32 DSD 1 | 2025 Resilienz im Portemonnaie: Warum uns ohne Bargeld etwas fehlen würde Von Stefan Hardt Brauchen wir in Zeiten digitalen Bezahlens überhaupt noch Bargeld? Ja, denn ohne Bargeld wären unsere Wirtschaft und Gesellschaft tatsächlich ein Stück weit hilflos. Was uns ohne Banknoten und Münzen fehlen würde, erläutert Stefan Hardt, Leiter des Zentralbereichs Bargeld der Deutschen Bundesbank, in einem Gastbeitrag.1 1 Der Beitrag wurde in Form eines Vortrags auf der Jahresmitgliederversammlung der BDGW am 13. November 2024 gehalten. 2 Vgl. Deutsche Bundesbank (2024), Zahlungsverhalten in Deutschland 2023. 3 Vgl. Ehrenberg-Silies, S., M. Bovenschulte, K. Goluchowicz, M. Nerger, J. Czerniak-Wilmes, T. Gensheimer und S. Borgstedt (2024), Bargeld der Zukunft, Deutsche Bundesbank. „Bargeldlose Gesellschaft = Hilflose Gesellschaft“ – unter diesem vielversprechenden Titel fand im vergangenen November die Jahresmitgliederversammlung der BDGW in Berlin statt. Für mich ergeben sich aus diesem Titel zunächst zwei Fragen, die einer Klärung bedürfen. Erstens: Sind wir in Deutschland wirklich auf dem Weg in eine bargeldlose Gesellschaft? Immerhin tragen die Deutschen im Durchschnitt rund 100 Euro in bar im Portemonnaie mit sich herum – und diese Zahl ist seit Jahren relativ konstant. Zudem ist der Banknotenumlauf des Eurosystems seit der Euro-Bargeldeinführung im Jahr 2002 jedes Jahr gestiegen – mit Ausnahme des Jahres 2023. Zweitens: Wären wir ohne Banknoten und Münzen tatsächlich hilflos? Und worin genau bestünde die befürchtete Hilflosigkeit? Könnten wir nicht genauso gut unsere täglichen Zahlungen ausschließlich digital abwickeln, ohne Probleme zu bekommen oder etwas zu vermissen? Schließlich werden hierzulande täglich Millionen von Zahlungen geräusch- und problemlos auch ohne Bargeld abgewickelt. Auf dem Weg zur bargeldlosen Gesellschaft? Beginnen wir zunächst mit einer kurzen Bestandsaufnahme, um uns der ersten Frage zu nähern. Wo stehen wir auf dem Weg zur vermeintlich bargeldlosen Gesellschaft? Hier können die Zahlen der aktuellen Zahlungsverhaltensstudie der Deutschen Bundesbank Licht ins Dunkel bringen:2 Tatsächlich wird an der Ladenkasse immer weniger Bargeld verwendet. 50 Prozent der Transaktionen am Point of Sale werden mit Bargeld abgewickelt. Damit ist Bargeld zwar immer noch das Zahlungsmittel Nummer 1, im Vergleich zur Vorgängerstudie 2021 ist jedoch ein deutlicher Rückgang um 8 Prozentpunkte zu verzeichnen. Damit setzt sich der bereits seit Längerem zu beobachtende Rückgang nicht nur fort, sondern beschleunigt sich sogar. Betrachtet man den Zugang zu Bargeld, so geben insgesamt 15 Prozent der Befragten an, dass dieser für sie entweder „sehr schwierig“ oder „eher schwierig“ ist. Dieser Wert lag 2021 noch bei 6 Prozent. Die aktuelle Verschlechterung dürfte auf den fortschreitenden Abbau von Bankfilialen und Geldautomaten zurückzuführen sein. Darüber hinaus wurde in der Studie auch die Akzeptanz von Bargeld an physischen Zahlungsorten erhoben. In 94 Prozent der Fälle wurde hier Bargeld akzeptiert. In unserer Studie zwei Jahre zuvor lag dieser Wert jedoch noch bei 97 Prozent. Besonders problematisch ist die Akzeptanz von Bargeld übrigens bei Behörden und Ämtern. Hier wird in weniger als 50 Prozent der Fälle noch Bargeld angenommen. Damit stellen wir insgesamt fest: Bargeldverwendung, Bargeldversorgung und Bargeldakzeptanz weisen jeweils eine rückläufige Tendenz auf, wenn auch ausgehend von einem sehr hohen Niveau. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen haben wir uns in der Bundesbank bereits 2022 dazu entschlossen, die Herausforderungen und Zukunftsperspektiven des Bargelds systematisch zu untersuchen. Dazu haben wir in Zusammenarbeit mit externen Fachleuten eine Studie zum „Bargeld der Zukunft“ erstellt, die Anfang 2024 veröffentlicht wurde.3 Leiter des Zentralbereichs Bargeld der Deutschen Bundesbank Stefan Hardt GELD UND WERT
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