68 DSD 4 | 2025 BERICHT AUS BERLIN lich in ihrem Zuständigkeitsbereich die Befugnis erhalten, zur Abwehr einer Gefahr, die von einer Drohne ausgeht, die an Land, in der Luft bzw. zu Wasser betrieben werden kann, geeignete technische Mittel gegen das System, dessen Steuerungseinheit bzw. Steuerungsverbindung einzusetzen. Allerdings soll auch hier der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gelten. Dies bedeutet, dass dies immer gilt, wenn die Abwehr der Gefahr durch andere Maßnahmen aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Zudem kündigte der Bundesinnenminister am selben Tag an, dass innerhalb der Bundespolizei hierzu eine neue Sondereinheit aufgestellt werde, die im Wege der Amtshilfe zukünftig auch die Landespolizeien unterstützen könne. Von der Bundesregierung ist beabsichtigt, dass durch eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes der Bundeswehr ausdrücklich erlaubt wird, Amtshilfe bei der Drohnenabwehr im Inland zu leisten. KRITIS-Betreiber und Sicherheitswirtschaft in Drohnendetektion und -abwehr miteinbeziehen Dem Phänomen von zunehmenden unangemeldeten Drohnenüberflügen wird man aber bei nüchterner Betrachtung nicht allein durch eine über Jahre andauernde Nachrüstung der Sicherheitsbehörden bzw. der Bundeswehr und mehr behördlichem Informationsaustausch untereinander begegnen können. Es ist mittelfristig völlig unrealistisch, in Deutschland flächendeckend für jede Gefährdung durch Drohnen polizeiliche und militärische Abwehreinheiten aufzubauen und vorzuhalten. Erforderlich ist es vielmehr, die Wirtschaft, speziell die Betreiber von KRITIS-Anlagen, über deren Standorten und Werksgeländen immer häufiger Drohnen gesichtet werden, miteinzubeziehen. Dabei darf es nicht dabei bleiben, dass staatliche Stellen wie bisher der Wirtschaft empfehlen, ein Foto der Drohne zu schießen und die 110 zu wählen. Erforderlich ist vielmehr, Meldewege von der Wirtschaft zu den Sicherheitsbehörden und zurück zu installieren, um zu einem Gesamtlagebild Drohnen zu kommen und in Echtzeit Gegenmaßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen zu können. Gerade im Bereich des Schutzes Kritischer Infrastrukturen schafft der Gesetzgeber momentan mit dem Umsetzungsgesetz zur NIS 2-Richtlinie bzw. dem KRITIS-Dachgesetz für Cybersicherheitsvorfälle bzw. physische Sicherheitsvorfälle Meldepflichten an BBK bzw. BSI für die KRITIS-Betreiber. Hier wäre es naheliegend, auch eine entsprechende Meldepflicht für unangemeldete Drohnenüberflüge zu etablieren. Diese Meldungen könnten dann in ein Gesamtlagebild Drohnen einfließen. Umgekehrt müssten den KRITIS-Betreibern bzw. deren eingesetzten Sicherheitsdienstleistern die Informationen des Staates zur Drohnengefahrenabwehr übermittelt werden. Rechtsklarheit schaffen – Sicherheitswirtschaft und Wirtschaft zu einem Eckpfeiler der Drohnenabwehr machen In der aktuellen Diskussion wird leider völlig ausgeblendet, dass sämtliche bisher bekannt gewordenen unangemeldeten Drohnenüberflüge gegen die EU-Drohnenverordnung verstoßen, die seit 1. Januar 2024 geltendes Recht ist. Wenn somit ein Sicherheitsunternehmen zum Selbstschutz seiner Wirtschaftskunden in solchen Fällen Drohnenabwehr betreibt, dient sein Handeln allein der Herstellung rechtmäßiger Zustände bzw. meistens auch der Gefahrenabwehr. Um das Leistungspotenzial der Sicherheitswirtschaft bei der Drohnenabwehr zum Schutz von Unternehmen aus den KRITISBereichen bzw. nach der Störfallverordnung effektiv nutzen zu können, muss die Bundesregierung bzw. der Gesetzgeber für rechtliche Klarheit sorgen. Dies betrifft sowohl die KRITIS-Betreiber und Unternehmen, die unter die Störfallverordnung fallen, als auch die von ihnen beauftragten Sicherheitsdienstleister. Sie sollten rechtlich befugt sein, Drohnenabwehrmaßnahmen – mindestens wie bisher mit nicht kinetischen Mitteln, künftig aber auch mit weitergehenden technischen Systemen – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dezentral, schnell und wirksam vor Ort durchführen zu dürfen. Es ist somit aus Sicht des Autors das Gebot der Stunde, nicht allein die Polizei bzw. Bundeswehr in der Drohnenabwehr zu stärken. Für KRITISAnlagenbetreiber und Unternehmen mit Störfallrelevanz – nach KAS-51 (Kommission für Anlagensicherheit) – Leitfaden: Maßnahmen gegen Eingriffe Unbefugter – und deren eingesetzte Sicherheitsdienstleister muss umgehend Rechtsklarheit zum Eigenschutz geschaffen werden, auch um die Polizeien durch Anrufen der 110 in solchen Fällen zu entlasten. Ausblick Inwieweit die Bundesregierung bzw. der Bundestag bereit sind, aufgrund der veränderten Bedrohungslage, auch durch Drohnen, neue gesetzliche Wege in Deutschland zu beschreiten, bleibt abzuwarten. Wenn wir nicht mehr im Frieden, aber noch nicht im Krieg leben, müssen neue rechtliche Wege und Maßnahmen auch zur Drohnenabwehr durch Wirtschaft und eingesetzte Sicherheitsdienstleister beschritten werden. Ein Rückfall in bisherige Grundsatzpositionen hilft nicht weiter. Die Sicherheitswirtschaft ist zudem mehr noch als bisher strategisch, taktisch und operativ in die Drohnenabwehr einzubeziehen. Nur so kann gemeinsam mit den staatlichen Stellen in Deutschland ein möglichst flächendeckender KRITISSchutz erreicht werden. Die Diskussion um die Drohnenbedrohung macht aber auch wieder exemplarisch deutlich, dass es in Deutschland leider nach wie vor an einem Gesamtsicherheitslagebild fehlt. Wer nicht weiß, wie die Bedrohungslage ist, kann als Regierung und Wirtschaft nicht angemessen reagieren. Man sollte daher den Vorschlag von Verteidigungsminister Pistorius innerhalb der Bundesregierung aufgreifen, den Nationalen Sicherheitsrat auch als zentralen strategischen Ort im Anti-Drohnen-Kampf zu etablieren. Dies muss selbstverständlich perspektivisch für alle Bedrohungsformen gelten. Im Nationalen Sicherheitsrat sind unterschiedliche Fachleute aus dem Bereich innere und äußere Sicherheit vertreten. Allerdings wird es für die Zukunft auch erforderlich werden, eine Schnittstelle zur Sicherheitswirtschaft und Wirtschaft herzustellen, die bisher nicht ansatzweise angedacht bzw. vorhanden ist. Denn die Abwehr von Gefahren und hybriden Bedrohungen ist eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Wirtschaft und kann nicht, bereits aufgrund der Vielzahl von Kritischen Infrastrukturen in Privateigentum, allein vom Staat bewältigt werden.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==