hotspots der Kriminalität und der Gesprächsabschöpfung. Nützlich ist es auch, sämtliche Personal-, Visa- und Reisedokumente sowie KreditBei der Lage der Zimmer sollte beachtet werden: weder am Ende langer Flure noch zu dicht am Lift und keinesfalls direkt über der Lobby. Im Ernstfall lautet das Gebot: Weg vom Fenster! Bei den Anschlägen von Mumbai wurden Hotelgäste von darauf wartenden Scharfschützen verletzt oder sogar getötet, als sie sich aus dem Fenster lehnten. Wer wissen will, was draußen vorgeht, sollte sich seitlich und hinter Gardinen/ Jalousien einen Überblick verschaffen. Bild: Point3D Commercial Imaging Ltd./unsplash.com Bild: Adeolu Eletu/unsplash.com

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==