72 DSD 4 | 2025 VERGABERECHT Referenzbewertung – Bezugnahme auf Referenzen Dritter VK Bund, Beschluss vom 23. April 2025 – VK1-18/25 Von Rechtsanwalt Alexander Nette Sachverhalt Der Auftraggeber (AG) schreibt Sicherheitsdienstleistungen aus. In der Bekanntmachung werden Eignungsanforderungen benannt, unter anderem waren Referenzangaben verlangt. Ein Bieter beanstandete die mitgeteilte Angebotswertung im Rahmen eines Nachprüfungsantrags und stellte die Eignung des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters infrage. Da das Unternehmen erst seit wenigen Jahren am Markt sei, sei nicht vorstellbar, dass die geforderten Referenzen erfüllt werden könnten. Zusätzlich werden weitere Beanstandungen vorgetragen. Hinsichtlich der Referenzanforderungen stellte sich heraus, dass sich der für den Zuschlag vorgesehene Bieter auf Referenzen dritter Unternehmen berufen hat. Entscheidungsgründe In Bezug auf die Referenzen stellt die Vergabekammer (VK) fest, dass die Prüfung der vorgelegten Referenzen des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters fehlerhaft erfolgt ist. Ob ein Berufen auf Fremdreferenzen (überhaupt) zulässig war, sei vom AG nicht hinreichend geprüft worden. Ebenfalls ist die Vergleichbarkeit der Referenzen mit dem Auftragsgegenstand nicht hinreichend geprüft worden. Die VK führt dazu aus, dass Ausgangspunkt und Gegenstand der Eignungsprüfung zunächst der betreffende Bieter selbst sei. Der AG prüft anhand der von ihm aufgestellten Eignungskriterien, ob vom künftigen Auftragnehmer die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erwartet werden kann. Wenn es um die technische und berufliche Leistungsfähigkeit des Bieters geht, dienen die – hier von der Antragsgegnerin auch geforderten – Referenzen als Beleg dafür, dass der Bieter bereits Leistungen erbracht hat, die mit dem ausgeschriebenen Auftrag „vergleichbar“ sind. Ein Bieter könne sich zwar im Rahmen der Erfüllung der Eignungsanforderungen grundsätzlich auf die Leistungsfähigkeit Dritter berufen. Wenn der Bieter die Leistungen selbst erbringen wolle, müsse er jedoch auch im Rahmen der Referenzen alle wesentlichen Leistungen bereits selbst erbracht haben. Nur dann seien Rückschlüsse auf die Erfahrung des entsprechenden Bieters selbst aus den vorgelegten Referenzen möglich. Der Bieter hatte sich vorliegend auf Referenzaufträge berufen, die unstreitig ein anderes Unternehmen erbracht hatte. Der Bieter beruft sich darauf, dass die wesentlichen Mitarbeiter, die die Referenzaufträge erbracht hätten, von ihm übernommen worden seien. Die VK führt weiter aus, dass der AG aufgrund der vergaberechtlich gebotenen Transparenz seiner Vergabeentscheidung und der Gleichbehandlung der Bieter eingehend prüfen muss, wem die von einem anderen Unternehmen erbrachten Referenzleistungen zuzuordnen sind. Dies habe der AG bislang in seiner Wertung unterlassen. Es sei nicht geprüft worden, ob die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen dafür, dass sich der Bieter auf Fremdreferenzen berufen könne, erfüllt seien. Referenzen eines anderen Unternehmens können Bietern in der Regel nur dann als Eigenreferenz zugerechnet werden, wenn die Organisation des übernommenen Unternehmens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und wenn die für den Referenzauftrag maßgeblichen Erfahrungen und Ressourcen mit übergegangen sind. Denn an einer Unternehmensleistung haben regelmäßig auch die Unternehmensleitung, die gesamte Betriebsorganisation sowie die Struktur des Unternehmens einen maßgeblichen Anteil. Etwas anderes könne gelten, wenn und soweit die Betriebsmittel und die Betriebsstrukturen für die referenzierte Leistung ohne Bedeutung seien. In einem solchen Fall sei es – möglicherweise – ausreichend, wenn allein die mit dem Referenzauftrag befassten Mitarbeiter auf das andere Unternehmen übergegangen seien. Auch wenn es grundsätzlich ausreichend sei, dass bestimmte Mitarbeiter des referenzierten Unternehmens übernommen worden seien, um sich auf die Fremdreferenzen zu berufen, müsse der AG jedoch hinreichend prüfen, ob die übernommenen Mitarbeiter auch tatsächlich für die NETTE Rechtsanwälte, Recklinghausen ist Fachanwalt für Vergaberecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Lehrbeauftragter für Vergaberecht und Vertragsmanagement an der Westfälischen Hochschule. Er ist spezialisiert auf die Beratung von Bietern und öffentlichen Auftraggebern in Vergabe- und Nachprüfungsverfahren. RA Alexander Nette, LL.M Bild: # 1319879300 / istockphoto.com
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