DER SICHERHEITSDIENST

41 DSD 2 | 2025 GESUNDHEITSSCHUTZ Psychische Belastungen im Dienst: Wenn der Einsatz haften bleibt Von Sandra Sommer Ein Mitarbeiter im Werkschutz wird zu einem schweren Arbeitsunfall gerufen. Er ist gut ausgebildet, hat ähnliche Szenarien geübt, bleibt ruhig und arbeitet den Einsatz ab. Alles scheint in Ordnung. Der Dienst endet und auch wenn er mit einem mulmigen Gefühl abgeschlossen wird, denkt er sich: Das gehört einfach dazu. Doch einige Wochen später verändert sich etwas: Immer, wenn er bei seinem Rundgang in die Nähe der betreffenden Halle kommt, bekommt er plötzlich Schweißausbrüche, zittert, hat das Gefühl, wieder mitten im Einsatz zu stehen. Alles läuft automatisch ab, ohne dass er die Kontrolle hat. Dazu kommen Albträume, Nachtschweiß und ständiges Aufschrecken in der Nacht. Er versteht nicht, was mit ihm los ist. Nicht nur Soldaten sind betroffen Wenn wir von psychischen Einsatzbelastungen sprechen, denken viele zuerst an Soldaten im Auslandseinsatz. Aber eine Belastungsstörung kann jede und jeden treffen, auch mitten im Arbeitsalltag. Gerade im Bereich der Sicherheitsdienste sind wir oft die Ersten vor Ort, wenn etwas passiert. Wir leisten Erste Hilfe, übernehmen Verantwortung, führen Sonderaufgaben aus und sollen dabei Ruhe bewahren, auch wenn um uns herum Chaos herrscht. Gut geschult und trotzdem überfordert Ja, es gibt Schulungen, Gefährdungsbeurteilungen, Einsatztrainings. Aber Hand aufs Herz: Wie viele Führungskräfte sind tatsächlich in der Lage, psychische Einsatzfolgen bei Mitarbeitenden zu erkennen und damit umzugehen? Wie viele Mitarbeitende wissen überhaupt, an wen sie sich wenden können, wenn ein Ereignis sie nicht mehr loslässt? Und wie stark ist das Thema Einsatzbelastung wirklich im Alltag der Sicherheitsunternehmen verankert? „Stell dich nicht so an“ – ein gefährlicher Mythos Oft hören wir noch immer Sätze wie:„Das gehört zum Job.“ „Wenn du das nicht aushältst, bist du nicht geeignet.“ Es ist höchste Zeit, mit diesen Mythen aufzuräumen, das Thema zu entstigmatisieren, Führungskräfte zu sensibilisieren und psychische Gesundheit als genauso wichtig wie körperliche Fitness zu betrachten. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel ist es essenziell, die Sicherheitskräfte langfristig gesund und arbeitsfähig zu halten. Was passiert bei einer Belastungs- störung eigentlich im Gehirn? Wenn wir ein außergewöhnlich belastendes Ereignis erleben, etwa einen schweren Unfall, einen gewalttätigen Vorfall oder eine Situation, in der wir uns extrem ausgeliefert oder hilflos fühlen, schaltet unser Gehirn in den Notfallmodus. Dieser Überlebensmechanismus wird vor allem durch die Amygdala aktiviert, eine mandelförmige Struktur tief im limbischen System. Sie ist gewissermaßen unsere innere Alarmanlage: stets auf der Suche nach Gefahren, immer auf Empfang und darauf aus, unser Überleben zu sichern. Die Amygdala reagiert blitzschnell, noch bevor unser Bewusstsein überhaupt versteht, was gerade passiert. Sie scannt unsere Umgebung und unseren Körper nach Bedrohungssignalen. Wenn sie Gefahr wittert, schlägt sie Alarm. In Sekundenbruchteilen wird der Körper auf Flucht, Kampf oder Erstarren vorbereitet: Herzfrequenz steigt, Atmung beschleunigt sich, Muskeln spannen sich an, alle Systeme werden hochgefahren, um zu überleben. Gleichzeitig wird ein anderer Teil des Gehirns weitgehend deaktiviert: der präfrontale Kortex, unser„Denker“. Das ist der Bereich, der normalerweise plant, reflektiert, logisch denkt und Emotionen einordnet. In einer akuten Stresssituation wird dieser Teil gehemmt, damit keine Zeit verloren geht, Überleben hat Vorrang. Das hat jedoch eine wichtige Folge: In diesem Ausnahmezustand funktioniert unsere Wahrnehmung anders. Informationen werden nicht mehr gefiltert und eingeordnet, sondern ungeordnet und unbewertet abgespeichert, wie eine chaotische Datensicherung. Geräusche, GerüTraumatherapeutin bei project:you Traumasensible Beratung & Therapie www.start-your-project.de Sandra Sommer

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==