DER SICHERHEITSDIENST

15 DSD 2 | 2025 LUFTSICHERHEIT Hoheitliche Aufgabe Flugsicherheitsbegleitung Von Wolfgang Stöckel „Um der hohen Gefährdung des Luftverkehrs zu begegnen, werden an Bord deutscher Luftfahrzeuge speziell ausgebildete Kräfte der Dienststelle Besondere Schutzaufgaben Luftverkehr der Bundespolizei eingesetzt. Sie sollen die Sicherheit aufrechterhalten oder wiederherstellen sowie den Missbrauch eines Flugzeugs als Waffe verhindern.“ So weit, so gut. Ein Text aus dem Jahresbericht der Bundespolizei, welcher eine Aufgabenwahrnehmung eng am entsprechenden Gesetzestext der sachlichen Zuständigkeit erläutert und dabei einen entscheidenden Punkt nahezu beiläufig erwähnt: „(…) Missbrauch eines Flugzeugs als Waffe verhindern (…).“ Wie bitte? Bei der freudigen Vorbereitung des Familienurlaubs in die Karibik bzw. beim täglichen Geschäftsflug von Büro zu Büro macht man sich ja über so manches Gedanken, und sicherlich gehört auch immer eine gesunde Risikoanalyse das Reisemittel Luftfahrzeug betreffend dazu, aber „ein Flugzeug als Waffe“? Ein Gedanke, der bis zum 11. September 2001 um 8:46 Uhr unvorstellbar erschien und seit diesem Zeitpunkt, vor nunmehr 24 Jahren, schnellen Schrittes in Vergessenheit gerät. Im Rahmen der kognitiven Dissonanz vermutlich ein gesundender Verlauf im gesellschaftshistorischen Kollektivgedächtnis; doch mit voranschreitender Konsequenz der damaligen sicherheitspolitischen Naivität einer solchen Anschlagsqualität betreffend bis zum 11. September 2001 um 8:45 Uhr immer ähnlicher. Nach der ersten Analyse um die Geschehnisse des Anschlages 9/11 stellten sich die Sicherheitsbehörden konsequent die Frage, wie man einer solchen, bisher nie dagewesenen Brutalität im Vorgehen von Terroristen freiheitlich rechtsstaatlich entgegentritt. Bisher dagewesene Szenarien des sog.„Hijacking“ in der Geschichte boten bis dahin wenigstens eine zumindest geringe Chance, das Schlimmste durch Verhandlung und Zugriff zu verhindern. Doch stellten die Anschläge auf das World Trade Center, das Pentagon sowie auf ein weiteres Luftfahrzeug im Luftraum von Pennsylvania eine Zäsur bisheriger Annahmen der Luftsicherheit dar und erforderten einen Paradigmenwechsel im antizipierenden Agieren aller beteiligten Behörden und Unternehmen im Rahmen der zivilen Luftfahrt weltweit. Eingliederung Für die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland stand unmittelbar fest, dass eine Sicherheitsbegleitung von deutschen Luftfahrzeugen ab nun unabdingbar sei, doch stellte sich nach Analyse der quantitativen Bedingungen um juristische Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Einsatzes auch, oder vor allem, die Frage, welche Qualität, insbesondere im Rahmen der Einschreitkonsequenz, ein solcher Flugsicherheitsbegleiter mitbringen muss. Als Ad-hoc-Maßnahme wurden unmittelbar Polizeivollzugsbeamte der GSG 9 zur Begleitung deutscher Luftfahrzeuge mit einem Auftrag entsandt, welcher bis heute, im § 4a Bundespolizeigesetz (BPolG) manifestiert, Bestand hat: „Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Sicherheit oder Ordnung an Bord deutscher Luftfahrzeuge (…).“ Da eine unmittelbar zur originären sachlichen Zuständigkeit der Bundespolizei gewordene Aufgabe „Flugsicherheitsbegleitung“ für die Ressourcen der GSG 9 eine erhebliche Mehrbelastung darstellte, war die Institutionalisierung einer originären Organisationseinheit nach dem Grundsatz „die Organisation folgt dem Auftrag“ erforderlich und eine Verortung bei der damaligen größten Luftsicherheitsbehörde der Bundespolizei, dem Bundesgrenzschutzamt Frankfurt am Main/Flughafen, im Jahr 2002 folgerichtig. So sachrichtig diese Verortung auch war, so folgerichtig war dann, 15 Jahre später, die Eingliederung dieser Organisationseinheit in den neu gegründeten Organisationsverbund Bundespolizeidirektion 11, welcher aus unmittelbarer Reaktion auf multiple Terroranschläge, insbesondere derer vom 13. November 2015 in Paris, den folgerichtigen Zusammenschluss der Spezialverwendungen und der Spezialeinheit GSG 9 unter dem Dach einer Behörde bündelte, um multilateral auf komplexe Szenarien der terroristischen Schwerstkriminalität präventiv reLeiter der Dienststelle Besondere Schutzaufgaben Luftverkehr der Bundespolizei Wolfgang Stöckel

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