34 DSD 2 | 2025 KRITISCHE INFRASTRUKTUR (KRITIS) Das Rückgrat unseres Alltags Kritische Infrastruktur und das neue Kritische Infrastruktur-Dachgesetz Von Dr. Daniela Lesmeister Haben wir noch in den 1980er-Jahren aufgrund des Gefühls des Friedens und der Sicherheit den Zivil- und Katastrophenschutz nahezu in die Bedeutungslosigkeit heruntergefahren, so befinden wir uns nunmehr in einer gegenläufigen Entwicklung. Unsere Welt ist zunehmend komplexer, vernetzter und digitaler geworden. Ob Strom- und Wasserversorgung, Energieversorgung, Gesundheitsversorgung oder auch im Bereich des Trans port- und Verkehrswesens: unsere Welt funktioniert nur, wenn diese Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) stabil sind und bleiben. Wir sehen uns gegenwärtig einer immer stärker wachsenden Bedrohung ausgesetzt – sei es durch technisches Versagen, Cyberangriffe oder Sabotagen. In unserer digitalisierten Welt können Hackerangriffe oder gezielte Desinformationskampagnen ganze Systeme lahmlegen. Auch hat die aktuelle weltpolitische Lage, insbesondere der anhaltende Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, direkte Auswirkungen auf die Sicherheitsarchitektur Europas und Deutschlands. Die jüngsten Entwicklungen im Zusammenspiel mit den USA zeigen eine sehr dynamische und für viele recht unerwartete Entwicklung, mithin eine Verschiebung in den internationalen Beziehungen. Diese geopolitischen Veränderungen erfordern eine kontinuierliche Anpassung und Stärkung der nationalen Sicherheitsstrategien, insbesondere im Bereich des Schutzes Kritischer Infrastrukturen. Auswirkung auf unser tägliches Leben Kritische Infrastrukturen sind jene Systeme, deren Ausfall oder Beeinträchtigung gravierende Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit, die Wirtschaft und das tägliche Leben der Bürgerinnen und Bürger haben können. Man stelle sich nur einmal die Auswirkungen eines mehrtägigen Stromausfalls vor. Krankenhäuser, Unternehmen, Lebensmittelzufuhr, der öffentliche Personennahverkehr wären sofort betroffen. Auswirkungen auf die Sicherheitslage würde es unmittelbar geben. Das Gleiche gilt für einen Cyberangriff auf wichtige digitale Netze. Der Zusammenbruch von Datenverkehren und Finanzsystemen wäre nur die Spitze des Eisbergs. Daher ist es von größter Wichtigkeit, dass wir in Deutschland diese Infrastrukturen nicht nur allesamt identifizieren, sondern dass sie auch umfassend geschützt werden. Und zwar durch diejenigen, die jeweils für die KRITIS verantwortlich zeichnen. Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte, Behördenleitungen – abhängig von der Art der jeweiligen KRITIS. Bislang besteht hier noch das Problem, dass noch nicht bei allen Verantwortungsträgern die Notwendigkeit von entsprechenden Schutzmaßnahmen tatsächlich gesehen wird. Es ist Aufgabe des Staates, hier noch nachdrücklicher zu sensibilisieren. Prävention, Resilienz und Krisenvorsorge Der Schutz von KRITIS ist mindestens genauso komplex wie KRITIS selbst und sollte mindestens aus den drei Säulen Prävention, Resilienz und Krisenvorsorge bestehen. Im Bereich der Prävention muss in moderne Schutzmaßnahmen investiert werden und gleichzeitig damit das Bewusstsein einhergehen, dass es keine „unnützen“ Kosten sind, sondern letztendlich diese Schutzmaßnahmen sich bezahlt machen können. Eine Vernetzung von Staat, Wirtschaft und Wissenschaft gehört ebenso zum Bereich der Prävention. Resilienz wird dadurch erreicht, dass Systeme Störungen bestmöglich verhindern und gleichzeitig im Bedarfsfall dann schnell bewältigen können. Die Krisenvorsorge schließlich beinhaltet das große Thema Notfallpläne. Bevölkerung, Unternehmen und Behörden müssen sich für potenzielle Ausfälle wappnen. Wichtige Prozesse sind dafür zu identifizieren und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. So lagert z. B. die Polizei in Nordrhein-Westfalen bereits seit dem Jahr 2022 ihre eigenen Treibstoffdepots dezentral an gut erreichbaren Örtlichkeiten. Staatssekretärin beim Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte in der Ausgabe 4/2025 der Zeitschrift GIT SICHERHEIT. www.git-sicherheit.de Wir bedanken uns für die Abdruckgenehmigung. Dr. Daniela Lesmeister
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==